Die Fotobranche feiert Geburtstag. Vor 175 Jahren, am 19. August 1839 wurde die Fotografie in einer Zeitung in Paris erstmals öffentlich erwähnt. Fotopioniere wie Niépce, Daguerre und Fox Talbot hatten damals das fotografische Verfahren entwickelt.
Allerdings ist die Sache mit dem 175. Jubiläum ein bisschen geschummelt. Das erste Foto – ein Blick über Hausdächer in Paris – war nämlich bereits 1826 entstanden.
Doch auch aus anderen Gründen will in der Imaging-Branche keine echte Feierstimmung aufkommen. Denn der Fotomarkt ist in der Krise. Vor allem die fotografierenden Smartphones und neuerdings Tablets machen den Digicams zu schaffen. Nach einem Bericht der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) hat gerade der Absatz von Kompaktkameras weltweit einen Einbruch zu verzeichnen. Auch der japanische Branchenverband CIPA gibt einen eher düsteren Ausblick auf 2014. Demnach wird der Absatz von Digicams von Canon, Nikon, Ricoh und Co. außerhalb des japanischen Markts von 54,9 auf 43,5 Millionen Stück zurückgehen.
Verloren ist allerdings noch nichts. Schließlich steigt wenigstens der Absatz von hochwertigen Systemkameras mit Wechselobjektiven und digitale Spiegelreflexkameras. Mit guter Technik lassen sich also immer noch Digitalkameras verkaufen.
Der Drang, sich mit guten Ideen und guter Technik zu profilieren, ist auch an den Neuheiten zu spüren, die die Digicam-Hersteller zum Jahresanfang angekündigt haben und die spätestens im Frühjahr im Regal stehen werden. An tollen technischen Features und guten Ideen ist da wahrlich kein Mangel. Für Hobbyfotografen und Videofilmer sind einige echte Leckerbissen dabei.
Acht große Branchen-Trends
Dabei zeichnen sich herstellerübergreifend einige Trends deutlich ab.
1. Schnellere Bildprozessoren
Viele Anwender beklagen, dass ihre Digitalkamera ein Jahr nach dem Kauf technisch schon nicht nach dem neuesten Stand sein. Es ist richtig, Digicams sind eben letztlich nichts anderes als kleine Computer mit Fotoobjektiv. Genau wie bei PCs oder Smartphones findet der technische Fortschritt zumeist in der Elektronik statt. Hier läuft die Entwicklung wesentlich flotter als beispielsweise die Entwicklung bei den Objektiven.
Die Hersteller vermarkten ihre Bildprozessoren liebevoll mit eigenen Markennamen, bei Sony heißt der Prozessor "Bionz", bei Panasonic "Venus", bei Nikon "Expeed" und bei Olympus "Truepic". Die neueste Generation der Bildprozessoren erschließt dem Anwender Möglichkeiten, die bisher teuren professionellen Spiegelreflexkameras vorbehalten waren. Zu spüren ist dies in erster Linie in den Bereichen Autofokus, Zeitlupe und Serienbild. Die neuen Digicams sind beim Scharfstellen deutlich schneller als die Vorgängergeneration, bieten Zeitlupen ohne reduzierte Auflösung, knipsen bis zu zehn Bilder pro Sekunde und stellen dabei noch jedes Bild neu scharf. Ein Beispiel hierfür ist die Sony Alpha 6000, die sogar elf Fotos pro Sekunde knipst.
2. Videos mit 4K-Auflösung
Dass man mit den Digitalkameras auch ganz passabel Videos drehen kann, hat sich bei den Nutzern längst herumgesprochen. Selbst die einfachste Kompaktkamera filmt heute mit Full HD. Nun beginnt die Industrie für den höchst auflösenden Videostandard 4K (Ultra HD) zu werben. 4K-Videos haben eine sagenhafte Auflösung von 3840 x 2160 Pixel, vier Mal mehr als Full HD. TV-Sender oder Video-DVDs mit Ultra-HD-Filmen gibt es noch nicht, doch jetzt kann man 4K-Filme in Eigenregie produzieren. Denn 2014 wird das Jahr, in dem Videoenthusiasten Geräte in die Hand bekommen, die mit Ultra HD filmen. Bestes Beispiel hierfür ist Panasonics neue Lumix GH4.
3. Retro-Charme und Hightech
Der Trend, das Design von Kameraklassikern der siebziger Jahre wieder aufleben zu lassen, ist noch nicht tot. Zu bemerken ist allerdings, dass die aktuelle Generation der Retro-Kameras einen Tick nüchterner und sachlicher gestaltet ist. Hier verbindet sich Retrocharme mit Hightech und Funktionalität. Ein Beispiel hierfür ist die Fujifilm X-T1.
4. Superzoom-Kameras mit noch mehr Zoom
Eigentlich gehören die Superzoom- oder Bridgekameras nicht gerade in der Edelklasse der Fotografie. Engagierte Hobbyfotografen rümpfen die Nase, wenn sie die preiswerten Digicams mit dem Riesenobjektiv sehen. Doch mit hochwertigen Bildprozessoren steigt auch die Qualität dieser Foto-Brummer. Eine Kamera, der 50fach-Zoom ohne Objektivwechsel praktisch alle denkbaren Brennweiten abdeckt, ist jedenfalls eine praktische Sache. Wer seine Werke nicht gerade in Galerien ausstellt oder in Fotowettbewerbe einschickt, könnte mit einer Superzoom-Kamera durchaus glücklich werden. Ein Beispiel hierfür ist die Cybershot DSC-HX400V von Sony.
Systemkameras folgen dem Beispiel der Actioncams
5. Gimmicks und Innovationen
Die Hersteller beschränken sich bei den neuen Modellen nicht nur darauf, vorhandene Technik zu verfeinern, sie lassen auch immer wieder neue Ideen einfließen. Astrofotografen können beispielsweise bei Langzeitaufnahmen vom Sternenhimmel die Erdrotation mit Hilfe des Bildstabilisator ausgleichen. Bildstabilisatoren mit fünf Achsen helfen beim Videodreh, dass das Bild auch beim Gehen einigermaßen ruhig bleibt. Und das Punktvisier in der Olympus SP100EE hält schnell bewegte Objekte im Bild.
6. Apps für Android und iOS
Die meisten Digicams verfügen inzwischen über ein WLAN-Modul. Früher diente das nur dazu, Bilder auf das Smartphone oder den PC zu übertragen. Heute gibt es ausgefeilte Apps, mit denen der Fotograf die Kamera über das Smartphone auslösen und sogar Funktionen wie Zoom oder Belichtungssteuerung aufrufen kann. Bestes Beispiel hierfür ist die Image App von Panasonic.
7. Digicams werden wetterfest
Den Anfang haben vor einigen Jahren die Action-Cams gemacht, die gegen Wasser, Staub, Erschütterungen und Frost geschützt sind. Jetzt folgen auch die Hersteller von Spiegelreflex- oder Systemkameras diesem Beispiel. So extrem robust wie die Action-Cams von Rollei oder Gopro sind die wetterfesten Spiegelreflexkameras natürlich nicht. Aber die Dichtungen, die vor Spritzwasser, Regen oder Frost schützen, geben dem Fotografen die Möglichkeit, auch mal bei richtigem "Sauwetter" draußen Schnappschüsse zu machen.
8. Camcorder und Audiorecorder
Ein alltägliches Problem für viele Videofilmer ist die miese Tonqualität der eingebauten Mikrofone. Ambitionierte Videofilmer besorgen sich dann ein externes Mikrofon. Deshalb liegt auch der Gedanke nahe, Camcorder und Audiorecorder in einem Gerät zu verbinden. So können beispielsweise Musiker ihre Auftritte in guter Tonqualität dokumentieren oder Videoblogger können schnell und unkomplizierte ihre Beiträge produzieren. Passende Geräte gibt es inzwischen von Canon und Zoom.
Der Rundgang über den Kameramarkt 2014 zeigt also, dass den Herstellern die guten Ideen noch nicht ausgegangen sind. Zum 175. Geburtstag der Fotografie ist das keine schlechte Bilanz – auch, wenn das mit dem Geburtstag ein bisschen geschummelt ist.