Beschallung der Oberklasse Was taugen die Luxus-Kopfhörer wirklich?

Sie sind extrem teuer, versprechen dafür aber allerbesten Klang. Doch können Kopfhörer der Luxusklasse wirklich viel mehr als die preiswerteren Modelle? Wir haben die Edel-Beschaller getestet.

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Kopfhörer für anspruchsvolle Hörer
Spitzenklasse: Stax SR-009 Quelle: Presse
Stax SRS-4170 Quelle: Presse
AKG Q701 Quelle: Presse
Pioneer SE-Master 1 Quelle: Presse
Audeze LCD-X Quelle: Presse
Audeze LCD-3 Quelle: Presse
Astell&Kern AK T8iE Quelle: Presse

Der Klang von Kopfhörern hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Der Trend zum Premium-Sound hat sich zuerst bei Mittelklasse-Modellen für die heimische Stereoanlage bemerkbar gemacht. Schon für drei- oder vierhundert Euro gibt es Modelle, die mit Hightech-Membranen und hochwertigen Wandlern audiophile Klangbilder zeichnen. Zuletzt hat diese Entwicklung auch Mobilhörer erfasst.

Deren beste Modelle stellen in Kombination mit einem guten Musikplayer so manche dicke Stereoanlage in den Schatten. Ab etwa 500 Euro aufwärts beginnt bei den Mobilhörern die Highend-Klasse. Bei den großen Hörern muss man schon 1.000 Euro und mehr hinblättern, wenn der Hörer allerhöchste Klangqualität liefern soll.

Wiwo.de wollte wissen, ob die teuren Kopfhörer ihr Geld wirklich wert sind und hat drei Modelle getestet. Darunter zwei In-Ear-Hörer von AKG und Sennheiser und das große Kopfhörer-Flaggschiff von Sennheiser. Zum Vergleich wurde auch ein relativ preiswerter Mobilhörer mit Geräuschunterdrückung einem Praxistest unterzogen.

Wie jeder Hörtest haben auch die nachfolgenden Testberichte eine subjektive Komponente. Klangqualität kann man eben nicht wirklich messen. Wir haben uns gerade deshalb um nachvollziehbare und plausible Urteile bemüht.

Als Zuspieler haben wir den britischen Highend-CD-Player Naim CD 5x verwendet. Die Musik wurde vom Naim über ein Cinch-Kabel von Sunwire an den Kopfhörerverstärker PS Audio GCHA geschickt. Beim Musikhören haben wir eine Auswahl neuerer Aufnahmen aus den Bereichen Klassik, Pop, Oper und Jazz verwendet. Die Mobilhörer wurden ganz praxisnah mit einem iPod Classic und MP3-Musik der höchsten Qualitätsstufe (320 KBit/s) getestet.

AKG K3003

Zum Preis von 1000 Euro soll der K3003 von AKG das technisch Machbare im Mobilbereich markieren. Dafür haben die Entwickler eine Menge Hightech im winzigen Gehäuse untergebracht. Herzstück des Hörers ist ein Drei-Wege-System. Anders als Sennheiser mit seinem Breitbandwandler beim IE 800 setzt AKG auf eigene Wandler für jeden Frequenzbereich.

Die Verarbeitung ist erstklassig, das Gehäuse aus gebürstetem Edelstahl, das textilummantelte, sehr flexible Kabel und die weichen Silikon-Stöpsel verstärken den hochwertigen Eindruck.

AKG K3003 Quelle: PR

Leider verzichtet AKG auf eine deutliche Links-Rechts-Markierung auf den Hörern. So muss man immer sehr genau hinsehen, ehe man weiß, welche Stöpsel in welches Ohr gehört. Ein Reiseetui, sowie diverse Ohrpassstücke aus Silikon ein Flugadapter gehören zum Lieferumfang.

Durch aufschraubbare Filter lässt sich der Sound in Richtung Bass oder in Richtung Höhen trimmen ("High Boost", "Reference Sound", "Bass Boost"). Besonders beeindruckend klingt der Hörer mit dem Filter "Bass Boost".

Klang: Satt, präzise, feinzeichnend

Wie nicht anders zu erwarten, macht der AKG im Hörtest eine exzellente Figur. Er liefert einen sehr homogenen Klang mit mächtigen Bässen, geschmeidigen Mitten und feinen Höhen. Auch Durchsichtigkeit, Räumlichkeit und Feinzeichnung sind für einen Mobilhörer einzigartig. Bei Tschaikowskys Violinkonzert (Baiba Skride, City of Birmingham Symphony Orchestra, Andris Nelsons) etwa platziert er jede Instrumentengruppe des Orchesters exakt im Raum.

Das Klangbild ist letztlich nicht ganz so weiträumig wie das eines stationären Hörers der selben Preisklasse, für einen Mobilhörer aber einsame Spitze.

Die Soundqualität ist auch in Kombination mit einem normalen MP3-Player wie dem iPod Classic sofort hörbar. Wer das Potenzial des AKG ausreizen will, sollte einen Kopfhörerverstärker an den iPod anschließen und das Audiosignal direkt vom Digitalausgang des Abspielgerätes abnehmen und nicht etwa vom Kopfhörerausgang.

Idealer Spielgefährte für den K3003 ist ein guter Musikplayer, der auch hochauflösende Musikdateien (Hi Res) oder Musik in CD-Qualität wiedergibt.

Fazit: Sensationeller Klang und beste Verarbeitung lassen den hohen Preis (fast) vergessen.

Preis: 1.000 Euro

Sennheiser IE 800

Der IE 800 ist derzeit Sennheisers bester In-Ear-Hörer. Schon beim Auspacken zeigt sich der hohe Anspruch. Die elegant gestylten Gehäuse sind aus Keramik. Das ist nicht nur kratzfest, sondern soll auch störende Resonanzen unterbinden.

Von den Ohrhörern führt jeweils ein kurzes Kabel zu einem gemeinsamen Ministecker, der  mit dem eigentlichen Anschlusskabel verbunden wird. Leider verzichtet Sennheiser auf eine deutliche Links-Rechts-Kennzeichnung der Hörer. Man muss schon genau hingucken, um auf dem schwarzen Kunststoff des Kabeleingangs am Hörer ein geprägtes "L" beziehungsweise "R" zu entdecken. Neben dem Lederetui liegen auch fünf Paar Silikon-Ohrstöpsel unterschiedlicher Größe bei.

Sennheiser IE800 Quelle: PR

Klang: Ausgeglichen, transparent, homogen

Die nur acht Gramm schweren Hörer (ohne Kabel) arbeiten jeweils mit einem Breitband-Schallwandler. Klanglich ist der IE 800 ohne Fehl und Tadel. Gemessen an einem Standardmobilhörer unter 100 Euro reicht der Bass geradezu furchterregend tief hinab, was schon mal ein voluminöses Klangbild erzeugt. Auch Durchsichtigkeit und Auflösung sind sehr gut. Es entsteht ein sehr ausgeglichenes und homogenes Klangbild.

Beim Stück "Sittin´ Here" von St Germain dringt die dunkle Stimme des Sängers Nahawa Doumbia körperhaft und direkt ans Ohr. Der Sennheiser lässt aber gleichzeitig Gitarre und Percussion locker und federnd grooven.

Der IE 800 erreicht nicht ganz die Qualität eines sehr guten stationären Hörers, der beispielsweise bei der Räumlichkeit deutlich überlegen ist. Für unterwegs bietet er ein hervorragendes Klangerlebnis. Dabei sollte man allerdings nicht an den Kabeln herumfummeln, das macht sich sofort akustisch bemerkbar. Für den lästigen Körperschall hat Sennheiser wohl noch keine konstruktive Lösung gefunden.

Fazit: Hoher Preis, aber gute Verarbeitung und Top-Klang. 

Preis: 699 Euro

Sennheiser HD 800

Der HD 800 ist einer der besten Kopfhörern, die jemals in Deutschland entwickelt wurden. Das Familienunternehmen Sennheiser legt damit so etwas wie seine Visitenkarte vor. Das beginnt schon bei Design und Verarbeitung. Der HD 800 ist trotz seiner Größe ziemlich leicht und er sitzt vor allem bequem. Die Hörmuscheln sind so groß, dass auch größere Ohren sich nicht eingezwängt fühlen. Unwillkürliche Kopfbewegungen beim Hören verursachen kein Knarzen.

Die Ohrpolster sind aus hautsympathischem Microfaser-Gewebe, was vor allem an heißen Sommerabenden angenehm ist. Hörer mit Lederpolster kleben dann gerne mal am Ohr.

Klang: Echter Highend-Sound

Schon nach wenigen Minuten macht der HD 800 unmissverständlich klar, warum er ein echter Highender ist. Das Klangbild ist ungeheuer transparent und feinzeichnend. Bei guten Aufnahmen von Kammermusik beispielsweise ist jede Nuance bei Instrumenten unterscheidbar. Spezialisten könnten bei den Violinen wahrscheinlich die Stradivari von der Guarneri unterscheiden. Hört man Orchesteraufnahmen mit geschlossenen Augen, meint man die einzelnen Instrumentengruppen vor sich sitzen zu sehen. Von daher fällt der Sennheiser tendenziell in die Kategorie der eher analytisch-nüchternen Hörer, der durch "ehrlichen", unspektakulären Klang überzeugt. Man könnte den HD 800 deshalb auch zur Abmischung von Musikaufnahmen im Studio oder am PC benutzen. Der Sennheiser behält wie ein Toningenieur souverän den Überblick, lässt nichts weg und fügt nichts hinzu.

Sennheiser HD800 Quelle: PR

Trotzdem bleibt das Klangbild insgesamt noch homogen und überschreitet nie die Schwelle zum übertrieben Analytischen, was Musikgenießer auch mal nerven kann. Auch der musikalische Wohlfühlfaktor ist durchaus vorhanden. Die Höhen sind ausreichend seidig, die Mitten geschmeidig und der Bass reicht schön tief hinab, bleibt dabei aber trocken und konturiert.

Durch die schnell ansprechende und direkte Wiedergabe beherrscht der Sennheiser aber auch weniger feingeistige Musik. AC/DCs "Black Ice" kommt knackig und druckvoll aus dem Hörer.

Der Sennheiser HD 800 macht also nichts falsch und alles richtig, er ist ein souveräner Alleskönner. Sehr verwöhnte Hörer könnte vielleicht genau das stören. Er ist als Allrounder vielleicht einen Tick zu sachlich und zu diszipliniert. Eine Spur mehr Fülle im Bass oder etwas mehr Glanz bei Mitten und Höhen würde Musikliebhabern vielleicht noch besser gefallen. Doch das ist Meckern auf sehr hohem Niveau.

Um das Klangpotenzial des Hörers auszuschöpfen, führt kein Weg an der Anschaffung eines guten Kopfhörerverstärkers vorbei. Sennheiser empfiehlt logischerweise die hauseigenen Modelle HDVD 800 oder HDVA 600.

Wer noch weiter gehen will, tauscht das drei Meter lange, stoffummantelte Kabel mit Klinkenstecker (6,35 mm) gegen das Highendkabel CH 800 S aus. Dessen symmetrischer Aufbau soll im Verbund mit Sennheisers Kopfhörerverstärker eine bessere Klangqualität bringen. Das Kabel kostet satte 299 Euro, für den HDVD 8000 verlangt Sennheiser knapp 2.000 Euro. Rechnet man noch einen standesgemäßen CD- oder Netzwerkplayer hinzu, sind die 5.000 Euro für die highendige Kopfhöreranlage schnell erreicht beziehungsweise überschritten. Wer ausreichend Kleingeld in der Tasche hat und Spitzen-Klang erleben will, wird mit dem Sennheiser-Equipment aber viel Freude haben.

Fazit: Sennheiser HD 800 ist ein Alleskönner, der echte Highend-Sphären erreicht und mit einem feinzeichnenden, präzisen, tendenziell analytischen und gleichzeitig druckvollen Klangbild begeistert.

Preis: 1.299 Euro 

AKG N60NC

Beim Musikhören im Flugzeug oder Zug ist oftmals weniger die schlechte Klangqualität des Hörers das Problem, sondern das dröhnende Geräusch des Antriebs. Deshalb stehen seit einigen Jahren Hörer mit elektronischer Geräuschunterdrückung (NC, Noise Cancelling) hoch im Kurs. Wie beispielsweise AKGs N60NC. Der zusammenklappbare On-Ear-Hörer verspricht zudem eine feine Klangqualität. Aufgeladen wird der Hörer mit den schwarzen Lederpolstern praktischerweise über den USB-Anschluss am PC oder Notebook.

AKG N60NC

Im Praxistest bügelt der AKG das gleichmäßige Rauschen und Brummen der Straßenbahn effektiv weg. Man könnte den Hörer also auch ohne Musik benutzen, wenn man im Flugzeug den enervierenden Dauerlärm der Turbinen ausblenden will. Eine unruhige Geräuschkulisse mit ständig wechselnder Tonhöhe wie etwa das Gequassel der Sitznachbarn dringt aber nach wie vor durch.

Klang: Gehobenes Niveau

In Sachen Klangqualität bietet der AKG eine gute Leistung. Das Klangbild ist homogen, ausgeglichen und transparent. Mit einem Highend-Hörer kann sich der N60NC nicht messen, dazu ist der Bass nicht druckvoll genug und auch in Sachen Auflösung und Detailreichtum erreicht er keine audiophilen Sphären. Aber für den störungsfreien Musikgenuss auf gehobenem Niveau reicht es locker.

Wenn man den Hörer an einem Smartphone betreibt, tauscht man das Kabel einfach gegen das beiliegende Kabel mit Mikrofon und Fernbedienung.

Fazit: Ein gut ausgestatteter, bequemer Hörer mit effektivem Noise Cancelling und sauberem Klang.

Preis: 249 Euro

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