Loewe hat offiziell bekannt gegeben, was sich schon seit Tagen andeutete. Die Zahlen des ersten Quartals sind bei dem TV-Hersteller Loewe aus dem nordbayrischen Kronach dramatisch, dramatischer noch als in den ohnehin schon schlechten Quartalen zuvor. Der Verlust habe sich verzehnfacht, hieß es. Die Hälfte des Grundkapitals des Geräteherstellers soll bis Ende des Monats aufgebraucht sein. Die für Juni geplante Hauptversammlung wurde auf Juli verschoben.
Im ersten Quartal schrumpfte der Umsatz nach vorläufigen Zahlen um 35 Prozent auf 43,5 Millionen Euro. Der operative Verlust stieg auf 9,9 Millionen Euro, nach einer knappen Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Der höhere Verlust sei auf die schlechtere Marktentwicklung, niedrigere Umsatz- und Produktionsvolumen, Investitionen in neue Produkte und Marketing-Maßnahmen zurückzuführen, erklärte Loewe. Die Anleger reagierten geschockt. Direkt nach Bekanntgabe der Zahlen brach der Kurs, der eh schon eher schlechten Loewe-Papiere, um ein Drittel auf unter zwei Euro ein.
Auf den ersten Blick scheint die Sache klar zu sein: Deutschlands Geiz-ist-geil-Kunden sind nicht mehr bereit vierstellige Beträge für einen Fernseher auszugeben. Das sind die Summen, mit denen die Loewe-Kunden rechnen müssen.
Doch kann das als Grund nicht ausreichen. Denn Loewe ist mit seinen schlechten Zahlen nicht alleine. Sonys TV-Sparte schreibt seit Langem Verluste. Philips hat sein Fernsehgeschäft vergangenes Jahr in ein Joint-Venture mit dem chinesischen Hersteller TPV ausgegründet. Marken wie Nordmende, Saba oder Grundig sind verschwunden oder an ausländische Massenhersteller verkauft worden. Und Großaktionär Sharp, der knapp 30 Prozent von Loewe hält, steht das Wasser selbst bis zum Hals.
Der ideale Sitzabstand zum Fernseher
Bei einer Bilddiagonalen von 81 Zentimetern sollte der Fernseher etwa zwei Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
Bei einer Bilddiagonalen von 102 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 2,50 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
Bei einer Bilddiagonalen von 118 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 2,90 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
Bei einer Bilddiagonalen von 127 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 3,10 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
Bei einer Bilddiagonalen von 140 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 3,40 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
Bei einer Bilddiagonalen von 152 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 3,80 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
Der Wachstumsboom bei TV-Geräten, den der Übergang von Röhren- zu Flachbildfernsehern über Jahre getrieben hat, ist vorbei. In vielen deutschen Wohnzimmern stehen inzwischen moderne LCD- oder Plasmariesen. Statt Neukauf steht mittlerweile - wenn überhaupt - nur noch Austausch an. Und die Wirtschaftskrise in vielen Ländern Europas macht das Geschäft noch schwieriger.
Die Folge: Der Branche geht es so schlecht wie nie. Inzwischen geben die fernsehverrückten Deutschen mehr Geld für Smartphones als für Fernseher aus. Der Umsatz mit den internetfähigen Telefonen kletterte um ein Drittel auf 6,8 Milliarden Euro. Der Markt für Tablet-PCs verdoppelte sich annährend auf 1,4 Milliarden Euro. Das Geschäft mit Fernsehern stagnierte indes bei knapp sechs Milliarden Euro. Entgegen den Voraussagen wurde 2012 nicht die ersehnte Absatzmenge von zehn Millionen Geräten erreicht.
Dennoch stehen die Fernsehgeräte bei den Konsumenten immer noch relativ weit oben auf der Wunschliste. „Bevor die Bürger auf ein neues Fernsehgerät verzichten würden, verzichten sie lieber auf Ausgaben für Urlaub oder Auto, wie aktuelle Studien belegen“, glaubt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender beim Branchenverband Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu). Tatsächlich stehen die Warenhäuser voller Flatscreens. Und beim Blick in manch Wohnzimmer scheinen die superschicken Riesen-Geräte zum neuen Statussymbol geworden zu sein. Und obwohl der Absatz der Fernseher nicht so stark angestiegen ist, wie anfangs vermutet wurde, ist er doch gewachsen. Während der Fußballsommer 2006 den Herstellern einen Verkauf von etwa sechs Millionen Geräten bescherte, waren es 2012 immerhin 9,6 Millionen. Wenn also die Nachfrage nicht das Problem ist, woran krankt dann die Branche?
Der massive Preisverfall
Zum einen hat sich der TV-Markt sehr verändert. Während zu Röhrenfernseher-Zeiten etwa 20 bis 25 Unternehmen einen Marktanteil von etwa 80 Prozent gemächlich untereinander ausmachten, teilen sich heute maximal fünf Firmen den gleichen Anteil im gierigen Kampf um die Spitze. Der Wettbewerb hat sich extrem zugespitzt. In diesem Haifischbecken dominieren vor allem die Asiaten, vorne weg Samsung. Die Südkoreaner streben die alleinige Marktführerschaft an, darin sind sich etliche Experten einig. Samsung - das durch seine enorme Fertigungstiefe Technologie- und Kostenvorteile hat - drückt den Preis so stark, dass die anderen Premiumhersteller nicht mehr mithalten können. Nicht nur die Deutschen. Auch die Japaner (Sony, Panasonic und Sharp) stehen massiv unter Druck.
Und der Preis fällt massiv: Während die Deutschen zu Röhrenfernseher-Zeiten noch bereit waren durchschnittlich etwa 2000 D-Mark zu zahlen, geben sie heute im Schnitt nur noch 617 Euro im Schnitt aus. Allein in den letzten fünf Jahren lag der Preisverfall für vergleichbar ausgestattete Geräte bei insgesamt 25 Prozent. Dadurch soll die Branche im vergangenen Jahr etwa zehn Milliarden Euro Verlust gemacht haben. Es wird gemunkelt, dass kaum einer der großen Hersteller aktuell wirklich Geld mit seinen Geräten verdient.
Dabei handelt die Branche nicht mit unattraktiven Produkten. „Im Gegenteil, TV-Geräte haben über Jahrzehnte ihre technische Ausstattung und Leistungsfähigkeit deutlich gesteigert“, sagt gfu-Mann Kamp. Innovationen wie Breitbild, HDTV, 3D-TV und Smart TV - die Verknüpfung von Fernseh- und Internetinhalten - sind nur die wichtigsten Meilensteine der technischen Innovation. Nur zahlen wollen die Käufer dafür nicht. Die anhaltende Aufrüstung der Technik half lediglich, die Gerätepreise einigermaßen auf dem jeweiligen Vorjahresniveau zu halten.
Das sind die neusten Technik-Trends
Zu sehr hat sich die Innovationsgeschwindigkeit am Markt beschleunigt. Was heute der aktuellste Stand ist, kann binnen eines Jahres schon wieder veraltet sein. Dass war bei der Röhrentechnik noch nicht so. Während die Deutschen sich früher etwa alle elf bis 15 Jahre einen neuen Fernseher anschafften, wird das Gerät heute bereits alle sechs bis acht Jahre ausgetauscht.
Ginge der Preisverfall in derselben Geschwindigkeit weiter, würde ein Fernsehgerät im Jahr 2040 gerade noch durchschnittlich 100 Euro im Durchschnitt kosten. Wie drastisch die Technik in den vergangenen Jahren billiger geworden ist, zeigt der Vergleich mit der Kfz-Branche: Musste ein Durchschnittsverdiener 1980 für einen durchschnittlichen Fernseher ein Monatsgehalt ausgeben, waren es für ein durchschnittliches Auto zehn Monatsgehälter. 2012 gibt es ein TV-Gerät schon für ein Drittel Monatsgehalt. Ein PKW aber kostet 16 Monatsgehälter. „65 Prozent Preisverfall bei TV stehen 60 Prozent Preissteigerung beim Auto gegenüber“, sagt Kamp.
Fatale Folgen für die Hersteller
Den Trend sieht er im Geschäftsmodell der Anbieter begründet, die vor allem auf steigende Marktanteile setzen – wie Samsung. So werden immer mehr Geräte produziert, als am Ende gekauft. In den Lagern der Händler und Hersteller sammelt sich das tote Kapital, so dass Flatscreens vom feinsten am Ende nur noch verscherbelt werden können. Vor allem die Asiaten schwemmen aufgrund der langen Lieferwege eher zu viele als zu wenige Geräte nach Europa. Dem stehen in Deutschland produzierende Hersteller wie Loewe und das Traditionsunternehmen Metz gegenüber, die viel kurzfristiger planen können und weniger unter Überproduktion leiden. Weil dann auch weniger Lagerbestände anfallen, bleibt das Preisniveau hoch – aber eben auch deutlich teurer als das der Sonderposten der Konkurrenz. Ganz davon abgesehen, dass Verscherbeln auch nicht zum edlen Image der hochwertigen Loewe-Produkte passt.
„Natürlich muss jedes Unternehmen für sich den Weg zurück zu Profitabilität und nachhaltigem Wirtschaften finden. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir in der gesamten Unterhaltungselektronik-Industrie eine Veränderung der Management-Politik brauchen“, sagt Kamp. Ein wirkungsvolles Instrument dazu könne die Ausrichtung der Boni am Ertrag und an der Nachhaltigkeit des Unternehmens sein und nicht die alleinige Ausrichtung an Marktanteilen.
Ob eine Trendumkehr bei Loewe gelingt, ist damit aber nicht ausgemacht. Die Franken prüfen derzeit, ob eine Kapitalerhöhung mit Hilfe der Aktionäre oder durch neue Investoren möglich ist. Gleichzeitig musste bereits jeder fünfte der etwa 1000 Mitarbeiter gehen. Die, die bleiben durften, mussten Gehaltskürzungen hinnehmen. Bis Ende 2014 sollen sie auf zehn Prozent ihres Gehalts verzichten. Außerdem wurden sowohl der Chef als auch der Oberaufseher erst zu Beginn des Jahres ausgetauscht. Bisher ohne großen Erfolg.
Doch trotz des derzeitigen Tiefs schreiben Branchenkenner den Premiumhersteller noch nicht ab. Die Zahlen in der Branche seien aktuell im Vergleich zum Vorjahr besonders schlecht, weil die Hersteller im vergangenen Jahr sowohl von den Olympischen Sommerspielen und der Fußball-EM in Polen und der Ukraine als auch von der Abschaltung des analogen Fernsehens profitiert haben. Dadurch waren die Verkaufszahlen bereits im ersten Quartal außergewöhnlich hoch. Bereits bis Mitte des Jahres erreichte die Branche 51 Prozent des angepeilten Umsatzes. Ansonsten wird das Jahresziel eigentlich immer erst mit dem Elektronik-Boom im Vorweihnachtsgeschäft erreicht. Vor diesem Hintergrund können die Zahlen 2013 nur schlechter werden.
Der neue Loewe-Chef Matthias Harsch zeigt sich auf jeden Fall kämpferisch. Er kündigte an, er werde massiv in neue Produkte investieren, um den Traditionshersteller aus den roten Zahlen zu bringen. In Deutschland will er Marktanteile von der mittlerweile übermächtigen Konkurrenz zurückerobern. "Es sind die Grundlagen für den erforderlichen Umbau und die Neuausrichtung des Unternehmens geschaffen worden", erklärte er.
Ultra-HD wird zum Strohhalm
All das gelingt unter dem Zwang von Personalabbau nur mit Kooperationen. „Wir streben internationale Partnerschaften in den Bereichen Entwicklung, Einkauf, Produktion und Vertrieb an“, sagt Loewe-Sprecher Roland Raithel. Vor allem mit den eigenen Produkten will Loewe internationaler werden. In Russland ist der Premiumhersteller bereits am Markt, in Indien ebenfalls seit einem Jahr und der chinesische Markt wird aktuell geprüft.
Gleichzeitig liegen die Hoffnungen der Bayern auf einer neuen TV-Reihe, die im Juli an den Markt gehen soll. Dabei handelt es sich um Premium-Produkte für Einsteiger. Sie sollen also etwas günstiger und weniger gut ausgestattet sein. Genaueres ist aktuell noch nicht bekannt. Außerdem hat Loewe gerade erst ein neues Audiosystem herausgebracht, dass von nur einem Standort aus einen sogenannten 3D-Raumklang erzeugen kann. Ende Mai folgt ein Lautsprecher, der mit dem Smartphone steuerbar ist.
Des Weiteren hofft Loewe auf das Wachstum des Geschäfts mit sogenannten internettauglichen Smart-TV-Geräten, die sich auch mit anderen Technik-Spielzeugen verbinden lassen. Diese Geräte sind noch stark erklärungsbedürftig, was die großen Elektronik-Geräte-Ketten nur in den seltensten Fällen leisten können. Hier kann der Fachhandel punkten, was bitter nötig ist. Denn vor allem die für Loewe wichtigsten Handelspartner im qualifizierten Fachhandel mussten im ersten Quartal in Deutschland einen Umsatzrückgang von 37 Prozent verkraften.
Der nächste Innovationsschwung der Branche heißt 4K. Das neue super hochauflösende Ultra-HD-Bild hatte bei den großen Technik-Messen des Jahres schon für Begeisterung gesorgt. Nun soll die Technik die Preise wieder nach oben ziehen und wieder für größere Margen sorgen. Sie ist ein bisschen wie ein Strohhalm, an den sich die Branche im Moment klammert.
Doch eines steht fest: Mit 4K wird nur dann alles besser, wenn Loewe und Co sich nicht wieder von den Asiaten die Butter vom Brot nehmen lassen. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hatten die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender die Umstellung auf HD-TV verschlafen. Technisch wäre sie schon möglich gewesen, dennoch kam sie erst 2008. Daher sahen sich die deutschen Hersteller, die vor allem hierzulande verkauft haben nicht so unter Druck, HD-TV-taugliche Geräte auf den Markt zu bringen. In Asien waren sie schon lange etabliert. Und in Fernost arbeitete man längst an 3-D-Geräten, als sich hierzulande gerade erst HD-TV durchzusetzen begann.
Loewe befand sich damals in der schwierigen Situation, dass niemand mehr Premium-Röhrenfernseher haben wollte und die Flatgeräte noch nicht so weit waren, als dass man sie als Premiumprodukt mit etlichen Sonderausstattungen zu Höchstpreisen hätte anbieten können.
Ähnliches könnte auch im 4K-Sektor passieren. Jedenfalls haben japanische Medien bereits angekündigt, dass das 4K-Fernsehen eventuell schon zur Fußball-WM in Brasilien marktreif sein könnte. Das wäre 2014 statt wie ursprünglich geplant 2016. Sony, Panasonic und Sharp entwickeln entsprechend eifrig an massentauglichen Geräten – und Samsung sowieso.