Thomas Beschorner "Um als Massenphänomen aufzutreten, sind Sexroboter noch zu teuer"

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Puppen nach dem Abbild des Traumpartners

Wie groß schätzen Sie das Potenzial der Sexroboter ein?
Studien zeigen, dass sich zwei Drittel aller Männer der westlichen Welt vorstellen können, Sex mit einem Roboter zu haben. Doch um als Massenphänomen aufzutreten, sind die Sexroboter derzeit noch zu teuer. Ein Gerät kostet knapp 10.000 Euro, bei individuellen Wünschen bis zu 100.000 Euro.

Das heißt, man kann die Sexroboter je nach Traumpartner anpassen?
Ja genau! Sie können sich Exemplare nach dem Vorbild Ihres Ex produzieren lassen oder entsprechend dem Aussehen ihrer Mutter oder ihres Vaters. Und hier stellen sich uns natürlich völlig neue moralische Fragen. Was ist zum Beispiel, wenn man eine Kinderpuppe anfertigen lässt – ist man dann der Pädophilie schuldig? Oder was ist mit dem sogenannten „Rape-Button“ in einigen Modellen, der eine Puppe widerspenstig werden lässt und damit eine Vergewaltigung simuliert. All das gibt es bereits. Soll das erlaubt sein? Eine echte Wertediskussion zu diesen Entwicklungen, die schon heute vor unserer Haustür stehen, sehe ich dazu leider nicht.

Und wie ist es aus Ihrer Sicht: Sollten solche Puppen und Funktionen erlaubt sein?
Befürworter sagen, es sei besser, wenn Menschen sich an einer Maschine ausleben anstatt Kinder zu missbrauchen. Gegner sagen, dass dadurch erst bestimmte Dinge stimuliert werden, dass wir inspiriert werden, Pädophilie also dadurch beispielsweise tendenziell stimuliert wird. Was nun stimmt, weiß man im Moment nicht, denn es gibt dazu noch keine Studien. Ich selbst würde hier zur Vorsicht raten, weil meines Erachtens in der Tat die Gefahr einer auch körperlichen Habitualisierung solcher Praktiken besteht. Aber vielleicht ist das auch zu konservativ.

Haben wir den Robotern gegenüber auch eine Verantwortung?
Das ist nicht so abwegig, wie es vielleicht erscheinen mag. Tiere beispielsweise hatten in der Moralgeschichte lange den Status einer Sache. Für uns ist es heute selbstverständlich, dass man sein Haustier nicht quält, man ist ihm im Gegenteil sogar sehr zugewandt. Ähnliches kann mit Robotern passieren, besonders dann, wenn sie uns immer ähnlicher werden, wir ihnen Namen geben, sie schminken und kleiden usw. Auf Fragen einer moralischen Verantwortung gegenüber Robotern ist die Ethik jedoch sehr schlecht vorbereitet, denn sie ist anthropozentrisch, das heißt sie interessiert sich für den Menschen in Interaktion mit anderen Menschen. Interaktionen mit Objekten in Form von Robotern sind neu. Und dazu muss ein ethisches Nachdenken aus sehr praktischen Gründen dringend weiterentwickeln werden. Science Fiction? Ich denke nein! Vielmehr Teil einer neuen Wirklichkeit zu der wir eine Haltung entwickeln müssen!

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