Wie also sieht er aus, der Alltag, in dem die virtuelle Realität die Entwicklerlabore verlassen hat und Teil des Alltags von Millionen Menschen ist? Die wichtigsten Trends:
Schöner shoppen
Es war ein alter Chesterfield-Sessel, auf den die Studenten Volkenborn und Wolff im Februar die Besucher der Einzelhandelsmesse Euroshop in Düsseldorf baten. Wer Platz nahm und eine Oculus Rift aufsetzte, tauchte in die Zukunft ein und fand sich in der virtuellen Einkaufswelt Vector Shop wieder. „Die Reaktionen waren gewaltig“, sagt Volkenborn, „viele konnten nicht glauben, wie gut die Simulation ist. Es ist, als wären Sie wirklich in einem Einkaufszentrum.“
Drei Monate programmierten Volkenborn und Wolff an ihrer Cyberwelt – und arbeiten nun an Geschäftsmodellen. „Wir überlegen, Ladenflächen an Händler zu vermieten“, sagt Wolff. Platz ist reichlich, denn physische Gebäudegrenzen gibt es im Vector Shop nicht. Professor Rainer Zimmermann, der das Projekt Vector Shop an der FH Düsseldorf betreut, kann sich Modelle der virtuellen Mall sogar in ganz realen Einkaufsstraßen vorstellen. „Wenn der Kunde die Datenbrille im Geschäft aufsetzt und das Sortiment sieht, reichen zehn Quadratmeter Geschäftsgröße und ein großer Lagerraum dabei.“ Findet der Kunde Gefallen an einem digitalen Kleidungsstück, kann der Verkäufer das reale Pendant aus dem Lager holen. „Ich kann mir gut zwei bis drei solcher Minigeschäfte etwa auf der Königsallee in Düsseldorf vorstellen“, erläutert Zimmermann.
Die Studenten und ihr Mentor wollen weiter aufrüsten. Ein Bodyscanner soll die Körper der Kunden vermessen und maßgeschneiderte Avatare kreieren, die die Kleidung dann virtuell vorführen. Angenehmer Nebeneffekt: Die passende Konfektionsgröße ist so rasch gefunden.
Realistischer daddeln
Der virtuelle Einkaufsbummel erinnert nicht umsonst stark an Computerspiele. Geht es nach den Prognosen der Marktforscher, wird das Haupteinsatzgebiet der neuen Brillen vor allem eines sein: Spiele.
Erste Exemplare können Neugierige im Netz schon ausprobieren. Besonders beliebt: rasante Achterbahnfahrten, Renn- und Flugsimulationen. Fallschirmsprünge hat etwa der Student Dan Borenstein aus New York mithilfe der Rift erlebbar gemacht. Um das Gefühl der Immersion noch zu verstärken, hat er sich für ein Demo-Video zusätzlich an Seilen fixiert und baumelt samt Headset über dem Boden. Oculus-Gründer Luckey soll dem Tüftler zu seinem Einfall gratuliert haben.
Nicht nur aus kindlicher Begeisterung für Tempo und Gefahr setzen Spielentwickler auf solche Simulationen. Gerade jene Szenarien, in denen sich der Kopf frei bewegen kann, der Körper aber – etwa in Rennwagen – von anderen Kräften beeinflusst wird, bieten das stärkste Immersionsgefühl. Sobald der Spieler nach einem echten Controller greifen muss, um im Cyberraum vorwärtszukommen, schwindet das Gefühl der Unmittelbarkeit merklich.