Seinem neuen Smartphone aus der Galaxy-Reihe, dem Galaxy S3, hat Samsung viel aktuelle Hardware spendiert: einen Quadcore-Prozessor aus der eigenen Exynos-Reihe, einen großen Smartphone-Bildschirm und massig Netzwerktechnik. Mit neuen Softwarefunktionen will Samsung auch den Bedienungskomfort erweitern und mit seinem Konkurrenten Apple gleichziehen. Herausgekommen ist dabei die Sprachsteuerung S Voice, die zumindest auf Deutsch gegenwärtig größtenteils unbenutzbar ist. Außerdem hat Samsung seinen Music-Hub-Dienst nochmals erweitert, der eine ernsthafte Konkurrenz zu iTunes und Co. werden könnte.
Plastikhülle mit runden Ecken
Zunächst wirkt Samsungs Galaxy S3 ziemlich groß. Werden die Maße in Zahlen verglichen, ist der Unterschied zum Vorgänger Galaxy S2 jedoch nicht so umfangreich. Mit 136,6 x 70,6 x 8,6 mm ist es nur um 4,5 mm breiter und nicht einmal 1 cm höher als das Galaxy S2. Das Galaxy Nexus misst 135,5 x 67,9 x 8,9 mm. Vom Galaxy Nexus hat das Galaxy S3 weitgehend das Design übernommen, vor allem die auffällig abgerundeten Ecken.
Das Gehäuse ist komplett aus Plastik. Auch dadurch wiegt das Galaxy S3 vergleichsweise wenig: 132 Gramm. Das Galaxy Nexus mit seinem Metallrahmen wiegt mit 139 Gramm nur 7 Gramm mehr. Das Galaxy S2 ist mit 115 Gramm wesentlich leichter.
Verkauftsstart für neues Samsung Smartphone
Display ohne Grünstich
Das Display des Galaxy S3 ist mit 4,8 Zoll nur wenig größer als das des Galaxy Nexus von Samsung. Es hat eine Auflösung von 1.280 x 720 Bildpunkten. Zum Vergleich: Das Display des Galaxy Nexus misst 4,65 Zoll in der Diagonalen und das des Galaxy S2 hat eine Bilddiagonale von 4,27 Zoll. Das neue Smartphone ist mit Samsungs eigener Super-Amoled-Technik ausgestattet, die für kontrastreiche Farben sorgt. Der noch bei den Vorgängern deutlich sichtbare Grünstich ist fast komplett verschwunden.
In den Einstellungen unter Anzeige, Bildschirmmodus lässt sich zusätzlich die Option Video auswählen, bisher gab es nur die Optionen Dynamisch, Standard und Natürlich. Bei der Einstellung Natürlich leuchten die Farben auf dem Display nicht mehr ganz so intensiv, sie sind dann in etwa vergleichbar mit denen des Retina-Displays des iPhones 4S in den Standardeinstellungen. Das Display ist unter Cornings Gorilla-Glas in Version 2 verborgen, das auf der CES 2012 vorgestellt wurde.
Im direkten Sonnenlicht ist das Galaxy S3 nicht ganz so gut lesbar wie das Galaxy Nexus. Außerdem reagiert der Helligkeitssensor etwas übereifrig, bei einigen Lichtverhältnissen schaltete die Helligkeit mehrmals hin und her.
Quadcore von Samsung
Der verbaute SoC (System-on-a-Chip) namens Exynos 4412 stammt von Samsung selbst und basiert auf ARMs Cortex A9. Alle vier Kerne sind mit bis zu 1,4 GHz getaktet. Die Prozessoren sind in 32-Nanometer-Technik gefertigt und sollen demnach energiesparender sein als die Vorgänger mit 45 Nanometern. Laut Spezifikationen beginnt die Taktung der Kerne des Exynos 4412 bei 200 MHz und kann theoretisch auf 1,5 GHz hochgeschraubt werden. Als Grafikeinheit kommt eine von ARM stammende Mali-400-GPU zum Einsatz, die ebenfalls vier Kerne hat und übertaktet ist.
Das Galaxy S3 startet in 12 Sekunden, das HTC One X braucht hingegen 20 Sekunden und das Galaxy Nexus benötigt ganze 35 Sekunden, bis die SIM-Karte entsperrt werden kann.
In Benchmarktests weit vorne
Im Benchmark Nenamark 2 schaffte das Galaxy S3 satte 56 Frames pro Sekunde. Zum Vergleich: Das HTC One X mit dem Tegra-3-Chipsatz schaffte lediglich 47,5 Frames pro Sekunde. Das Samsung Galaxy Nexus erreichte mit 24,7 Frames pro Sekunde nur die Hälfte. Beim GLBenchmark lag das neue Smartphone von Samsung ebenfalls vorne: Im Standardbenchmark Egypt erreichte das Galaxy S3 rund 58 Frames pro Sekunde, das HTC One X hingegen etwas mehr als 54 Frames pro Sekunde.
Im Javascript-Benchmark Sunspider glänzt das neue Smartphone von Samsung mit 1.450 Millisekunden. Das HTC One XL schaffte mit seinem Zweikernprozessor immerhin nur 1.500 Millisekunden, das HTC One X hingegen erreichte nur etwa 1.720 Millisekunden. Damit liegt das Galaxy S3 in allen Benchmarks deutlich vor anderen aktuellen Android-Boliden. Für die Glaubenskrieger: Das iPhone 4S schaffte den Sunspider-Benchmark gerade mal in durchschnittlich 2.220 Millisekunden.
Die Schreibgeschwindigkeit auf den in unserem Testgerät verwendeten Flash-Speicher mit 16 GByte betrug 13,7 MByte/s, die Lesegeschwindigkeit lag bei 34,4 MByte/s. Beim HTC One X beträgt die Schreibgeschwindigkeit laut Antutu-Benchmark 25,4 MByte/s, die Lesegeschwindigkeit 38 MByte/s. Auf dem Samsung Galaxy Nexus beträgt die Schreibgeschwindigkeit 8 MByte/s und die Lesegeschwindigkeit 23,4 MByte/s. Damit liegen die Werte des Galaxy S3 zwischen denen der beiden anderen Geräte.
Gute Akkulaufzeit
Der Lithium-Ionen-Akku mit 2.100 mAh und etwas weniger als 8 Wattstunden ist auswechselbar. Nach vier Stunden Videowiedergabe lag die Akkuladung noch bei 60 Prozent - ein Spitzenwert! Damit bestätigen sich die guten Akkuwerte des Galaxy S3, die GSM Arena festgestellt hatte. Im normalen Gebrauch, etwa mit Surfen, Telefonieren, ein bisschen Fotografieren, "Google Maps samt GPS-Modul für eine kurze Orientierungsphase"-Benutzen und ein wenig Angry-Birds-Spielen, musste das Gerät allerdings am gleichen Tag wieder an das Ladegerät.
Die Hitzeentwicklung des Quadcore-Prozessors des Samsung Galaxy S3 ist geringer als die des Tegra im HTC One X. Wärmer als 32 Grad wurde das Smartphone erst bei rechenintensiven Benchmarks. Dabei erhitzte sich das Galaxy S3 auf maximal 40 Grad. Die Wärme war am Plastikgehäuse kaum spürbar. Zum Vergleich: Das HTC One X wurde bis zu 50 Grad heiß, was am Metallring des Objektivs deutlich und negativ zu spüren war.
Gut vernetzt
Die Netzwerkausstattung ist überdurchschnittlich: Neben dem üblichen HSPA-Modul hat das Galaxy S3 auch einen WLAN-Chip, der sich nach 802.11 a/b/g/n mit dem Internet verbindet und somit auch im 5-GHz-Bereich funkt. Ferner kann Samsungs Galaxy S3 über NFC kommunizieren. Mit der eigenen Erweiterung S Beam wird die Übertragung per NFC mit Wifi-Direct erweitert. Damit lassen sich auch größere Dateien schnell zwischen Geräten austauschen, etwa Fotos und Musikstücke. Die Größenbegrenzung liegt laut Samsung bei 1 GByte. Allerdings funktioniert die Übertragung nur zwischen Geräten, die mit S Beam ausgestattet sind, und das ist bislang nur das Galaxy S3.
Bluetooth beherrscht das Galaxy S3 in Version 4.0. Das Smartphone lässt sich auch als WLAN-Hotspot nutzen. Damit fehlt dem Gerät lediglich ein LTE-Modul. Der GPS-Empfänger reagiert nach dem Start binnen Sekunden und lässt sich auch in Innenräumen nutzen.
Verbesserungen in Android 4.0.4
Auf Samsungs neuem Galaxy-Modell läuft Android 4.0.4, dem Google-Entwickler ebenfalls neue Funktionen spendiert haben. Die Gesichtserkennung für das Entsperren des Geräts wurde verbessert. Das Gesicht lässt sich nun mehrmals scannen, etwa mit oder ohne Brille, rasiert oder unrasiert, mit Beehive-Frisur oder Ponyschnitt und bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Dadurch soll die Gesichtserkennung zuverlässiger funktionieren. Auch die fast unmittelbare Aufnahme nach dem Drücken des Auslösers in der Kameraapplikation ist eine Verbesserung, die in alle Android-Versionen ab 4.0.3 integriert wurde. Ander virtuellen Tastatur hat sich nichts geändert und sie wurde auch nicht von Samsung erweitert.
Im Standardbrowser lässt sich mit Verkleinern per Pinch-and-Zoom bequem die Tab-Übersicht aufrufen, dazu muss aber die aktive Webseite bereits auf das Minimum verkleinert sein. Der Benachrichtigungsbereich hingegen ist eine von Samsung hinzugefügte Erweiterung, die in der aktuellen Version mit weiteren Schaltflächen ausgestattet ist, etwa dem Fahrzeugmodus, bei dem auch die Spracherkennung und -steuerung S Voice von Samsung zum Einsatz kommen soll.
S Voice spricht nicht gut Deutsch
S Voice steckt noch tief in der Betaphase. Sie basiert auf Vlingo und ist nicht zu verwechseln mit der Spracheingabe von Android, die sich beispielsweise über das Mikrofonsymbol in der Google-Suche starten lässt.
S Voice macht Übersetzungsfehler und entpuppt sich als weitgehend unbrauchbar, wenn es um komplexe Spracheingaben geht. So soll S Voice beispielsweise Anwendungen starten können. Den Rechner konnten wir erst nach wiederholten Befehlseingaben aufrufen. Die Fotoapplikation, die sich in der englischen Variante problemlos starten ließ, konnten wir in der deutschen Version hingegen gar nicht öffnen.
Weitgehend ohne Probleme ließen sich mit S Voice hingegen Kontakte durchsuchen, Telefonate tätigen und SMS verschicken. Allerdings war der Inhalt der SMS oftmals nicht der, den wir eingesprochen hatten - hier versagte S Voice abermals. Auch die Verarbeitung der Befehle, die wie bei Siri auf einen Server geschickt werden, ist noch deutlich langsamer als beim Apple-Pendant. Hier muss Samsung unbedingt nachbessern, wenn S Voice nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Menschen mit Behinderungen tauglich sein soll.
Neue Touchwiz-Funktionen
Samsung hat seiner Touchwiz genannten erweiterten Benutzeroberfläche einige neue Funktionen gegeben. Die Direct Call genannte Erweiterung zur automatischen Wahl einer Telefonnummer funktioniert gut. Dabei wird die Rufnummer eines geöffneten Kontakts gewählt, sobald der Anwender das Smartphone ans Ohr hält. Das funktioniert auch, während eine SMS geschrieben wird. Direct Call wählt dabei in den Kontakten stets die erste eingetragene Rufnummer aus. Allerdings muss der Anwender danach in einem Dialogfeld auswählen, ob der Anruf per GSM oder über Skype erfolgen soll. Die Auswahl lässt sich dort aber einmalig als Standard festlegen.
Der intelligente Schlafmodus soll für unterbrechungsfreien Lesegenuss sorgen. Solange die Vorderkamera ein Gesicht erkennt, wird der Schlafmodus deaktiviert. Das funktionierte bei zwei Redakteuren nicht, was zu Spekulationen über deren Gesichtsform und Augenplatzierung führte. Bei drei anderen Redakteuren funktionierte der intelligente Schlafmodus hingegen problemlos. Bei einem Redakteur funktionierte die Erweiterung nicht immer.
Samsung präsentiert seinen iPhone-Rivalen
Kamera mit HDR
Die Bilder mit der Kamera des Galaxy S3 sind weitwinkliger als die mit der Kamera im iPhone 4S aufgenommenen. In puncto Kontrast und Farbechtheit sind die Bilder der beiden Geräte jedoch vergleichbar. Mit der HDR-Funktion schließt Samsung zur Funktionalität der Fotoapplikation des iPhones 4S auf. Bei HDR-Fotos speichern beide Geräte auf Wunsch das Original samt einer mit der Mehrfachbelichtung bearbeiteten HDR-Variante. Auf den HDR-Fotos des Samsung Galaxy S3 haben die sonst dunkleren Teile mehr Details als die mit dem iPhone 4S aufgenommenen HDR-Fotos, sie haben aber einen überdeutlichen Lichthofeffekt.
Das Galaxy S3 von Samsung gibt es seit dieser Woche in Deutschland mit 16 und 32 GByte Speicher. Zunächst ist nur die Version in Weiß verfügbar, später soll auch die blaue Version angeboten werden. Noch gibt es in Deutschland aber Lieferprobleme. Eine Version mit LTE wird hierzulande bislang noch nicht angeboten.
Kann das S3 überzeugen?
Das Galaxy S3 kann bei E-Plus zur monatlichen Miete von 26 Euro über eine Laufzeit von zwei Jahren erworben werden. Bei O2 beträgt die monatliche Rate 25 Euro über eine Laufzeit von zwei Jahren, dazu kommt noch eine Einmalzahlung von 49 Euro. Je nach Kosten des Tarifs liegen die Gerätepreise bei der Telekom zwischen 1 Euro und 380 Euro. Galaxy S3 mit 16 GByte Speicher kostet im Onlinehandel ohne Vertrag knapp 600 Euro. Das Modell mit 32 GByte kann derzeit für um die 700 Euro bestellt werden und die Variante mit 64 GByte kommt auf etwa 800 Euro. Wann diese beiden Ausführungen auf den Markt kommen werden, ist noch offen.
Fazit
Das Galaxy S3 hinterlässt etwas gemischte Gefühle: Einerseits glänzt es bei Benchmarks und lässt selbst HTCs Vierkern-Smartphone One X mit seinem Tegra-Chipsatz teils weit hinter sich.
Anderseits stellt sich dabei die Sinnfrage, denn außer für Spiele dürften die wenigsten Anwender noch kräftigere CPUs und GPUs benötigen. Auch auf einigermaßen leistungsfähigen Zweikernprozessoren und ordentlicher GPU machen Smartphones bereits das, was von ihnen erwartet wird: Auf Webseiten lässt sich flüssig scrollen, Videos laufen ruckelfrei und die Kamerafunktionen werden immer besser, auch wenn sie an die Qualität von aktuellen Pocketkameras noch nicht herankommen.
Samsung hat seine aktuellen Komponenten jedoch gut verarbeitet. Trotz vier Kernen wird das Smartphone beispielsweise nicht heiß. Dass Samsung sein aktuelles High-End-Gerät auch als Multimediaplattform verkaufen will, zeigt sich an der optimierten Akkulaufzeit bei der Videowiedergabe. Im Normalbetrieb muss das Smartphone jedoch wie alle anderen aktuellen Android-Geräte mindestens täglich aufgeladen werden.
Dass die Spracherkennung S Voice noch nicht vollständig übersetzt ist und beworbene Funktionen nicht funktionieren, lässt sich vielleicht verschmerzen, zumal sich die Spracherkennung und -steuerung laut Samsung noch in der Entwicklungsphase befindet. Zusammen mit den Erweiterungen des eigenen Musikdienstes Music Hub wird die Stoßrichtung des koreanischen Konzerns abermals deutlich: Er will sich als direkter Konkurrent zu Apple platzieren.
Samsungs Galaxy S3 mit seinem eigenen Quadcore-Prozessor, dem ausladenden Display und kräftiger GPU setzt aber neue Standards. Dass das Smartphone komplett aus Plastik ist, ist Geschmackssache, immerhin ist es eines der leichtesten Geräte auf dem Markt. Mit einem Kaufpreis von 600 Euro ist es dabei nicht einmal das teuerste.