Eigene Smartwatch Google dringt in Apples Territorium vor

Google-Chef Sundar Pichai eröffnet am Mittwoch die Entwicklerkonferenz Google I/O 2022 im Shoreline Amphitheatre.Foto: Google/dpa Quelle: dpa

Auf Googles Entwicklerkonferenz wird mit neuen Smartphones und der ersten selbstentwickelten Smartwatch gelockt. Welche große Konfrontation bevorsteht und wie Google-Chef Sundar Pichai gegen die Konkurrenz stichelt.

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Die Google I/O ist die wichtigste Entwicklerkonferenz des Silicon-Valley-Konzerns, auf der es einen Einblick in die aktuellen Produktpläne gibt. Oder zumindest den Teil, den man mit der Öffentlichkeit teilen möchte. Ganze zwei Stunden dauerte die Auftaktveranstaltung am Mittwochvormittag kalifornischer Zeit, moderiert von Google-Chef Sundar Pichai.

Viel Zeit also. Doch trotzdem wurde ein Schlagwort, das derzeit nicht nur im Hightech-Tal inflationär gebraucht wird, nicht ein einziges Mal von den dort auftretenden Google-Managern in den Mund genommen: Das Metaversum. Dass dies bewusst geschah, zeigte sich ganz zum Schluss, als Pichai ein Projekt für erweiterte Realität präsentierte. In Gestalt einer ganz normal ausschauenden Brille, die Sprachen simultan übersetzt. Aber nicht als Ton, was in der Unterhaltung stören würde, sondern als Text, der im Blickfeld des Trägers eingespiegelt wird.

Pichais Bemerkung, dass „wir bei Google so enthusiastisch über die Möglichkeiten bei erweiterter Realität sind, weil wir uns so mit etwas beschäftigen können, was tatsächlich wichtig in der realen Welt ist, in unserem realen Leben“, konnte man nur als Seitenhieb auf den Wettbewerber Facebook/Meta verstehen. Zumal Pichai betonte, „dass die reale Welt wirklich toll ist.“ Und er sich freue, endlich wieder Leute auf der Entwicklerkonferenz ganz normal treffen zu können und nicht nur virtuell wie in den vergangenen beiden Jahren wegen der Covid-Auflagen. Meta-Chef Mark Zuckerberg, aber auch Microsoft-CEO Satya Nadella präsentieren hingegen die Zukunft gern als virtuellen Raum, in dem Geschäftsreisen und Treffen dank Datenbrillen nicht mehr nötig sind.

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Doch wann Googles Übersetzerbrille kommt, was sie leistet und wie flink sie übersetzt, ließ Pichai offen. Er zeigte sie auch nicht live, sondern nur als Video. Denn auch Google will sich nicht in die Karten schauen lassen, was die nächste große Auseinandersetzung unter den Silicon-Valley-Titanen sein wird – der Nachfolger des Smartphones oder zumindest dessen Ergänzung. Die nimmt jetzt Fahrt auf.

Das Logo der Entwicklerkonferenz Google I/O 2022 ist am im Shoreline Amphitheatre zu sehen.Foto: Google/dpa Quelle: dpa

Geschlagene zehn Jahre, nachdem Google-Mitgründer Sergey Brin höchstpersönlich den Prototyp der „Google Glasses“ auf Googles Entwicklerkonferenz 2012 präsentierte. Was sich schließlich als einer der größten Flops des Konzerns entpuppen sollte. Vor allem weil die Öffentlichkeit noch nicht so weit war, sich von den „Google Glass“-Trägern beäugen und filmen zu lassen.

Ob dies mit der Generation TikTok anders ist? Angeblich soll die Technik zehn Jahre später so weit sein, um sie diskreter in ein Brillengestell zu verpacken, ohne ihren Träger gleich als Nerd abzustempeln. Oder ihm den Stress nehmen, ständig die Brille wegen schwachen Akkus nachladen zu müssen, wie in der vergangenen Dekade mit den Google Glasses.

Apple, dessen Chef Tim Cook ähnlich angetan ist wie Pichai über die Möglichkeiten erweiterter Realität, könnte seine „iGlasses“ eventuell schon in diesem Herbst zeigen. Auch Meta und Microsoft arbeiten emsig am „Internet auf der Nase“.

Aber die „wahre Realität“, das zeigte die Entwicklerkonferenz, dreht sich weiterhin um das schnöde Smartphone und seine Begleiter. Googles Hardwarechef Rick Osterloh präsentierte mit dem Pixel 6a ein Mittelklasse-Smartphone für 449 Dollar, welches im Gegensatz zu seinem Vorgänger 5a diesmal auch nach Deutschland kommen soll. Und zeigte, wenn auch nur als Bild, einen Vorgeschmack auf die künftigen Smartphone Flaggschiffe Pixel 7 und Pixel 7 Pro, die für den Herbst erwartet werden.

Auf der Google I/O in Mountain View wurden unter anderem neue Pixel-Smartphones vorgestellt. Quelle: VIA REUTERS

Interessant ist, dass Google seine Strategie geändert hat. Bislang kamen seine abgespeckten Pixel-Modelle mit der gleichen Hauptkamera, unterschieden sich durch die Leistungsfähigkeit des Prozessors. Die Pixel 6 Reihe ist nun durchweg mit schnellen Chips ausgestattet. Beim Günstig-Modell wurde dafür aber die Hauptkamera auf 12 Megapixel beschränkt, während das Flaggschiff 50 Megapixel leistet und dank Tele-Linse besseren Zoom. Allerdings dürfte das Pixel 6a auch brauchbare Fotos liefern, weil diese sich dank hoher Rechenleistung und maschineller Intelligenz aufhübschen lassen.

Die neue Strategie ergibt Sinn, denn Google will bei seinen Nutzern schließlich mit seinen Diensten punkten. Angebote wie der Google-Übersetzer brauchen eine Menge Rechenleistung, zumindest wenn simultan übersetzt werden soll. Pichai kündigte weitere Sprachen für Googles Übersetzungsprogramm an. Nun sind es 133 Sprachen, darunter Dhivehi, das von 300.0000 Leuten auf den Malediven gesprochen wird. Die Eidgenossen müssen sich weiter gedulden. Schweizerdeutsch fehlt weiterhin. Google erklärt, dass man im Fall von Dhivehi konkret um Unterstützung gebeten worden sei. In der Schweiz, wo Google eines seiner größten Forschungslabore unterhält, scheint das nicht der Fall zu sein.

Der Star der Auftaktveranstaltung war jedoch die Pixel Watch, die Hardwarechef Osterloh am Handgelenk trug.

Ein Handout-Bild der neuen Pixel Watch von Google. Sie soll im kommenden Herbst in den Handel kommen.Foto: Google/dpa Quelle: dpa

Die erste Smartwatch von Google. Bislang hatte man das Feld seinen Android-Partnern wie Samsung, Garmin oder Movado und Montblanc überlassen. Zumindest als Marke, denn Fitbit offeriert einige der derzeit populärsten Smartwatches. Google erwarb das Unternehmen Ende 2019 für 2,1 Milliarden Dollar. Ebenso wie Smartwatch-Technologie vom Uhrenhersteller Fossil für 40 Millionen Dollar.

Das zugekaufte Know-how wird nun in der kreisrunden Pixel Watch vereint, die im Herbst auf den Markt kommen soll. Über den Preis und die technischen Parameter schweigt sich Google noch aus, nur dass es ein „Premium Produkt“ sein wird. Und als Begleiter für Pixel-Smartphones gedacht ist. Ob die Pixel Watch mit anderen Android-Smartphones harmonieren wird, ist noch unklar. Auf jeden Fall aber nicht mit Apples iPhone.

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Zudem will Google seine Pixel-Reihe um ein Tablet erweitern. Keine Frage, Google stößt mit seiner Hardware immer stärker in Apple-Territorium vor, macht aber auch seinen Android-Partnern wie Samsung zunehmend Konkurrenz.

Das ist gut so, schließlich kann der Wettbewerb unter den Tech-Konzernen nicht groß genug sein.

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