Herr Zec, zahlreiche vernetzte Produkte haben in diesem Jahr den Red Dot Award bekommen. Ist das Internet der Dinge schon Alltag?
Die steigende Zahl überrascht mich jedenfalls nicht. Unsere Jurymitglieder, die sich mit Smartphones und Computern, aber auch Fernsehern und Kühlschränken beschäftigen, sehen seit Jahren: Viele Kunden wünschen sich, die Dinge miteinander zu verbinden. Nun beobachten wir, dass sich die Vernetzung in anderen Produktgruppen fortsetzt.
Wie zum Beispiel beim Futternapf oder dem Reiskocher...
Wir haben in diesem Jahr auch einen Roboter ausgezeichnet, der den Haushalt schmeißen soll.
Zur Person
Peter Zec leitet seit 1991 das international renommierte Design Zentrum Nordrhein-Westfalen und ist Initiator und CEO des Designwettbewerbs Red Dot. Von 2005 bis 2007 war er als erster Deutscher Präsident des internationalen Dachverbandes der Industriedesigner.
Wer braucht so etwas?
Der Haushalt steht nun mal jedem Menschen nahe, damit müssen wir uns zwangsläufig täglich auseinandersetzen. Deswegen ist er für viele Hersteller die richtige Herausforderung.
Was bedeutet der Trend zur Vernetzung für die Produktgestalter?
Es gibt derzeit noch große Probleme, die Geräte unkompliziert zu vernetzen. Eine leichte Bedienung ist nun mal ein Wesensmerkmal guter Produktgestaltung. Ich habe neulich einen BB-8 gekauft, die Roboterfigur aus Star Wars. Der ist nicht mehr kompatibel mit etwas älteren Smartphones, das ist für den Nutzer ein Problem. Die Standards sind noch gar nicht festgelegt und entwickelt, genau das ist aber nötig. Für die Gestaltung bedeutet eine Festlegung der Technik immer auch eine Standardisierung der Produkte.
Sie werden sich immer ähnlicher?
Ja. Das sehen wir auch jetzt schon. Wenn die Funktion sich im Inneren abspielt und einen Service darstellt, dann arbeiten wir nur noch mit „Black Boxes“. Die äußere Gestaltung verliert mehr und mehr an Bedeutung. Das bedeutet nicht, dass sie x-beliebig aussehen kann – eine gewisse Eleganz bleibt erforderlich. Aber die große Gestaltungsvielfalt im Äußeren ist nicht mehr gefragt.
"Die Aufgabe für Designer wird komplizierter"
Heißt das, dass gutes Aussehen von Produkten auf lange Sicht unwichtig wird?
Nein, denn diese Dinge sind lediglich ein Ausschnitt. Wir erleben derzeit beispielsweise auch ein Revival der Fahrräder. Was da an neuer Gestaltung auf den Markt kommt, ist sensationell. So wird es immer Produkte geben, die sich der Uniformität entziehen, weil sie mindestens zu einem Teil mechanisch sind, sich also nicht in das digitale Internet der Dinge einbinden lassen oder lassen wollen. Bei Smartphones sehen wir, dass es Apple gelingt, sich durch Materialwahl und die entsprechende Haptik nach wie vor zu unterscheiden. Aber je weniger Parameter für die Gestaltung zur Verfügung stehen, desto schwieriger wird es für die Produkte sein, sich zu differenzieren. Die Aufgabe für Designer wird also komplizierter.
Brauchen Designer daher künftig andere Qualifikationen als bisher?
Drei Fragen an den Schuhdesigner
Das ist einer der zentralen Punkte in der heutigen Situation. In den Fünfziger- und Sechzigerjahren hatten viele Gestalter auch ein Ingenieurstudium absolviert. Durch den Personenkult um Designer in den Lifestylemedien hat der Beruf eine hohe Attraktivität gewonnen. Die Studiengänge haben aber nicht zwangsläufig mit der technologischen Entwicklung Schritt gehalten. Design wird im Studium oft auf Ästhetik reduziert. Der Designer der Zukunft muss sich aber auch sehr gut mit Informationstechnologie auskennen. Er muss wissen, welche Standards existieren.
Müssen dann auch die Juroren von Designpreisen wie dem Red Dot neue Kriterien entwickeln?
Nein, denn es geht immer um die optimale Gestaltung, damit der Nutzer die Produkte einfach anwenden kann. Diese Gegenstände müssen in unser Leben integrierbar sein. Wir beurteilen also auch jedes IT-Gerät danach, wie gut die Qualität der Funktion ist. Ein Produkt, das nicht vernünftig funktioniert, fällt damit auch im Design durch. Die Designebene verlagert sich aber.
Was meinen Sie damit?
Es geht um das Interface, also den Bereich, in dem der Mensch das Gerät benutzt. Das ist in vielen Fällen inzwischen ein Display oder die App im Smartphone. Die interaktive Funktion muss gestaltet werden – und das ist die Herausforderung für den Designer. Für die Juroren heißt das zum Beispiel, dass alle eingereichten Produkte so weit unter Strom sein müssen, dass wir sie in Betrieb nehmen können. Wir bewerten auch die Benutzerführung der App. Wir erwarten künftig sogar noch mehr Nutzerfreundlichkeit. Wenn die Geräte sich schon selber steuern, dann sollen sie möglichst auch unsere Wünsche kennen – und sie uns im Idealfall von den Augen ablesen.