Von Gute-Nacht-Geschichte bis Schlafroboter Mit Schlaf Geld verdienen

Mit Schlaf Geld zu verdienen, darauf hoffen nicht nur viele Investoren und Gründer. Quelle: imago images

Die „Schlaf-Ökonomie“ ist fast eine halbe Billion Dollar schwer. Wie Investoren sie mit „smarten Matratzen“, Schlafrobotern, Gute-Nacht-Geschichten und High-Tech-Ringen erweitern wollen. Und welche Rolle Oscar-Preisträger Matthew McConaughey dabei spielt.

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Im Schlaf Geld zu verdienen, ist ein Traum. Mit Schlaf Geld zu verdienen, darauf hoffen nicht nur viele Investoren und Gründer, sondern tun es bereits. Das Marktforschungsunternehmen Frost & Sullivan schätzt den Umsatz der sogenannten „Schlafökonomie“ auf derzeit knapp 490 Milliarden Dollar im Jahr, im nächsten Jahr soll er die halbe Billion Dollar überspringen.

Noch machen schnöde Betten, Matratzen und Schlafanzüge das Gros des Marktes aus. Doch sogenannte Schlaftechnologie und Schlafservices sind auf dem Vormarsch. Längst geht es nicht mehr um Beatmungsgeräte, die Schlafapnoe lindern und viel leichter und kleiner geworden sind. Allein mit Dienstleistungen rund ums Einschlafen wie Dämmerlicht, Schalldämpfung, Raumtemperatur und Luftreinigern werden laut Frost & Sullivan schon über zehn Milliarden Dollar im Jahr umgesetzt.

Wagnisfinanzierer hoffen auf noch weit mehr. Denn der Boom der Mobiltelefone hat alle möglichen Arten von Sensoren verbilligt und zu Massenware gemacht, mit denen sich Blutdruck, Schlafposition, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Trockenheit und Atemintervalle messen lassen. Das Kalkül ist, dass sich damit nicht nur neue Geräte zum Wohlbefinden im Schlaf entwickeln lassen. Oder neue Funktionen für Hightech-Uhren wie die Apple Watch, die die Schlafdauer festhält.

Sondern auch, dass man über viele Jahrzehnte bewährte Produkte entsprechend hochrüsten kann. Etwa zur „smarten Matratze“, die so nicht mehr wie früher maximal jedes Jahrzehnt gewechselt wird, sondern alle paar Jahre. Oder Schlafroboter, wie dem des niederländischen Unternehmens Somnex. Ein 500 Dollar teurer Gefährte in Kissenform, der mit Geräuschen und Vibrationen in den Schlaf kuscheln soll.

Sleep Tech heißt das Segment, in das laut dem Statistik-Dienstleister PitchBook Data in den vergangenen zehn Jahren weltweit knapp zwei Milliarden Dollar von Wagnisfinanzierern gesteckt wurden und das etwa 70 Start-ups umfasst. Mit der Coronapandemie und den für Viele damit verbundenen Schlafstörungen hat es richtig Fahrt aufgenommen. Eine Milliarde Dollar wurde allein in den vergangenen beiden Jahren investiert.

Viele der wertvollsten Unternehmen haben sich auf mit Sensoren hochgerüstete Hightech-Matratzen fokussiert. Der Spitzenreiter hat allerdings damit nichts zu tun, auch wenn er seinen Aufstieg ebenfalls dem Smartphone-Boom verdankt. Stolze zwei Milliarden Dollar soll Calm wert sein, ein von den beiden Silicon-Valley-Unternehmern Alex Tew und Michael Acton Smith gegründetes Start-up aus San Francisco. Zum Start 2012 hatten sich die beiden auf den Markt für Meditation fokussiert und eine preisgekrönte App entwickelt. „Wir bemerkten, dass viele unserer Kunden die App besonders stark in den Abendstunden nutzen“, erinnert sich Co-CEO Smith. Schnell war klar, dass die App „als Einschlafhilfe genutzt wurde, obwohl Meditation dafür eigentlich nicht konzipiert ist“, berichtet der gebürtige Brite.

Calm entwickelte daraus Gute-Nacht-Audio-Geschichten, zwischen 25 und 40 Minuten lang, untermalt mit Geräuschen und Musik. Einer der prominentesten Vorleser ist Oscar-Preisträger Matthew McConaughey, der mit seiner sonoren Stimme bereits Millionen von Calm-Nutzern in den Schlaf gewiegt hat. In dem heiß umkämpften Markt für Meditation hat sich Calm so in einer wertvollen Nische etabliert und dafür 191 Millionen Dollar eingesammelt. Die zwei-Milliarden-Dollar Bewertung erklärt sich daraus, dass Software hochprofitabel ist und sich schnell weltweit skalieren lässt – ohne etwa die hohen Kosten für die Rückgabe von Matratzen und Co.

Auf den Rängen mit rund 500 Millionen Dollar folgen Matratzen-Anbieter wie Eight Sleep, das eine „Fitness-Matratze“ – im Tech-Slang Pod benannt – offeriert. Als eine Kombination aus Memory-Schaum und Wasserbett misst die Matratze über integrierte Sensoren auch gleich Körpertemperatur, Herzschlag und Atemfrequenz und passt über gekühltes beziehungsweise gewärmtes Wasser die Temperatur des Bettes entsprechend an.

Das hat seinen Preis: Die Einstiegsvariante kostet 2500 Dollar. Investoren reißen sich um das 2014 gegründete Start-up aus New York, das mit Spitzensportlern für sich wirbt. Mit dabei sind der Founders Fund von Peter Thiel, Softbank, Khosla Ventures und seit kurzem Valor Equity. Dahinter verbirgt sich Antonio Gracias, einer der engsten Vertrauten und langjähriger Geldbeschaffer von Elon Musk, der auch im Verwaltungsrat von Tesla und Space X sitzt. „Der Sleep-Tech-Markt steckt noch in den Kinderschuhen“, behauptet Gracias. CEO Matteo Franceschetti setzt jetzt zum Sprung über den Großen Teich an, in Großbritannien ist er seit kurzem präsent.

Auch Europa hat einen schlafenden Star. Oura Health aus dem finnischen Oulu offeriert einen schmalen Ring aus Titan. Am Finger getragen messen seine Sensoren nicht nur die Dauer des Schlafes. Der Ring soll auch die Schlafphasen unterscheiden können. Das hat einen stolzen Preis von 300 Dollar. Wie bei Eight Sleep wirbt Oura Health mit seinen prominenten Investoren, darunter Google, Michael Dell, Salesforce-Gründer Marc Benioff und Schauspieler Will Smith. Bislang hat das Unternehmen 265 Millionen Dollar eingesammelt, nach der jüngsten Finanzierungsrunde wird es mit 900 Millionen Dollar bewertet.

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Aber können diese Unternehmen ihre hochfliegenden Bewertungen auch erfüllen? An potenziellen Kunden mangelt es nicht. Jeder Mensch muss schlafen – wie gut er das tut, steht auf einem anderen Blatt. Ob Hightech dabei wirklich hilft, ist umstritten. Der Musk-Vertraute Gracias hat daran keinen Zweifel. „Die Chance ist grenzenlos. Schließlich verbringen wir bis zu einem Drittel unseres Lebens mit Schlaf.“

Mehr zum Thema: Wer schläft, verliert – diese Taktik hat nicht nur Angela Merkel in langen Verhandlungsnächten zur Perfektion gebracht. Doch Schlafmediziner Ingo Fietze warnt vor den gesundheitlichen Folgen solcher Gewohnheiten.

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