
Es war ein Schreckmoment für die Crew des Lufthansa-Flugs München–Warschau: Beim Landeanflug der Embraer ERJ-195 auf den Flughafen der polnischen Hauptstadt am 20. Juli entdeckten die Piloten eine Hobby-Drohne. Um gerade 100 Meter verfehlte die Maschine den Miniflieger. Was, wenn die Drohne ins Triebwerk geraten wäre?
Solche Schreckensszenarien beschäftigen die Luftfahrtbehörden mehr denn je. Immer wieder tauchen Drohnen auf, wo sie nicht erlaubt sind: In der Nähe von Flughäfen, über Atomkraftwerken, an Unfallstellen. Erst vor wenigen Tagen behinderten bei einem Waldbrand in Kalifornien fünf Hobby-Drohnen die Löschflugzeuge der Feuerwehr. Zwei Dutzend Autos auf einem nahe gelegenen Highway gingen in Flammen auf.





Dabei steht der Flugverkehr über den Baumwipfeln womöglich gerade erst am Anfang. Der Forscher Bart Remes von der TU Delft prophezeite schon vor einer Weile: Jeder, der heute ein Smartphone in der Tasche habe, werde noch vor Ende des Jahrzehnts auch eine kleine Drohne besitzen. Amazon und Google wollen gar ganze Flotten von Drohnen in die Luft schicken, die dort computergesteuert Waren bis vor die Haustür liefern sollen.
"Neue Ära der Luftfahrt"
Um Ordnung ins Chaos zu bringen, haben sich die ganz großen Flugexperten in die Debatte eingeschaltet: Die US-Raumfahrtagentur Nasa hat ein Team darauf angesetzt, den Drohnenverkehr in gelenkte Bahnen zu leiten. „Wir stehen vor einer neuen Ära der Luftfahrt“, sagt Parimal Kopardekar, Leiter des NextGen Airspace Projects, in einem Videointerview der Nasa. In zehn Jahren werde es „wirklich aufregend. Viele, viele Flugobjekte werden in der Luft unterwegs sein.“ Jedes Haus werde dann zum Flughafen.
Daraus könne man nur einen Schluss ziehen: „Wir brauchen Fahrbahnen in der Luft.“ Genau die will die Raumfahrtbehörde nun entwickeln und schon 2018 bereitstellen. Auf einer Konferenz des Nasa Ames Research Center im Silicon Valley Ende Juli erklärte Kopardekar rund tausend Vertretern der Drohnenindustrie sein Konzept. Drohnen sollen künftig miteinander kommunizieren können, um einander in der Luft auszuweichen. Zudem sollen sie Daten zu einer Kontrollstation schicken, die den Drohnenverkehr überwacht.





Technisch könnte das System ähnlich funktionieren wie die Überwachungstechnik für Passagiermaschinen. Die sind mit sogenannten ADS-B-Sendern ausgestattet: Per Funk verbreiten sie Informationen untern anderem über ihre Höhe, das Tempo und die Flugrichtung. Allein in den USA sind 650 Empfangsantennen installiert, die die Funksignale an die Luftraumüberwachung weiterleiten. Fluglotsen wissen so ganz genau, wo welches Flugzeug gerade unterwegs ist. Diese Daten lassen sich sogar im Internet in Echtzeit verfolgen.
Ein solches Flugradar will die Nasa nun auch für den Luftraum unterhalb von 150 Metern aufbauen. Dazu arbeitet sie unter anderem mit dem US-Luftfahrtunternehmen Exelis zusammen, das kürzlich vom US-Konzern Harris aufgekauft wurde. Exelis hat ein System namens Symphony RangeVue entwickelt. Dabei sollen Drohnen mit ADS-B-Sendern ausgerüstet werden, wie sie auch in großen Maschinen stecken. Kleine Antennen auf dem Erdboden, die Exelis entwickelt hat, empfangen die Signale und leiten sie Daten an die Fluglotsen weiter.