Niemand ist scharf darauf, im Nirgendwo mit einem Elektro-Auto liegenzubleiben, weil die Batterie leer ist. Die meisten Stromer sind deswegen vor allem im Stadteinsatz unterwegs. Der typische Fahrer eines Renault Twizy, Smart fortwo oder Nissan Leaf fährt kurze Strecken: zum Supermarkt, zur Arbeit oder ins Museum.
Die Hersteller vermitteln jedenfalls den Eindruck, dass sie sich an der Reichweite ihrer Elektromodelle die Zähne ausbeißen. Das Maß aller Dinge ist der US-Autohersteller Tesla: Er wirbt mit einer Reichweite von "bis zu" 500 Kilometern für sein Model S. Weiter kommt keiner, teurer ist aber auch keiner.
Doch selbst das würde für die Tour, die Werner Hillebrand-Hansen plant, nicht ausreichen. Am kommenden Montag startet der Bayer eine 24-Stunden Fahrt quer durch Deutschland - von Flensburg nach Füssen, eine Strecke von 1000 Kilometern. Mit der Rekordfahrt will er beweisen, dass heute niemand mehr Angst vor der mangelnden Reichweite eines Elektroautos haben muss.
Hillebrand-Hansen kämpft seit Jahren für die Elektromobilität und veranstaltet Elektro-Rallyes für Liebhaber rund um den bayrischen Ammersee. Hier sammelte der gelernte Versorgungstechniker genug Erfahrung für seine Fahrt vom hohen Norden in den tiefsten Süden.
Meistern will er die Strecke mit einem Renault Zoe. Wenn alles gut läuft, genügen acht Ladestopps auf der gesamte Strecke. Mindestens 22 Kilowatt Ladeleistung sind notwendig, damit der Zoe innerhalb von etwa einer Stunde wieder genug Akku für den nächsten Abschnitt hat. Das Auto soll am 15. Oktober auf der eCarTec in München ausgestellt werden.
Für nächstes Jahr plant Hillebrand-Hansen außerdem eine Europatour. In neun Tagen will er neun europäische Städte durchqueren. Damit würde der 44-jährige einen bisher unerreichten Rekord aufstellen: 4.200 Kilometer mit einem Elektroauto bei einer durchschnittlichen Teilstrecke von 450 Kilometern. Die Vorgaben an den Streckenrekord sind allerdings streng: Die Ladestationen müssen öffentlich zugänglich sein.
Bisherige Streckenrekorde dieser Art lieferten zum Beispiel der Nissan Leaf mit 1281 Kilometern zwischen Brünn und Bratislava. Auch der Tesla Roadster wurde 1000 Kilometer von Sylt nach Zürich gefahren - von Udo Werges, Vorstand des Bundesverbandes Solare Mobilität. Fraglich ist allerdings, ob solche Rekorde die Alltagstauglichkeit von E-Autos belegen. Denn wer will schon an einer ungemütlichen Autobahnraststätte eine Stunde herumhängen, bis sein Auto geladen ist?
Aber darum geht es Hillebrand-Hansen auch gar nicht.
Er möchte auf die mangelnde Zahl an Ladestationen aufmerksam machen. Seine Botschaft: Nicht das Elektroauto ist Schuld an der mangelnden Reichweite, sondern die Lade-Infrastruktur. Der ADAC zählt dieses Jahr 14.328 herkömmliche Tankstellen in Deutschland. Das Internetportal SmartTanken führt über 2.900 Ladestationen für Elektromobile – allerdings in ganz Europa.
Eines muss dem Bayer bei seiner Tour jedenfalls keine Sorgen bereiten: Nur 37,50 Euro werden ausreichen, um die Strom- und damit Fahrtkosten zu decken. Mit einem herkömmlichen Benziner wäre die Fahrt etwa dreimal so teuer.
Damit hätte der Elektropionier die Strecke allerdings auch dreimal schneller geschafft.