
Die Anfahrt zur CeBIT erinnerte an lang vergangene Zeiten: Kurz vor dem Seelhorster Kreuz ging nichts mehr. Vier Spuren Stillstand auf dem Messeschnellweg - wie zu den besten Zeiten der Messe. Doch es war nicht der vermutete Besucheransturm, der den Besuchern die Anreise erschwerte. Eine Polizeistaffel hatte kurzerhand die Strecke gesperrt, um die Anfahrt von Kanzlerin Angela Merkel zum morgendlichen CeBIT-Rundgang zu beschleunigen.
Minuten nachdem die Kanzlerin die Schnellstraße passiert hatte, floss der Verkehr wieder, gelang kurz vor neun Uhr noch die Anfahrt bis unmittelbar vor den Haupteingang der CeBIT. Vor ein paar Jahren noch, wäre man um die Uhrzeit bereits auf weit entfernte Parkplätze gelotst worden. Keine Frage, die Boomzeiten sind bei der Besucherresonanz nicht minder vorbei als der Run der Aussteller auf die Messe.
Kontaktbörse
Doch sind das tatsächlich schon Indizien für das von Pessimisten und Kritikern postulierte baldige Ende der noch immer weltgrößten IT-Schau? Droht der CeBIT schon bald ein ähnlich unrühmliches Ende wie ihrem US-Gegenstück, der bereits vor Jahren eingestellten IT-Messe Comdex in Las Vegas? Dort hat die einst als Consumer-Electronics-Messe gestartete CES kurzerhand den einstigen ITK-Platzhirsch abgelöst.
Vorerst sieht es nicht so aus - auch wenn die CeBIT 2010 kaum 48 Stunden alt ist, und die ersten Eindrücke nicht mehr sind als Indikatoren. Doch die ersten Eindrücke meines alles andere als repräsentativen Rundgangs sind eindeutig. Und sie deuten auf eine klare Positionierung der Messe als Kontaktbörse hin, die virtuelle Kommunikation via Internet oder Telefon offenbar auch weiterhin noch nicht ersetzen kann.
So vermeldet etwa Jan Geldmacher, der Chef von Vodafones deutscher Geschäftskundensparte, überaus befriedigt, der Kommunikationsanbieter habe für die Messetage rund 3000 Kundentermine vereinbart - nahezu doppelt so viele wie im Vorjahr. “Von Flaute”, sagt er “kann gar keine Rede sein.” Ähnlich positiv bewertet auch IBMs Deutschlandchef Martin Jetter das Besucherinteresse in Halle 2. “Der Stand ist voll.“ Die mehreren Hundert organisierten Standrundgänge, die der IT-Konzern vorab für Unternehmenskunden angeboten habe, seien seit Wochen überbucht. “Wer ohne Voranmeldung kommt, kann nur hoffen, dass jemand absagt.”
Zufriedene Aussteller
Der erste, positive Messeeindruck setzt sich auch bei Mittelständlern wie der Freiburger Haufe Lexware Gruppe fort. Der Spezialist für Geschäfts- und Steuersoftware für Mittelständler und Privatkunden und Anbieter von Programmen wie Taxman oder Quickoffice freut sich über eine anhaltend hohe Kundenresonanz. “Die Vertriebskollegen haben alle Hände voll zu tun und bereits vorab jede Menge Termine vereinbart”, kommentiert Jochen Zehnthöfer, der Leiter Business Development bei Haufe; von Niedergang keine Spur. Vielleicht sei es mit der CeBIT, wie mit der allgemeinen Wirtschaftslage in der Krise. “Die Einschätzung der Gesamtlage ist deutlich pessimistischer als der individuelle Eindruck - es ist eben eine Frage des Gefühls.”
Mit dem Gefühl könnten wohl auch die CeBIT-Veranstalter gut leben. Bleibt abzuwarten, ob es bis zum Messeende am kommenden Sonntag Bestand hat. Der CeBIT und - vor allem - dem IT-Standort Deutschland wäre es zu Wünschen.