Roboter erobern den Herd Die Küche von morgen kocht selbst

Eine gute Nachricht für alle Kochmuffel: Die Küche von morgen kauft selbst ein, spricht mit uns und zaubert Essen wie ein Sternekoch. Was die metallenen Helfer alles können.

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In Zukunft kocht die Küche ganz alleine Quelle: PR

Wenn die Suppe versalzen ist, so heißt es, ist der Koch verliebt. Wenn aber Mark Oleyniks Leibkoch einen Fehler macht, ist der nicht etwa amourös verwirrt; er ist einfach nur falsch programmiert. Denn Oleynik ist Gründer des britischen Start-ups Moley Robotics. Und der Koch in seinem Londoner Labor ist kein Mensch, sondern ein Roboter.

Zwei Arme aus Stahl und Kunststoff hängen dort in einer Küchenzeile über dem Herd. Fingerfertig wie ein geübter Koch wirbeln sie mit Pfannen und Schneebesen, Flaschen und Messbechern. Behände fassen die Greifer nach Schälchen mit Butter, Zwiebeln und Tomaten, geben Zutaten in den Topf, rühren und füllen am Ende die Suppe mit der Kelle auf die Teller. „Hier“, sagt Oleynik, „entsteht die erste vollautomatische Küche.“

Um seinem Küchenlehrling die Fertigkeiten eines Sternekochs beizubringen, lädt Oleynik regelmäßig Profis in sein Kochlabor. Jeden ihrer Handgriffe filmt der britische Ingenieur dabei mit 3-D-Kameras, digitalisiert sie und überträgt die Zubereitungsschritte schließlich auf die Roboterarme.

Kochen wie in der Enterprise
June Intelligen Oven Quelle: PR
Robo-Koch Quelle: PR
High-Tech-HerdDer neue Herd aus der Chef Collection des koreanischen Elektronikherstellers Samsung kocht mit Induktionsfeldern – imitiert aber einen Gasherd: LED-Lampfen projizieren virtuelle Flammen auf den Kochtopf. So sieht der Küchenchef auf einen Blick, wie heißt die Platte ist.Samsung Chef collection Range Quelle: Screenshot
Cleverer Kressezüchter Quelle: PR
Grove Labs Quelle: Screenshot
Schnellkocher GenieEin wenig beachteter Vorzug des Star-Trek-Universums ist, dass an Bord von Raumschiff Enterprise niemand kochen und das Geschirr abwaschen muss. Stattdessen kommt das Essen aus einem Gerät namens Replikator, das auf Zuruf binnen Sekunden jede gewünschte Mahlzeit auftischt.Ayelet Carasso and Doron Marco glauben, dass es an der Zeit ist, einen solchen Kochautomaten tatsächlich in die Küchen zu bringen. Die beiden Gründer aus Israel haben ein Gerät entwickelt, das binnen 30 Sekunden die verschiedensten Gerichte zubereitet. Es ähnelt einer modernen Kaffeemaschine, und es funktioniert auch so: Man stecke eine faustgroße Kapsel mit gefriergetrockneten Nahrungsmitteln in den silbernen Kasten und drücke auf einen Knopf. Daraufhin rührt und mixt und wässert die Maschine das Instant-Essen, bis einen Augenblick später eine warme Mahlzeit herauskommt.Ob Couscous mit Gemüse, Hühnchen an Reis, Ramen oder Schoko-Soufflee – diverse Köstlichkeiten sollen sich mit dem Schnellkochapparat schneller als eine Tütensuppe produzieren lassen, beteuern die Gründer. Schon nächstes Jahr möchten sie den Sprint-Kocher für daheim auf den Markt bringen, für nur ein paar hundert Dollar. Quelle: PR
Alles in einen Topf Quelle: PR

Die imitieren später aufs Genauste jede Bewegung. Zusätzlich sollen sie per Kamera erkennen, wo welche Zutat auf der Arbeitsfläche bereitliegt. Der Automat, versichert sein Erfinder, greife sich bald sogar Zutaten aus dem Kühlschrank und schnibbele Gemüse mit dem Messer.

So viele digitale Innnovationen wie lange nicht mehr

Das klingt wie Science-Fiction, und es sieht auch so aus. Trotzdem will Moley Robotics schon 2017 den ersten Robo-Koch auf den Markt bringen, inklusive Herd, Mikrowelle und Küchenzeile. Die erste Version – mehr Kleinstserie als Massenprodukt – soll 72.000 Dollar kosten. Doch schon ein Jahr später hofft der Designer die Technik dank des Preisverfalls bei Elektronik und Robotik für 15.000 Dollar anbieten zu können. Das wäre kaum teurer als mancher analoge High-End-Kochtempel von heute.

Industrial Internet, Advanced Manufacturing und Vernetzung sind die Faktoren, die die Zukunft der Arbeit bestimmen.

Per Handy-App lädt der Gourmet dann Rezepte wie andere heute Popsongs aus dem Netz. Ein Tipper aufs Display, schon lässt der Küchenchef aus Stahl und Software Gemüse dünsten und Steaks brutzeln.

Noch sind das Ankündigungen. Doch ihren Live-Test hat die Technik schon bestanden: Auf der Hannover Messe im April servierten Oleyniks Robo-Arme Besuchern bereits automatisch zubereitete Suppe.

Kulinarisches aus Computer-Hand – die Vorstellung muss nicht jedem schmecken. Aber der Trend ist eindeutig: Rund um den Herd gibt es derzeit so viele digitale Innovationen wie lange nicht mehr.

Ikea zeigt die High-Tech-Küche

Das Internet der Dinge, die Verschaltung elektronischer Geräte mit den weltweiten Datenströmen, macht sich – nach Büro, Wohnzimmer und Produktion – nun auch mit Wucht in der Küche breit. „Im Jahr 2020 werden alle unsere Hausgeräte vernetzt sein“, verspricht Boo-Keun Yoon, Co-CEO des südkoreanischen Elektronikriesen Samsung.

In diesen Küchen regiert das Design
Der Küchenhersteller Schüller setzt auf wuchtige Holzschränke aus Alt-Eiche und geradlinige Fronten aus mattem Glas in Indigoblau. Quelle: PR
Küchengeräte und Vorräte verschwinden bei Schüller hinter großen Holz-Türen - die Schränke erinnern damit immer mehr an Wohnwände, als an Küchenregale. Quelle: PR
Diese Küche hat Poggenpohl zusammen mit dem Design-Team von Porsche gebaut. Auftrag: Eine Küche für den Mann. Quelle: PR
Kronleuchter, Glas und gläzende Fronten: SieMatic betont bei diesem Vorführmodell aus dem Showroom in New York auf das Zusammenspiel von verschiedenen Materialien. Quelle: Siematic
Die Amerikaner mögen es klassisch: Weiße Fronten, kleine Griffe und Schränke mit Konturen sind dort noch immer sehr beliebt, sagt SieMatic-Marketingexperte Jörg Overlack. Auch dieses Modell ist Bestandteil des Showrooms in New York. Quelle: Siematic
Auch Deutschlands größter Küchenhersteller Nobilia löst die Trennung zwischen Küche und Wohnzimmer auf: Hier befindet sich der Herd fast direkt neben dem Fernseher. Quelle: PR
Auch Fronten in auffallenden Farben bietet Nobilia an. Quelle: PR

Es ist beileibe nicht der einzige Hersteller, der Technik-Fans, Gourmets und Vitaminjunkies spannende Zeiten am Herd verspricht: Gerade erst hat etwa der schwedische Möbelriese Ikea einen Vorgeschmack auf die High-Tech-Küche der Zukunft gegeben. Das Designerstück voller vernetzter Küchenelemente reicht von der interaktiven Displaytischplatte bis zu modularen Kühlboxen, die den Eisschrank ersetzen.

Die Küche von morgen, wie sie Trendforscher sich vorstellen, verspricht, unsere Ernährung gesünder zu machen und den Genuss vielseitiger denn je – sofern wir uns darauf einlassen, dass bald sogar der Herd Daten ins Internet spielt.

So viel ist klar: Es bleibt kein Kochlöffel auf dem anderen. Vom Einkaufen über die Vorratshaltung bis zum Zubereiten verändern sich alle Zutaten der Küchenwelt.

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