Es ist eine trübe Zeit für den ambitionierten Multi-Unternehmer, der nachts im Schlaf heult, weil er trotz aller harter Arbeit vor dem Scheitern steht und dabei auch noch seine Ehe ruiniert hat.
Dann wendet sich das Blatt. Beim vierten Start hat SpaceX endlich Erfolg. Ende September 2008 fliegt die Falcon-1-Rakete vom Kwajalein Atoll im Südpazifik ins All. Das verschafft ihm Glaubwürdigkeit und macht den Weg frei für weitere Nasa-Aufträge.
Auch bei Tesla regt sich Hoffnung. Daimler ist bereit, für 50 Millionen Dollar knapp zehn Prozent des Start-ups zu erwerben. Mit den Stuttgartern arbeitet Musk seit 2008 zusammen, nachdem er dessen skeptischen Forschungschef Herbert Kohler durch den kreativen Umbau eines Smarts in ein Elektroauto überzeugt hat. „Das Investment von Daimler hat Tesla gerettet“, sagt Musk. Schließlich bewilligt das US-Energieministerium auch noch einen Kredit in Höhe von 465 Millionen Dollar, was den Weg für den Börsengang ebnet.
Am 29. Juni 2010, einen Tag nach Musks 39. Geburtstag, geht Tesla an die Technologiebörse Nasdaq. Der High-Tech-Unternehmer läutet die Glocke zum Handelsbeginn. Er wirkt glücklich. An seiner Seite ist seine neue Partnerin Talulah Riley. Musk wird die britische Schauspielerin ein paar Monate später in Schottland heiraten.
Er ist auch deshalb gelöst, da der Börsengang das nötige Kapital einbringt, um endlich die Produktion der Limousine Model S voranzutreiben. Von Toyota übernimmt er eine Fabrik am Rande des Silicon Valley. Mit Panasonic schließt er einen Vertrag über die langfristige Lieferung von Akkus. Bei so viel Dynamik kursieren im Silicon Valley erneut Pleite-Gerüchte. Doch Musk belehrt wieder seine Zweifler. Im Juni 2012 rollen die ersten Limousinen vom Band.
Die Produktion läuft an, erst monatlich 15, dann 50, dann 200 Exemplare. Im Dezember sind es schon 400 Fahrzeuge täglich. Trotzdem kann Musk nur schwer die Nachfrage befriedigen. Es fehlt an Teilen, vor allem Akkus. „Unsere Zulieferer haben den Bedarf unterschätzt“, sagt Musk.
Wieder spielt er voll auf Risiko, in gewohnter Manier. Weil es Zweifel über den Wiederverkaufswert der Tesla Limousine gibt, garantiert Musk nun ihren Wertbestand – rückwirkend für alle Kunden. Für die Aktionäre eine teure Sache, wie Musk einräumt. Zumal die Nachfrage so hoch ist, dass es eigentlich nicht nötig wäre. „Aber es ist der richtige Schritt“, bekräftigt er, „und wird uns langfristig helfen.“
Der nächste große Meilenstein ist der Verkaufsstart eines Volumenmodells für 35 000 Dollar vermutlich in 2017. Damit das klappt, muss der Preis für den Akku – die teuerste Komponente in einem E-Auto – um mindestens ein Drittel sinken. Was Musk mit seiner neuen Akku-Fabrik in der Wüste von Nevada erreichen will. Gewinne sind mit den vielen kühnen Vorhaben auf absehbare Zeit nicht erzielbar. Am Ende des Tages verkauft Tesla auch nur fahrbare Untersätze.
Trotz dieser Unwägbarkeiten klettert die Aktie von 23 Dollar beim Börsengang auf derzeit 257 Dollar, was einem Börsenwert von 32 Milliarden Dollar entspricht. 2013 liefert Tesla rund 25.000 Limousinen aus. Daimler bringt es auf 1,4 Millionen Fahrzeuge und auf einen aktuellen Börsenwert von 84 Milliarden Dollar.
Der Höhenflug veranlasst Daimler, im Oktober seinen knapp zehnprozentigen Anteil an Tesla zu veräußern. Es ist ein glänzendes Geschäft. Für seinen 50-Millionen-Dollar-Einsatz, der einst Tesla rettete, erhält Daimler 780 Millionen Dollar.
Aufbruch in ferne Welten
Tesla mehr als zehn Jahre lang gegen viele Widerstände am Leben zu erhalten ist an sich schon eine Lebensleistung.
Das ist umso bemerkenswerter, weil Musks „ganz große Leidenschaft die Raumfahrt ist“, sagt sein Bruder Kimbal. „Tesla ist nur eine Station für ihn“, bekräftigt Biograf Vance. In seiner Kindheit hat den Bücherwurm Musk verstört, dass eines Tages die Menschheit aussterben muss, da die Erde nicht mehr bewohnbar sein wird. Bis ihm die Lösung dämmert. „Technologie wird die Menschheit retten, weil sie mit ihrer Hilfe zu anderen Welten aufbrechen kann“, sagt Musk. Er hat sogar schon einen geeigneten Planeten für eine Kolonie ausgemacht: den Mars.
Zur internationalen Raumstation hat es sein Dragon-Raumschiff schon geschafft. Im Mai 2014 dockte es dort an. Doch bis zum Mars ist es ein weiter Weg – im günstigsten Fall 56 Millionen Kilometer.
Musk ist wie immer überoptimistisch, er hält die Reise hin und zurück in 20 Jahren für machbar. Er wäre dann über 60 und unter den ersten Passagieren für den wahrscheinlich 250 Tage dauernden Hinflug.
Als ihn ein Reporter des britischen „Guardian“ fragt, was auf seinem Grabstein auf dem Mars stehen solle, falls er es tatsächlich dorthin schafft und eine Kolonie errichtet, hat Musk sogar dafür eine Antwort parat: „Holy shit, ich bin auf dem Mars, kannst du es glauben?“