Es gibt großartige Ausnahmen, versteht sich. Aber viele Sachbücher, Hand aufs Herz, sind auf 200 Seiten ausgewalzte Texte, die uns mit dem Wenigen, was ein Einzelner zu sagen hat, unnötig viel Zeit rauben.
Wie schön also, dass es - von WirtschaftsWoche und GreenWiwo einmal abgesehen - das ein oder andere anspruchsvolle Heft über Themen der Zeit gibt, in denen uns eine ganze Reihe von Autoren auf sechs, acht Seiten Extrakte ihrer Erkenntnisse vermitteln.
Die jüngste Ausgabe des „philosophischen Wirtschaftsmagazins“ Agora42 zum Beispiel widmet sich dem Schwerpunktthema Wohlstand. Darin machen sich unter anderen die Ökonomen Birger P. Priddat und Niko Paech sowie der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer aufschlussreiche Gedanken über die Vermessung gesamtgesellschaftlichen Reichtums, die Grenzen von „Green Growth“ - und über die grundsätzliche Frage: „Wozu reich sein?"
Ein Essay, der Adam Smith in Schutz nimmt vor seinen liberalen Apologeten, die ihn immer nur passagenweise aus dem „Wohlstand der Nationen“ - sprich: grobklötzig verkürzt - zitieren, rundet das Heft ab.
Kapitalismus ohne Wachstum?Noch mehr Lesestoff bietet die jüngste Ausgabe der Internationalen Politik, die sich schwerpunktmäßig der Frage „Wachsen, aber wie?" widmet. „Vorschläge zur Blüte" liefern unter anderen die Ökonomen Thomas Straubhaar und Karl-Heinz Paqué, wobei uns Letzterer an die ebenso schlichte wie ergreifende Wahrheit erinnert, dass im Kapitalismus ohne Wachstum alles nichts ist.
Den Heftschwerpunkt rundet im Übrigen ein Beitrag von WirtschaftsWoche-Chefreporter Dieter Schnaas (auch Autor dieses Textes) ab. Er spürt in seinem Essay den ewigen Gesetzen des Kapitalismus nach und kommt zu dem Schluss: Wer die Wachstumsfrage stellt, stellt immer auch die Systemfrage – oder macht sich unglaubwürdig. Wahrscheinlich deshalb wächst vorerst vor allem Gras über die Wachstumsdebatte…
Sehr lesenswert außerdem ein langer Essay des Historikers Heinrich August Winkler. Winkler legt dar, dass Wohlstand und Wachstum keine Feigenblätter sein dürfen, hinter denen man die Menschenrechte zum Verschwinden bringen kann.
Von welchen Werten und Interessen soll sich die deutsche Außenpolitik, etwa in Bezug auf China, leiten lassen, fragt sich Winkler, und: Darf der Westen auf die Verbreitung seiner immateriellen Ideale verzichten?