Der Kauf von Oculus durch Facebook Ende März dürfte so etwas wie die Initialzündung für den Durchbruch der virtuellen Realität sein. Dabei ist die Brille nicht mal serienreif – Luckey verkauft bisher nur Prototypen an Entwickler. Trotzdem blätterte Mark Zuckerberg, der Chef des sozialen Netzwerks, 2,3 Milliarden Dollar für die Firma hin. Die Rift könnte etwa virtuelle Klassenräume erschaffen, begründete Zuckerberg seine Megawette auf den Erfolg seines Kaufs. In Cybermuseen könnten sich Freunde verabreden, selbst wenn sie in verschiedenen Erdteilen lebten.
Dass das mehr als kühne Visionen sind, glauben die Experten der US-Marktforschung Kzero. Nach ihren Hochrechnungen dürfte der Absatz von Cyberbrillen von 200.000 Stück in diesem Jahr bis 2018 auf knapp 24 Millionen steigen.
Auch weil die etablierten Technikriesen Oculus das Feld nicht alleine überlassen wollen: So arbeiten neben dem japanischen Elektronikkonzern Sony auch Microsoft und gerüchteweise Samsung an entsprechenden Headsets, die Endkunden bald in den virtuellen Raum schleusen sollen. Bei Sony haben die Cyberbrillen den Codenamen Project Morpheus. Erste Tester konnten damit an der Spielkonsole Playstation 4 bereits durch die Galaxie fliegen und im Spiel Eve Valkyrie Jagd auf feindliche Raumschiffe machen.
Damit knüpft Sony an Spielkonzepte an, wie sie schon in den Neunzigerjahren entwickelt wurden – etwa für den Virtual Boy von Nintendo. Dass der scheiterte, lag nicht einmal an der pixeligen Grafik oder der bizarren Form, die mehr einer Schuhschachtel als einer Brille ähnelte. Entscheidender Nachteil des Geräts: Vielen Daddlern wurde nach kurzem Spiel speiübel.
Grund dafür: Im Inneren der VR-Brillen gibt es für jedes Auge kleine Monitore. Deren Bilder sind perspektivisch leicht versetzt, was dem Gehirn eine dreidimensionale Realität vorgaukelt. Sensoren registrieren jede Bewegung des Kopfes und lassen die Grafik entsprechend mitwandern. Folgt das virtuelle Bild dabei mit einer geringen, aber erkennbaren Verzögerung dem räumlichen Empfinden des Hirns, reagiert der Körper oft mit Übelkeit.
„Es gab zwar auch in den Neunzigern schon hoch entwickelte Brillen“, sagt Johannes Behr, Leiter der Abteilung Visual Computing System Technologies beim Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) in Darmstadt. „Aber die kosteten mindestens 100.000 Euro.“ Die Entwickler der Oculus Rift, loben Experten, haben das Brechreiz-Problem nun erstmals zu massenmarkttauglichen Preisen gelöst. Ein Grund ist ausgerechnet der Siegeszug der Smartphones. Sie sind voll mit Raumsensoren, kontraststarken Displays und leistungsfähigen Prozessoren – alles Grundbausteine der Rift.
Niedriger Preis und technische Finessen sind aber nicht die einzigen Voraussetzungen, damit Virtual Reality endlich am Massenmarkt reüssiert. „Es muss auch entsprechende Anwendungen geben“, sagt IGD-Experte Behr. Und auch da hat sich seit den Neunzigerjahren eine regelrechte Revolution ereignet: Handys, Tablets und Scanner liefern reichlich 3-D-Daten. Für jeden.