Softwareunternehmen Wie die SAP-Gründer um ihr Lebenswerk kämpfen

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Divergierende Akzente

Neuer Co-Chef McDermott
Der Quelle: AP

Darüber entscheiden letztlich, so viel steht fest, die drei Gründer und Großaktionäre. Denn sie kontrollieren insgesamt noch rund 27 Prozent der Anteile an SAP und verfügen über den größten Einfluss – allerdings mit divergierenden Akzenten.

Aufsichtsratschef Plattner besitzt mit einem Anteil von 10,4 Prozent am SAP-Stammkapital den größten Batzen aller Gründer. Er ist überzeugt, dass SAP auch in Zukunft allein überleben kann – vorausgesetzt, jetzt werden die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt. „Der Markt für Unternehmenssoftware steht an einem wichtigen technologischen Scheideweg“, betonte Plattner auf der Betriebsversammlung am vergangenen Montag. „Aus diesem Grund wäre es absolut dramatisch, würde SAP im Wartungsmodus verharren und nicht nach vorne stürmen.“ Auf gut Deutsch: Der Chefwechsel sei vor allem deshalb notwendig gewesen, damit SAP wieder angreift, statt sich weiter mit sich selbst zu beschäftigen.

Hopp, 69, hält etwas mehr als acht Prozent an SAP. Zwar gilt er neben Plattner bis heute als Führungspersönlichkeit des Konzerns, den er (Spitzname: „Vadder Hopp“) zwischen 1988 und 1998 als Vorstandschef leitete. Doch der Nimbus ist offenkundig schwächer geworden. Der gebürtige Heidelberger habe sich seit seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat im Jahr 2005 „emotional mehr und mehr von SAP entfernt“, berichten Personen aus seinem Umfeld. Überdies hat Hopp aus seiner Verehrung für Microsoft nie einen Hehl gemacht. „Mit Microsoft wäre es eine unschlagbare Verbindung für die Ewigkeit gewesen“, sagte Hopp Anfang 2006 im Interview zu Verhandlungen über einen Zusammenschluss beider Konzerne (WirtschaftsWoche 4/2006). Anfang 2004 hatten Microsoft und SAP über eine Fusion gesprochen, die Unterredungen aber in einem Frühstadium wegen möglicher Kartellprobleme abgebrochen.

Walldorfer Weltmarktführer

SAP

Tschira, 69, verwaltet über seine Stiftung rund 8,5 Prozent der SAP-Aktien. Der Freiburger saß zwar bis 2007 im SAP-Aufsichtsrat, er gilt in Unternehmenskreisen aber als derjenige, der die aktuelle Entwicklung am kritischsten betrachtet. So bezweifle Tschira, dass SAP in der gegenwärtigen Konsolidierung der IT-Branche eigenständig bleiben könne, heißt es. Einem fairen Zusammenschluss mit einem Konkurrenten würde er wahrscheinlich offen gegenüberstehen.

Möglicherweise hat sich der bisherige SAP-Chef Apotheker genau in eine solche Richtung bewegt. Jedenfalls verlautet aus dem Umfeld des Top-Managements, dass es Ende 2009 mehrere Treffen mit Chefs großer Wettbewerber gegeben habe. Worum es dabei ging, drang nicht nach draußen. Sollte Apotheker solche Gespräche mit Vertretern aus der Riege um HP, IBM oder Microsoft ohne Rückendeckung des Aufsichtsratsvorsitzenden Plattner geführt haben, hätte dieser darin mit Sicherheit einen persönlichen Affront gesehen. „Das würde die plötzliche Intervention und die Absetzung Apothekers erklären“, sagt ein Insider.

Die unterschiedlichen Meinungen von Plattner, Hopp und Tschira rührt aus divergierenden Einschätzungen über die Zukunftsfähigkeit von SAP. Zwar ist der Konzern mit den Wurzeln in Walldorf seit vielen Jahren Weltmarktführer für Unternehmenssoftware und steuert inzwischen die Prozesse von insgesamt 95.000 Unternehmen.

Zurückhaltung bei Zukäufen

Den großen Teil des Geschäfts macht SAP jedoch weiterhin mit seinen alten Stammkunden, den Großkonzernen. Diverse Vorstöße in Richtung Mittelstand oder komplett neuer Geschäftsfelder entpuppten sich als Rohrkrepierer – zumindest bisher: Geradezu exemplarisch für die krampfigen Ausflüge in neue Geschäftsfelder ist die Mittelstandssoftware Business By Design, an der SAP-Entwickler seit rund sieben Jahren programmieren und die trotz zweijähriger Verspätung immer noch nicht am Markt ist (WirtschaftsWoche 41/2009).

Dies war so lange kein Problem, wie das Stammgeschäft erkleckliche Erträge abwarf und die Kunden wenig Alternativen hatten. Doch die jahrelang komfortable Situation für SAP hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch gewandelt. Die IT-Branche entwickelt sich „von einer aufstrebenden zu einer reifen Industrie“, sagt David Mitchell, IT-Analyst beim britischen Marktforschungshaus Ovum.

So schwappt über die IT-Unternehmen seit rund zwei Jahren eine gewaltige Welle von Übernahmen und Zusammenschlüssen, durch die immer mehr Konglomerate aus Computerbauern, Softwareschmieden und IT-Dienstleistern entstanden sind. Deren Ziel ist es, einen immer größeren Anteil an der gesamten Wertschöpfung rund um die Computerei zu ergattern, indem sie Unternehmen – wie einst in den Siebzigerjahren – alles aus einer Hand anbieten (WirtschaftsWoche 33/2009). Fast alle Großen der Branche beteiligten sich an der Übernahmeschlacht. Nur SAP hat sich – bis auf die Übernahme des US-Wettbewerbers Business Objects Ende 2007 – mit größeren Zukäufen zurückgehalten.

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