Photokina Fotografie funktioniert jetzt spiegellos

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Welche Zukunft haben Spiegelreflexkameras?

Leichter, leiser (weil ohne Spiegelschlag) und kompakter – angesichts so vieler Vorteile drängt sich die Frage nach der Zukunft der Spiegelreflexkameras geradezu auf. Takami Tsuchida, langjähriger Europa-Chef bei Nikon und nun globaler Marketingverantwortlicher fürs Kamerageschäft, spricht aus, was auf dieser Photokina viele denken: „Ich halte es für durchaus denkbar, dass die Spiegellosen die klassischen SLRs in ein paar Jahren weitgehend vom Markt verdrängen.“

Ob die neuen High-End-Kameras die Implosion der klassischen Kamerawelt insgesamt aufhalten können, ist offen. Längst haben Smartphones das Segment der billigen digitalen Kompaktkameras so gut wie ausgelöscht. Rund 23 Millionen neuen Smartphones – die alle auch mindestens als Alltagsknipse funktionieren – stehen in diesem Jahr nur noch gerade mal 1,25 Millionen neue Kompaktkameras gegenüber. Vor fünf Jahren waren es noch rund dreimal so viele.

Smartphones weiter auf Kamera-Jagd

Mit der Folge, dass das ehemalige Massengeschäft der Fotobranche inzwischen wirtschaftlich auf das Niveau der System- beziehungsweise der Spiegelreflexkameras geschrumpft ist und im laufenden Jahr wohl ebenfalls nur noch rund 290 Millionen Euro Umsatz liefern wird. Und der Anteil wird weiter schrumpfen, angesichts immer besserer Smartphone-Kameras, die inzwischen – jedenfalls in den Top-Modellen – in fast allen Alltagssituationen gute bemerkenswerte Bilder liefern.

Erst wenn starke Zoom- oder Weitwinkelperspektiven gefragt sind, oder wirklich große Lichtstärke, also bei Dämmerungs- oder Nachtaufnahmen oder bei schnellen Bewegungen und kurzen Belichtungszeiten, zeigt sich die deutliche Überlegenheit guter Systemkameras, egal ob mit kleineren Sensoren oder (erst recht) mit Vollformat-Chips.

Das belegt, warum der Einstieg ins Geschäft mit den spiegellosen Profikameras für die Branchengrößen so zukunftsentscheidend ist. Denn hier können sie sich noch von der Handy-Konkurrenz absetzen. Zudem liefern die hochpreisigen Modelle zwar keine Stückzahlen, wohl aber eine deutlich bessere Marge – ähnlich wie im Autobau, wo nicht die Massen- sondern die Oberklassemodelle für die Hersteller traditionell die großen Gewinnbringer sind.

Dazu kommt: Das kleine, aber feine Marktsegment verdient nicht bloß das meiste Geld, es entscheidet auch über das Image der Marke. Dass Canon und Nikon dem Angreifer Sony bei den edlen Spiegellosen fünf Jahre lang das Feld überlassen haben, war daher hochgradig riskant.

Ob es auch ein Fehler war, weil der einstige Verfolger den Etablierten womöglich schon enteilt ist oder das Bündnis aus Leica, Panasonic und Sigma zur neuen Macht heranwächst, zeigt sich nach der Photokina, wenn Nikons Z-Serie und Canons EOS-R in den kommenden Wochen in die Läden kommen.

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