In den USA kam es kürzlich zu einer Art Kleinkrieg um ein Elektroauto. John Broder, ein Redakteur der renommierten New York Times, war ein Model des neuen Tesla S probegefahren - einen Elektroschlitten, der mit großer Reichweite und viel Power unter der Haube glänzt; angeblich. Denn Broder war gerade auf dem Weg zurück in die Großstadt, als ihm mitten auf der Landstraße bei Eiseskälte der Saft ausging.
Der Schreiber rächte sich mit einem Verriss. Tesla-Chef Elon Musk konterte, der Redakteur sei schlicht unfähig, ein Elektroauto zu fahren und beklagte einen Schaden von 100 Millionen Dollar durch die schlechte Presse. Tatsächlich hatte der Redakteur die Warnungen über die rasch sinkende Batterieladung missachtet und vor der Ausfahrt zu wenig Elektrizität getankt.
Lasst die Amis mal streiten, werden sich die Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bei dieser Episode denken - denn wir haben etwas, was den Hahnenkampf um den Stromer verhindert hätte.
Denn die Experten vom Institut für Fahrzeugkonzepte des DLR haben einen technisch ausgefeilten Reichweitenverlängerer mit dem sperrigen Namen Freikolbenlinearmotor entwickelt. Ebenso kompliziert wie der Name ist für Nichteingeweihte auch die Funktion des Antriebs: Er besteht aus einem Zylinder, in dem sich ein Kolben bewegt. Bei jeder Zündung des Sprits im Verbrennungsraum wird der Kolben herausgedrückt. In einem zweiten Zylinder auf der gegenüberliegenden Seite presst der dortige Kolben ein Gas zusammen, das ihn wieder in die Ausgangsposition drückt, wenn der Druck im anderen Zylinder absinkt. Dann beginnt der Prozess aufs Neue: Die mit einer Stange verbundenen Kolben flitzen hin und her.
Triumph der IngenieurskunstDabei produzieren sie Strom, denn auf der Kolbenstange sind Permanentmagnete angebracht. Sie bewegen sich in einer zylinderförmigen Hülle, die aus einer Spule besteht. Beim Hindurchflitzen erzeugen die Magnete ein Magnetfeld, das von der Spule gewissermaßen eingefangen und in Strom umgewandelt wird, der die Batterien in einem E-Auto lädt oder direkt vom Fahrmotor verbraucht wird.
Das Besondere, jetzt auch wieder für Autolaien verständliche: Der Motor funktioniert mit Benzin, Erdgas, Ethanol und Wasserstoff; also so ziemlich allem, was man derzeit in einen Tank kippen kann (außer schnödem Diesel, Tierfetten und Pflanzenölen natürlich).
Der Allesschlucker mit integriertem Generator ist schon vor einiger Zeit erfunden worden. Bisher gelang es jedoch niemandem, ihn über längere Zeit laufen zu lassen. Die DLR-Forscher lagen mit ihrer Idee, gegenüber dem Verbrennungsraum eine Rückholfeder aus eingesperrtem Gas zu platzieren, goldrichtig. Das System lief plötzlich stabil. Acht Jahre dauerte es, bis die Idee tatsächlich auch in Technik umgesetzt war.
„Die Herausforderung dabei war, eine besonders leistungsfähige Mechanik mit einer hochdynamischen Regelung zu entwickeln, die das komplexe Zusammenwirken der einzelnen Komponenten steuert”, sagt Ulrich Wagner, DLR-Vorstand für Energie und Verkehr.
Die Regelung erlaubt die Nutzung der verschiedenen Kraftstoffe, die unterschiedlich stark verdichtet werden müssen, um optimal zu zünden. Noch ist der Motor für einen Einsatz in einem leisen Elektrofahrzeug aber deutlich zu laut: Bei der Laborvorführung klang der Antrieb wie ein Presslufthammer bei der Arbeit. Aber die DLR-Forscher wollen nun auch diese Hürde nehmen.