Design und Klang Die Schönheit der Hi-Fi-Geräte

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Gutes Design ist wenig Design

Zu den bekannten Namen beim Thema Industriedesign gehört auch Dieter Rams. Mit seinen betont reduzierten, nüchternen Entwürfen steht er für eine radikale Abkehr von den Stereoanlagen der 60er Jahre, die alle noch aussehen wollten wie Wohnzimmermöbel mit Holzfurnier.

Seine Entwürfe für die Hi-Fi-Komponenten von Braun aus den 60er- und 70er-Jahren sind legendär. "Gutes Design ist so wenig Design wie möglich", lautet eines der Grundprinzipien von Dieter Rams. Rams ist einer der wenigen, bei denen die sonst so inflationär benutzten Begriffe wie "Design-Philosophie" oder "Formensprache" ihre Berechtigung haben.

Dali Opticon Quelle: PR

Diese Design-Philosophie wirkt bis heute nach. So hat angeblich Apple-Designer Sir Jonathan Ive, sich vom puristischen Design Rams` inspirieren lassen. Auch bei den Komponenten des Herforder Nobelherstellers T+A oder den Verstärkern und Receivern von NAD wirkt das Rams-Design nach.

Extravagant und futuristisch

Doch die puristischen Formen à la Rams sind nicht jedermanns Sache. Viele Hersteller bevorzugen futuristische oder extravagante Formen. Vor allem kleineren Herstellern und Newcomern der Unterhaltungselektronik-Branche bleibt oft gar nichts anders übrig, als mit ausgefallenen Formen auf ihre Produkte aufmerksam zu machen.

Hier haben oftmals auch italienische oder französische Marken die Nase vorn. Zu nennen wäre hier beispielsweise die italienische Highend-Schmiede Pathos aus Vicenza oder der französische Hersteller Devialet aus Paris. Anders ausgedrückt: Das Ding muss nicht nur gut klingen, es muss auch so aussehen, als ob es gut klingt.

Klang und Design

Aber klingen die Designer-Stücke auch wirklich so gut? In der Regel ja, denn fast immer verbauen die Hersteller hochwertige Elektronik und nutzen das Know-how ambitionierter Konstrukteure, um höchste Klangqualität zu erzielen. Dass Spitzenklang und edle Optik in den meisten Fällen Hand in Hand gehen, hat seinen Grund. Die Branche hat gelernt, dass es keine gute Idee ist, billige Elektronik mit edlem Design aufzuhübschen. Solche Tricks können nämlich den Ruf bei Highend-Liebhabern, die ein langes Gedächtnis haben, auf lange Zeit gründlich ruinieren.

Tannoy Westminster Royal GoldDie Lautsprecher von Tannoy würden auch gut in die Kulissen der TV-Serie

Wer als Musikliebhaber weder zur Puristen-Fraktion gehört noch die gewagte Formensprache liebt, sondern einfach nur eine schöne Anlage haben möchte, wird ebenfalls fündig. Und zwar bei den modernen Klassikern wie Pioneer, Onkyo, Marantz, Technics, Denon, Yamaha oder auch bei teuren Highend-Marken wie Luxman und Accuphase. Deren Komponenten zählen mit Kippschaltern, geheimnisvoll leuchtenden Anzeigeinstrumenten oder champagnerfarbenen Gehäusefronten zu den klassischen Schönheiten der Highend-Branche. Die genannten Hersteller sind allesamt seit Jahrzehnten im Geschäft, das Aussehen ihrer Vollverstärker, CD-Player oder Tuner hat sich über die Jahrzehnte nur wenig verändert.

Dazu passt ein Trend aus dem Lautsprecherbau. Während bis vor einigen Jahren noch Boxen im Klavierlack-Finish den Markt dominierten, stehen nun die Boxen mit klassischen Holzfurnier wieder hoch im Kurs. Lautsprecher mit Walnuss- oder Mahagoni-Furnier sehen edel aus und klingen in der Regel auch edel.

Nicht vergessen sollte man schließlich die Hersteller, die seit Jahrzehnten ihr eigenes Ding machen. So etwa der britische Audiopionier Tannoy mit seinen herrlich verschrobenen Lautsprecherkisten, die allesamt aussehen, als stünden sie in einem alten englischen Herrenhaus. Oder die exklusiven Komponenten des US-amerikanischen Herstellers Macintosh mit ihren blau leuchtenden VU-Metern. Oder die ultrapräzisen Hi-Fi-Maschinen des Schweizer Herstellers Nagra. Einen Schönheitspreis gewinnen die Nagra-Geräte nicht, doch die zumeist männlichen Highend-Freunde finden bekanntlich alles schön, was Schalter, Drehregler und Knöpfe hat.

Wer sich einen Überblick verschaffen will, was die Highend-Branche an raffinierter Elektronik und schicken Design-Ideen zu bieten hat, sollte die Highend 2016 Anfang Mai in München besuchen. Dort trifft man Branko Glisovic, den umtriebigen Geschäftsführer der Highend Society. Der wünscht sich übrigens, dass mehr Frauen die Messe besuchen. Meistens sind es aber doch nur die Männer, die hier Technik und Traumgeräte bewundern. Sollen sie ihren Spaß haben. Die Kaufentscheidung im Hi-Fi-Laden treffen dann am Ende eh´ die Frauen.

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