




Tim Cook und Jong-Kyun Shin stehen im Grunde längst auf verlorenem Posten, wenn sie mit neuen Super-Smartphones die Massen begeistern wollen. Was auch immer der Apple-Chef oder sein koreanisches Pendant, der Boss der Mobilfunksparte von Samsung, zuletzt an Handyneuheiten präsentierten – am Ende blieb Enttäuschung.
Das galt 2013 für Apples iPhone 5s. Und es war bei Samsung nicht anders, als Shin vor Kurzem auf dem Mobile World Congress in Barcelona das Top-Modell Galaxy S5 vorstellte. Beide sind Getriebene des Erfolgs ihrer Vorgänger. Selbst wenn die Hersteller ihre neuen Geräte mit Technik vollstopfen, die Erwartungen der Mobilfunkwelt können sie nicht mehr erfüllen. Was zählt da noch, Web-Seiten per Augenbewegung durchsurfen zu können, wenn die Fans auf Superrechner hoffen, die bei Bedarf das Rote Meer teilen oder Krebs heilen? Und dann bekommen sie doch wieder nur ein Handy.
Auch Tim Cook wird es kaum anders ergehen, wenn er im Herbst voraussichtlich das iPhone 6 vorstellt. Es könnte flacher werden, das Display größer, vielleicht randlos. Und es stecken sicher eine bessere Kamera, ein schnellerer Prozessor und ein stärkerer Akku drin. Es wird das beste Apple-Handy aller Zeiten sein, klar. Aber revolutionär, wie das Ur-iPhone? Oder so lukrativ, wie das Geschäft mit nachladbaren Apps, das Apple mit der zweiten Auflage seiner Handysoftware iOS eingeführt hat? Sicher nicht.
Die Branchengiganten sind in einem Wettlauf der Superlative gefangen: Knapp jedes zweite weltweit verkaufte Smartphone stammt heute von Apple oder Samsung, hat der US-Marktforscher Gartner ermittelt. Noch dramatischer sieht es bei den Gewinnen aus: Seit 2012 sind die beiden Riesen die einzigen Hersteller, die mit Smartphones überhaupt noch Geld verdienen. Der Rest der Branche – ob Blackberry, HTC, LG oder Nokia – schreibt seit Langem mit Highend-Handys Miese, so der kanadische Finanzdienstleister Canaccord Genuity.
Wenn aber den Verfolgern das Geld für radikale Ideen fehlt und den Dominatoren der Druck, Neues zu wagen, was treibt dann noch die Branche? Droht der Handywelt gar Erstarrung auf High-Tech-Niveau?
Mitnichten! Im Schatten von iOS, Android und den Verfolgern Microsofts Windows Phone und Blackberry stehen längst dynamische Startups bereit, um die Branche aufzumischen: Ob die durch ihren Firefox-Web-Browser bekannte Mozilla-Stiftung, die finnische Firma Jolla, die Linux-Schmiede Ubuntu aus der PC-Welt oder das von Samsung und Intel unterstützte Tizen-Bündnis – weltweit arbeiten die Gründer an kreativen Smartphone-Konzepten.
Was sie entwickeln, wird unseren Umgang mit Handys tief greifend verändern. Die Smartphone-Revoluzzer arbeiten etwa an Geräten die künftig fast ohne Knöpfe, rein über intuitive Gesten bedienbar sind. Sie sind dabei, Softwareentwicklung und -steuerung bei Telefon, Tablet oder PC zu vereinheitlichen. Immer mehr reißen die Grenzen zwischen den Softwarewelten ein. Bisher waren Handykäufer an eine Plattform – meist Android oder iOS – gebunden, weil Apps aus einer Welt nicht auf Geräten aus einer anderen funktionierten. Nun bauen die Neulinge auf oft überraschende Weise Brücken.
Vor allem aber öffnen die Newcomer der nächsten Milliarde Menschen mit extrem günstigen Multimedia-Telefonen erstmals den Zugang zum Internet. Während in Deutschland 2013 schon neun von zehn verkauften Handys Smartphones waren, fiel zeitgleich – weltweit betrachtet – nicht einmal jedes dritte Telefon in diese Kategorie, meldet der Mobilfunkausrüster Ericsson.
Dank neuer Geräte wird sich das nun rasant ändern, brechen große Teile Afrikas, Asiens und Südamerikas endlich ins Web-Zeitalter auf: Schon bis 2019 werde sich der Smartphone-Anteil am globalen Handyabsatz laut Ericsson auf 60 Prozent mehr als verdoppeln.