
Diesen CeBIT-Rundgang wird Angela Merkel so schnell nicht vergessen. Die traditionelle Runde der Kanzlerin eröffnet die Messe und gibt einen Überblick über die wichtigsten Neuheiten und Trends. Doch in diesem Jahr wird die Runde von anderen Ereignissen überschattet. Ihr Begleiter, der türkische Ministerpräsident Erdogan, sagt seine Teilnahme ab, um an der Beisetzung des früheren Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan teilzunehmen.
So steht der türkische Transportminister mit der Kanzlerin in Halle 12. Dutzende Kamerateams umringen sie, recken meterlange Mikrofonstangen in die Höhe und drängeln sich um das beste Bild. Die Reden beginnen, doch noch bevor der Rundgang richtig losgeht, ist Merkels Aufmerksamkeit ganz woanders. Sie steht zwischen Wirtschaftsminister Brüderle und Annette Schavan und schaut mit ernster Miene auf ihr Handy, schiebt die Tastatur aus und tippt eine SMS.
Goldene SIM-Karte
Direkt daneben hat der Mobilfunkanbieter Turkcell seinen Stand. Die Messe-Hostessen warten, richten sich gegenseitig noch einmal die elektronischen Namensschilder, auf denen in blauen Buchstaben „Hatice“ oder „Muhammed“ über das Display wandern – zumindest für diese Tage ist Hannover das selbsternannte „Herz der digitalen Welt“. Von nebenan dringen die Eröffnungsreden herüber: „Cyberrevolution … Leben ohne das Internet nicht denkbar … Milliarden von Menschen … deutsch-türkische Wirtschaftsbeziehungen stärken.“
Die wartenden Kameramänner fachsimpeln derweil über den Überraschungsdritten der Fußball- Bundesliga aus Hannover: „Die rennen wie die Säue“. Da beginnt auch in der Halle das Gerenne, Gedrängel und Geschiebe. Und dann ist sie da. Im roten Sakko steht Merkel vor einer Werbewand, schüttelt dem gelben, sie überragenden Turkcell-Maskottchen die Hand. Eine Heuschrecke? Eine Ameise? „Gehen Sie mal aus dem Bild“, herrscht ein Fotograf Wirtschaftsminister Brüderle an. Die Kanzlerin bekommt eine goldene SIM-Karte überreicht.
SMS-Inhalt
Doch weit interessanter ist, was sich auf Merkels SIM-Karte befindet. Was stand in der SMS, die sie da gerade bekommen hat? Regierungssprecher Seibert tuschelt mit Bildungsministerin Schavan. Ist etwas passiert?
Weiter geht es zu IBM, wo Firmenchef Palmisano bereits wartet. Er präsentiert Merkel den Prototyp eines neuen Chips, dreidimensional also eigentlich eine Art Würfel, ein futuristisches Ding, dass mehr und besser speichern und rechnen kann, dabei 90 Prozent weniger Energie verbraucht. So ganz genau scheint Merkel den Ausführungen nicht folgen zu können, sie fragt den IBM-Chef ob Intel den Chip produzieren werde. Intel inside? „Nein, wir sind viel fortgeschrittener als Intel“, entgegnet Palmisano. „Oh, da muss ich mich wohl entschuldigen“, sagt die Kanzlerin.
Weiter eilt sie zur Group Business Software AG (GBS), nach eigenen Angaben der größte Business-Partner von IBM. Nicht einmal 60 Sekunden hat Firmengründer Jörg Ott, um Merkel zu erklären, wie GBS Unternehmen beispielsweise die IBM-Software-Lotus cloudbasiert, also über das Internet abrufbar, zur Verfügung stellt. Zu den Kunden gehören Coca Cola, die Deutsche Bank oder Ernst & Young. Das Eisenacher Unternehmen hat Zweigstellen in Manchester, Kopenhagen, New York oder Varna. „Wir haben 27 Unternehmen zusammen gekauft“, sagt Ott stolz.