E-Bike Warum das Elektrofahrrad immer beliebter wird

E-Bikes haben das Senioren-Image abgelegt und sich zu rollenden Hightech-Maschinen entwickelt. Fast jeden Zweirad-Typ gibt es inzwischen als E-Bike. Was die Technik bringt – und wie sie manchmal sogar Beziehungen rettet.

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Die besten Elektrofahrräder im Überblick
Grace Urban Quelle: PR
Kalkhoff Impulse Endeavour Quelle: PR
Hercules Alassio Quelle: PR
Raleigh Stoker X5 Quelle: PR
Kalkhoff Impulse Ergo XXL Quelle: PR
Kalkhoff Sahel Compact Quelle: PR
KTM Macina Fatbike Quelle: PR

Morgens, auf dem Weg zur Arbeit, hat Christian Bernauer immer so ein Grinsen im Gesicht. Er ist schneller als die Radfahrer und schneller als die Autofahrer, die im Stau stehen. Bernauer, Jurist in der Vertragsabteilung einer Versicherung, kommt mühelos voran, denn er sitzt auf einem E-Bike. In die Pedale treten muss er zwar immer noch, aber der Antrieb gibt dem Rad einen zusätzlichen Schub.

"Das ist wie Fahren mit Rückenwind", sagt Bernauer. Kaum 30 Minuten nach der Abfahrt kommt er im Büro an. Frisch, entspannt und vor allem: nicht verschwitzt. Daher das Grinsen im Gesicht.

Worauf man beim Kauf eines E-Bikes achten sollte

Menschen wie Bernauer, die das E-Bike auf der Fahrt zur Arbeit nutzen, gehören inzwischen zur typischen Zielgruppe. Das bestätigt auch Dennis Jielg vom Marketing-Management des Zweirad-Herstellers Hercules. "Das E-Bikes ist inzwischen auch bei Geschäftsleuten beliebt. Viele sehen darin eine Alternative zum Auto in der Stadt."

E-Bike für Arbeitnehmer

Bei der Fachhandelsgruppe E-motion Technologies geht man sogar noch einen Schritt weiter. "Wir erleben, dass immer mehr Firmen uns auf das Thema E-Bike-Leasing ansprechen. Die stellen ihren Mitarbeitern E-Bikes für den Weg zur Arbeit zur Verfügung", meint Tobias Hoffstaedter, E-Bike-Experte bei Emotion Technologies.

Das E-Bike ist ideal für Menschen, die täglich längere Strecken innerhalb eines Radius von bis zu 20 Kilometern zurücklegen. Die Fahrer sind einerseits fit genug, um auch mal 45 Minuten lang in die Pedale zu treten, andererseits aber auch nicht so fit, als dass sie beim Triathlon in der Spitzengruppe mithalten könnten.

Displays zeigen Werte wie Ladestatus, Geschwindigkeit und verbleibende Kilometer an. Quelle: Bosch

E-Bikes für Sport und Freizeit

Doch es sind nicht nur Menschen auf dem Weg ins Büro, die auf E-Bikes abfahren. Inzwischen gibt es die motorisierten Zweiräder für jeden Einsatzzweck: Als praktisches City- und Einkaufsrad, als flottes Touren- und Trekkingrad, als gemütlichen Cruiser, als skurriles Fatbike und sogar als Mountainbike.

Hat die Hightech-Gemeinde hier ein neues Spielzeug gefunden? Demnach wären E-Bikes mit ihren hydraulischen Scheibenbremsen, Elektromotoren und riesigen Displays eine Art rollendes Gadget.

Pedelecs und S-Pedelecs

Streng genommen sind die meisten E-Bikes gar keine E-Bikes. Bei den allermeisten Modellen handelt es sich vielmehr um Pedelecs. Das Kunstwort setzt sich zusammen aus Pedal, Electric und Cycle. Dabei unterstützt der Motor beim Treten, schaltet aber bei 25 Stundenkilometern ab. Bei den schnellen S-Pedelecs hilft der Motor bis Tempo 45. Die eigentlichen E-Bikes findet man im Fachhandel eher selten, sie fahren bei Bedarf auch ohne, dass der Fahrer in die Pedale tritt. Der Begriff E-Bike ist also meist nur ein Oberbegriff, der sich vielleicht deshalb durchgesetzt hat, weil er einfach besser klingt als das fachlich korrekte Pedelec.

Die steile Karriere der E-Bikes lässt sich auch an den Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) erkennen. Schon heute sind 2,1 Millionen E-Bikes auf den Straßen unterwegs. 2014 wurden 480.000 Stück in Deutschland verkauft, eine Steigerung um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil am Gesamtmarkt liegt bei etwa 12 Prozent. Mittelfristig könnten nach Einschätzung des ZIV 15 Prozent daraus werden.

Qualitätssprung bei Motor und Akku von E-Bikes

Eine Ursache für den Erfolg ist sicher die Entwicklungsarbeit, die die Hersteller investiert haben. So agieren die Motoren der zweiten Generation heute viel präziser und sanfter. Auch die Akkureichweite hat sich deutlich verbessert. Viele aktuelle Modelle kommen auf Reichweiten von deutlich über 100 Kilometer.

Ihr Image als Seniorenrad mit Hilfsmotor haben die E-Bikes längst abgelegt. Auch Kinderkrankheiten scheinen überwunden. So erklärt René Filippek, Technikexperte beim Fahrradclub ADFC: "Man kann mittlerweile davon ausgehen, dass Pedelecs sicher sind. Die Rahmen sind auf die zusätzliche Belastung durch die Motorkraft hin konstruiert, während früher normale Fahrradrahmen genutzt wurden, die dann schon mal in die Knie gehen konnten."

Das E-Bike Torrente T10 Hybrid M von Gazelle ist ein sportliches Trekking-Rad, eignet sich aber auch für längere Strecken in der Stadt. Quelle: Hersteller

So funktionieren Pedelecs

Die Technik der Pedelecs ist nicht ganz trivial. Denn der Motor soll das Rad ja nicht alleine antreiben, sondern den Fahrer beim Kurbeln nur unterstützen. Da die Tretkraft des Fahrers ständig variiert, wird sie von Sensoren permanent gemessen. Dementsprechend reguliert der elektrische Antrieb die Kraft, die der Motor dazugibt.

Darüber hinaus kann der Fahrer in mehreren Stufen wählen, wie stark der elektrische Rückenwind sein soll. Im Modus "Schiebehilfe" fährt das Rad in Schrittgeschwindigkeit. Das ist praktisch, etwa, wenn man ein schwer beladenes Rad schiebt.

Mittel- oder Nabenmotor

Eine große Auswahl gibt es bei den Motoren. Die Bike-Kenner zählen dabei Namen auf wie Bionx, Bosch, Panasonic, Shimano, Derby Cycle, Neodrive, Ansmann, Pin oder Brose. Neben Bosch stammen auch die Marken Neodrive, Ansmann und Brose aus Deutschland.

Der meist verbreitete Typ sind Mittelmotoren, die direkt am Tretlager angebracht sind. Durch die niedrige Position in der Mitte fügen sie sich unauffällig in den Rahmen ein und die Gewichtsverteilung des Rads wird nicht verändert. Damit bleiben auch die gewohnten Fahreigenschaften weitgehend erhalten.

Viele Hersteller setzen deshalb auf diesen Antriebstyp, darunter Bosch, Derby Cycle und das Berliner Unternehmen Brose. Der Brose war ursprünglich ein Lenkungsmotor aus der Automobiltechnik und wurde für den Einsatz in Pedelecs weiterentwickelt.

Den Mittelmotor von Bosch findet man in vielen E-Bike-Modellen. Quelle: Hersteller

Einige Hersteller wie Ansmann arbeiten dagegen mit Nabenmotoren. Der Motor am Vorderrad hat den Vorteil, dass man am Hinterrad beliebige Schaltungskonzepte verwenden kann. Ungünstig ist allenfalls das zusätzliche Gewicht auf dem Vorderrad. Der Nabenmotor am Hinterrad begrenzt zwar die Auswahl bei der Schaltungstechnik, bietet aber gerade bei Bergauf-Fahrten eine Menge Schub und ist für sportliches Fahren geeignet.

Bei der Lautstärke geben sich die meisten Motoren recht gesittet. Zwar ist ein E-Bike immer lauter als ein Fahrrad mit gut geölter Kette, doch das Motorengeräusch bleibt dezent im Hintergrund.

Eine ganze Menge Hightech

Wie bei fast allen elektrischen Geräten, bei denen es auf hohe Akkuleistung ankommt, werden auch bei den E-Bikes Lithiumionen-Akkus verbaut. Die Position des Akkus spielt eine wichtige Rolle für die Gewichtsverteilung. Manche Akkus sind auf dem Gepäckträger, andere am Rahmen angebracht.

Nicht zu vergessen das Display. Es zeigt Werte wie Geschwindigkeit, Ladestatus oder die verbleibende Strecke und bietet Steuermöglichkeiten wie die Einstellung des Fahrmodus.

Ideal für entspanntes Fahren: Die SRAM E-Matic verbindet eine motorgetriebene Hinterradnabe mit Automatikschaltung. Quelle: Hersteller

Eine ganze Menge Hightech also, was am Ende denn auch Nachteile mit sich bringt. Der Akku muss natürlich regelmäßig ans Netz. Und der Besitzer ist bei Wartung und Reparatur auf den Fachhändler angewiesen, denn ein Defekt am E-Bike-Antrieb lässt sich nicht selbst reparieren.

Der Trend hatte sich bereits in den letzten zehn Jahren angekündigt. Die 27-Gang-Kettenschaltungen, Federgabeln und hydraulischen Bremsanlagen der modernen Zweiräder lassen sich nicht so einfach an einem Samstagnachmittag reparieren. Bei den E-Bikes dürfte damit endgültig Schluss sein. Gut ist das nur für Fachhändler und Reparaturwerkstätten.

Schwer wiegt nicht nur der Preis

Und wirklich leicht sind die Pedelecs auch nicht. Die meisten wiegen deutlich mehr als 20 Kilogramm. Wer sein Bike also jeden Abend in den Fahrradkeller wuchten muss, sollte das bedenken. Schwer wiegt auch der Preis. Abgesehen von Sonderangeboten, kosten E-Bikes immer mehr als 2000 Euro.

Doch wenn man erst mal auf dem Sattel sitzt, sind diese Nachteile vergessen und das E-Bike zeigt seine Qualitäten. So können in die Jahre gekommene Mountainbiker der Generation 30 plus, die vielleicht nicht mehr die Fitness von einst haben, mit einem E-Bike wieder den Berg hochkraxeln. Senioren-Image hin oder her.

Manche Enthusiasten sagen dem E-Bike sogar nach, es könne Beziehungen retten. Das geht so: Während der sportlich ehrgeizige Mann die Trekking-Tour allein mit Muskelkraft bewältigt, bleibt ihm seine weniger sportliche Frau mit dem E-Bike auf den Fersen. Auf diese Weise bewältigen Paare auch strapaziöse Touren in schöner Eintracht.

Auch wenn das Beispiel politisch gesehen nicht ganz korrekt sein mag, und die Zahl der von E-Bikes geretteten Paar-Beziehungen in keine Statistik einfließt, so zeigt es doch, dass die neue Bikes-Technik die Möglichkeiten enorm erweitert. Im mobilen Zeitalter könnten E-Bikes deshalb eine echte Alternative zum Auto werden.

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