Werner knallhart

Amazon Echo: Alexa erzählt nur doofe Witze

Amazons Lautsprecher mit Sprachsteuerung ist bei vielem technisch ganz vorne. Aber die Witze, die die virtuelle Stimme Alexa raushaut, haben wir Kinder auf dem Schulhof damals besser drauf gehabt.

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Es war irgendwann in der ersten Hälfte der 80er, da habe ich in Ostfriesland mit meinen Eltern einen Stadtbummel gemacht. Und dort lag im Fenster einer Buchhandlung ein dicker roter Wälzer: Das große Buch der 1000 Witze. Das musste ich haben! Und ich bekam es zum Geburtstag. So zog ich mir Abend für Abend vorm Einschlafen die abgedroschenen Gags rein. Ohne es zu wissen, denn für einen kleinen Jungen ist nichts im Leben abgedroschen.

Das Buch habe ich noch als Teenager auf dem Flohmarkt verkauft. Und ich habe heute das Gefühl, es muss über Umwege in der Entwicklungsabteilung bei Amazon gelandet sein. Denn mein Echo scheint mir förmlich aus diesem roten Witzebuch vorzulesen.

Der sprachgesteuerte Lautsprecher kann die Wettervorhersage aufsagen, aktuelle Nachrichten auch, er spielt auf mein Kommando Musik von Spotify und Amazon Music und er schaltet jetzt sogar mein Licht im Schlafzimmer auf Befehl an und aus. Das fühlt sich irgendwie zukunftsweisend an.

Amazon bewirbt auf dem Verpackungs-Karton all diese Fähigkeiten mit den dazu gehörenden Sprachbefehlen: "Stelle einen Timer für drei Minuten. Setze Eis auf meine Einkaufsliste. Wie ist die Verkehrslage?" Und da steht auch: "Erzähle einen Witz."

Also habe ich das Gerät darum gebeten: "Erzähl einen Witz." Ich habe es etliche Male probiert. Und dachte mir: Warum um Gottes Willen bewerben die dieses Feature?

Die Gags sind - nun ja - irgendwie oll. Schlicht. Dusselig. Aalglatt. Ein bisschen peinlich. Das Gerät kommt einem mit einem Mal vor wie ein Kassettenrekorder mit einem Witze-Tonband für Kinder drin:

Fritzchen (ja, echt, die virtuelle Stimme Alexa erzählt Fritzchen-Witze!), warum sind deine Hausaufgaben plötzlich alle so gut? - Weil mein Vater im Urlaub ist, Herr Lehrer.

Was sind die letzten Worte des Fallschirmspringers? - Immer diese verflixten Motten!

Was fährt ängstlich durch Berge und Täler? - Die Bammelbahn.

Warum hat ein Fisch Schuppen? - Na, wo soll er sonst sein Fahrrad unterstellen?

Was sagt die Hecke, nachdem sie bei einem Spring-Turnier gestreift wurde? - Ich glaube, mich tritt ein Pferd.

So funktioniert...

Das Beste an all dem ist noch, wie die virtuelle Stimme alles so emotionslos vorträgt, als gäbe sie Blutwerte am Telefon durch. Ich versuchte, dem Gerät mehr Pfeffer einzuhauchen: "Erzähl einen Witz für Erwachsene."

Antwort: "Ich kann deine Frage nicht beantworten."

"Erzähl einen politisch unkorrekten Witz."

"Das gehört zu den Dingen, die ich nicht weiß."

Erzähle einen versauten Witz!"

"Solche Witze kenne ich nicht."

Was Sie schon immer einmal von Alexa wissen wollten…

AHA! Während das Gerät auf die Bitte um einen politisch unkorrekten Witz mit kompletter Ahnungslosigkeit reagiert, klingt die Antwort auf die Bitte um einen versauten Witz, als hätte Alexa nur darauf gewartet. Provokation ist eindeutig nicht gewünscht. Was sollen denn die Leute denken? Aber wie das so ist mit Witzen mit eingebautem Provokations-Verbot: Sie sind für Kinder.

Wortspiele als Basis

Allesamt basieren die Witze zum einen auf Wortspielen, etwa mit Doppeldeutigkeiten:

Ich lese gerade ein Buch über die Gravitation. Ganz schön schwerer Stoff.

Was ist die ideale Größe eines Schiedsrichters? - 25 Zentimeter. Immer auf Ballhöhe.

Alexa kennt hier wiederum keine Grenzen - und verrennt sich:

Was ist süß, klebrig und schwingt sich von Baum zu Baum? - Tarzipan.

Andere Alexa-Gags führen den Hörer kurz und harmlos in die Irre, um ihm dann seine Begriffsstutzigkeit aufzutischen:

Warum können Dinosaurier nicht klatschen? - Weil sie tot sind.

Hier lässt sich der Hörer natürlich auf die Unterstellung ein, es sei die Rede von der Zeit, als Dinosaurier noch lebten. Und wird dann plötzlich gedanklich umgeleitet. Pointe fertig. (Das kann jeder selber machen: Was ist der Unterschied zwischen einer Tomate und einem Hamster? Beiß mal rein, dann weißt du es. Und so weiter)

Bei Gags, die Menschen herabsetzen, sind sicherheitshalber immer die Männer die Dummen. Sonst wäre es frauenfeindlich. Heikel.

Papa, die Intelligenz habe ich von dir geerbt. Mama hat sie ja noch.

Köstlich! Diese freche Göre. Man stelle sich aber vor, der Sohn hätte den Gag mit der Mama gemacht.

Den einzigen Gag, der mir persönlich neu war, versaut Alexa mit einem Grammatikfehler:

Wie nennt man den Lebenslauf einen Pferdes? - Rossvita.

Ansonsten liefert Alexa noch am Wochenende nach Ostern mehrere Witze wie:

Wie nennt man einen Oster-Bunny mit Kurzhaarfrisur? - Stoppelhase.

Wegen Hoppelhase, versteh'n Se? Und das seltene Wort Oster-Bunny, weil das Wort Hase nicht schon in der Frage vorkommen darf, wenn es Teil der Antwort ist. Das kleine Pointen-Einmaleins. Diese Regel zieht Alexa brav durch:

Gestern Nacht hat mich ein Märchenwesen mit Karamell beschenkt. War eine Toffifee.

Witzig sein wollen, ohne anecken zu dürfen: schwierig. Der VW Golf ist so erfolgreich, weil er langweilig ist. Weil er nicht polarisiert. Das muss wohl leider auch für den Echo und die Ulknudel Alexa gelten. Aber müssen es Witze aus dem 35 Jahre alten Witzebuch sein?

Fragt der Besucher den Abteilungsleiter: "Wie viele Personen arbeiten hier eigentlich?" - "Ich schätze die Hälfte."

Ach, Alexa. Und wie viele arbeiten in deiner Echo-Gag-Abteilung? Allzu viele können es nicht sein. Ab Witz Nummer 13 kamen die ersten doppelt.

Aber die Uhrzeit sagt Alexa immer auf die Minute genau.

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