




Die Innovationszyklen von Unterhaltungselektronikprodukten sind extrem kurz. Smartphones, Digitalkameras, Computer oder Fernseher – alle sechs bis zwölf Monate kommen neue Modelle auf den Markt. Doch es gibt eine große Ausnahme: Spielkonsolen. Das Sony- Flaggschiff Playstation 3, der Marktführer in Deutschland, ist bereits sieben Jahre alt. Sein wichtigster Konkurrent, die Xbox 360 von Microsoft, sogar noch ein Jahr älter. Nur Nintendo, das auf weniger bolidenstarke Konsolen setzt, hält seine Modelle frischer. Die neueste Generation der Wii-Konsole, die Wii U, ist seit Dezember auf dem Markt.
Doch jetzt ziehen Sony und Microsoft nach. Beide treten im Herbst mit Nachfolgern ihrer Methusalem-Modelle an. Die Schlacht wird so unerbittlich, wie einige der berüchtigten Konsolenballerspiele werden. Für beide Konzerne steht viel auf dem Spiel, besonders für Sony. Dessen neuer Chef Kazuo Hirai, der die Playstation einst mit aufbaute, will seinen angeschlagenen Konzern mit der Spielkonsole wieder aufrütteln und zum Glanz alter Zeiten führen. Sony fährt seit Jahren Verluste ein und ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Zeiten sind so schlimm, dass der Konzern jüngst sein 37-stöckiges Hochhaus in New York für 1,1 Milliarden Dollar versilbern musste.

Auch Microsoft-Chef Steve Ballmer muss etwas beweisen. Denn die Xbox 360 galt lange als Beleg, dass der Softwaregigant („Windows“, „Office“) auch mit Hardware und darauf abgestimmten Programmen punkten und Privatnutzer begeistern kann.
Doch es geht noch um viel mehr. Denn die Schlacht der Konsolen wird maßgeblich darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang die beiden Konzerne künftig am Spiele- und Unterhaltungsmarkt partizipieren können. Schon jetzt ist klar, dass die Spielkonsolen die letzten ihrer Zunft sein könnten und vor allem als Sprungbrett in einen sich rasch verändernden Markt dienen: einen Markt, der nicht von einer Konsole, sondern von einer Vielzahl von Abspielgeräten geprägt sein wird, vor allem von Smartphones und Tablets, aber auch Fernsehern mit Internet-Anschluss.
Das Interesse an Konsolen hat sich in den vergangenen Jahren merklich abgekühlt. Verkaufte Sony die Playstation 2 bislang 150 Millionen Mal, gingen von der Playstation 3 nur noch rund 77 Millionen über den Ladentisch. Konkurrent Microsoft verkaufte die Xbox 360 nach eigenen Angaben bislang 76 Millionen Mal. Ähnlich die Situation in Deutschland: Der Absatz von Nintendos Wii ist zwischen 2008 und vergangenem Jahr um vier Fünftel auf zuletzt rund 250.000 Geräte eingebrochen; die Verkäufe von Playstation 3 und Xbox 369 schrumpfen seit zwei Jahren (siehe Grafik).
Und während Spiele auf Smartphones und Tablets boomen, kriselt die Videospielbranche. Im vergangenen Jahr lag ihr weltweiter Umsatz laut Lewis Ward, Analyst beim US-Marktforschungsunternehmen IDC, zwischen 16 und 17 Milliarden Dollar. Im Jahr zuvor waren es noch 18 Milliarden Dollar. „Die Umsätze fallen seit einigen Jahren“, sagt Ward.
Das liegt nicht nur an den alternden Konsolen, sondern auch an den Preisen für hochwertige Videospiele, die im Schnitt mindestens 50 Dollar kosten. Zwar sind Komplexität und Effekte von Smartphone-und Tablet-Spielen wie Angry Birds der finnischen Spieleschmiede Rovio nicht annähernd vergleichbar mit epischen Videospielen wie Call of Duty oder Halo, deren Produktionskosten nahe an den Aufwand für Hollywood-Blockbuster heranreichen. Dafür kosten solche Smartphone-Spiele allerdings oft auch gar nichts oder bescheidene 99 Cents.
Die Strategie von Sony und Microsoft ist deshalb klar. Sie wollen die Welle der Konsolen noch einmal kräftig schüren und reiten, um Hardcore-Spieler zufriedenzustellen. Sodann aber sollen sie dazu beitragen, die eigenen Spiele und Unterhaltungsprodukte auf möglichst viele Geräte zu tragen. Schon heute werden in den USA die Spielkonsolen auch genutzt, um auf den populären Online-Film- und -TV-Serien-Verleiher Netflix zugreifen zu können.