Intelligente Kleidung Fünf Trends, die unsere Textilien revolutionieren

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Intelligente Autositze und Schutzanzüge

4. Trend: Intelligenz unterm Hintern

Ist der Fahrer des Autos oder Lkws übermüdet, hat er Stress, ist er gar ernsthaft krank? Immer stärker rückt der Gesundheitszustand des Menschen hinterm Steuer in den Blickpunkt der Autohersteller und Wissenschaftler. Denn Übermüdung ist nach zu hohem Tempo die zweithäufigste Unfallursache. Was liegt da näher, als die Fitness des Fahrers fortlaufend zu überwachen? Damit das klappt, arbeiten etwa die Thüringer Forscher vom TITV zusammen mit Autozulieferern am intelligenten Sitz.

Die Ingenieure haben in Stoffe Sensoren integriert, die Puls, Herzfrequenz und Muskeltätigkeit des Fahrers messen. Das neue System wäre sehr viel genauer als die heute verfügbaren kamerabasierten Konzepte. Sind die Werte zu niedrig, leuchtet eine Kaffeetasse im Armaturenbrett auf, um den Fahrer zu warnen: „Du bist müde, mach eine Pause.“ Die Systeme schlagen schon Alarm, wenn der Fahrer den Blick zu lange schweifen lässt, um sich die Gegend anzuschauen.

In Zukunft kann das neue System, wenn es Stress bei der Person am Steuer erkennt, in brenzligen Phasen die Musik leiser stellen oder Handyanrufe unterdrücken. Sollte der Fahrer gar ohnmächtig werden, könnte der Bordrechner die Notsituation erkennen und das Steuer übernehmen, um den Wagen sicher am Straßenrand zu stoppen.

Stephan Heuer, der am Forschungszentrum Informatik (FZI) in Karlsruhe die Abteilung Medizinische Informationstechnik leitet, hält die Sensoren im Fahrersitz für eine „tolle Messmethode“: Der Fahrer spüre nichts von ihnen, müsse für die Messung keine Elektroden am Körper befestigen. Das Ganze funktioniert sogar durch mehrere Lagen T-Shirts plus Pulli problemlos. Nur ganz dicke Wintermäntel und elektrisch leitende Stoffe behindern gelegentlich die Messungen. Aber das wollen die Ingenieure durch geänderte Sensoren in den Griff kriegen.

5. Trend: Wundersames Schutzschild

Wenn Häuser, Fabriken oder Lastwagen lichterloh brennen, brauchen Feuerwehrleute Anzüge, die sie vor Hitze, Funken und Gasen schützen. Die heute verwandten Modelle schränken aber die Beweglichkeit ein, weil sie schwer und steif sind.

Nun verspricht ausgerechnet ein Stoff Abhilfe, der in jedem simplen Bleistift steckt. Er nennt sich nach dem Graphit, dem Material in der Mine, Graphen. Es besteht nur aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen. Die Atome sind regelmäßig in Sechsecken angeordnet, ähnlich einem Hasendraht. Was die Graphene so begehrenswert macht, sind ihre Eigenschaften, die sich so kolossal von dem Graphit im Bleistift unterscheiden: superdünn und transparent, extrem strom- und wärmeleitfähig, zugfester als Stahl und dennoch flexibel, abriebbeständig und wenn nötig auch noch durchlässig für Gase.

Diese wundersamen Fähigkeiten machen sich Forscher des schwäbischen Hohenstein Instituts für Textilinnovation zusammen mit einem Verbund von Pionierunternehmen zunutze. Im Rahmen eines EU-geförderten Projekts wollen sie leichte, bequeme Schutzkleidung aus der Kohlenstoffverbindung für Feuerwehrleute, Metall- und Chemiearbeiter entwickeln. Dazu versuchen die Forscher, eine wässrige Graphen-Mischung mit verschiedenen Textiloberflächen dauerhaft zu verbinden. Projektleiter Roshan Paul ist überzeugt: „Die Vorteile sind so groß, dass das Material den Bereich der Hitzeschutzkleidung revolutionieren wird.“

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