Dreisitzer für die Stadt Deutsches Konsortium entwickelt Mini-Taxi mit Wechselbatterie

Wie sieht das Auto der Zukunft aus? Für den Münchner Entwickler Paul Leibold klein, wenig und elektrisch. Mit Wechselakkus und Leichtbauweise soll es die Verkehrswende einleiten.

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Das eTAXI peilt einen Einsatz in Städten an - diese Animation zeigt, wie es aussehen könnte. (Bild: ACM)

Es ist klein und irgendwie auch ganz schnuckelig. Wirkliche Fans wird seine Optik ihm nicht einbringen, aber zumindest fällt das "CITY eTAXI" eindeutig auf. Und genau das soll es auch. Auf Schönheit kommt es Paul Leibold nicht. Für den Wirtschaftsingenieur geht es um den praktischen Nutzen.

Das Leichtfahrzeug aus Carbon soll ganz neue Wege für eine wettbewerbsfähige Elektromobilität eröffnen. Es ist kein Stromer, den man stolz seinen Nachbarn zeigt, sondern eher einer, der in langer Reihe am Straßenrand parkt. Der kleine Flitzer soll im urbanen Bereich zum Einsatz kommen. Als Taxi oder auch in einer Car-Sharing-Flotte soll es in Innenstädten zur Reduzierung der giftigen Autoabgase beitragen und die Nische urbaner und elektromobiler Leichtbaufahrzeuge im Feld zwischen Pkw und Zweiradfahrzeugen ausfüllen.

Das kleine Akku-Gefährt, das Platz genug für drei Passagiere samt Gepäck hat, ist eine Vision und für die Zukunft konzipiert. Für eine Zeit, in der immer mehr Menschen in Innenstädten leben und Autos im Privatbesitz nur noch eine Randerscheinung sind. Leibolds Konsortium "Adaptive City Mobility", kurz ACM, stellte in diesem Sommer das Design des Fahrzeugs vor.

Entwicklung seit zwei Jahren

Es soll ein Fahrzeug für die sogenannten Millennials sein, die letzte Generation des vergangenen Jahrtausends. Statt Hubraum, PS und Markenimage sind den 18- bis 34-Jährigen nämlich der praktische Nutzen, Zweckmäßigkeit und sparsamer Verbrauch wichtig. Der ökologische Gedanke und nicht die Höchstgeschwindigkeit sorgt für den Fahrspaß. Und die Branche stellt mehr und mehr fest, dass dadurch ein Paradigmenwechsel bevorsteht.

In einer Schublade liegen die Akkus, die an externen Stationen wieder geladen werden können. (Bild: ACM)

Im Rahmen von ACM entwickeln etwa ein Dutzend Firmen seit mehr als zwei Jahren das Elektroauto von morgen. An der Hochschule Aachen sollen acht Fahrzeuge gebaut werden, die bis Mitte 2018 in München vom Umweltverein Green City getestet werden. Übrigens nicht das einzige Projekt in Aachen - vor einem Monat haben wir bereits über den Zweisitzer e.GO Life berichtet, der an der Hochschule entwickelt wird.

Läuft alles optimal, soll in zwei Jahren die erste Nullserie auf den Markt kommen - allerdings nicht unbedingt in Deutschland. Das Konzept ist vor allem für Mega-Cities wie Tokio, Sao Paulo oder Bombay ausgelegt, die schon heute in einem Verkehrschaos versinken.

Anfragen aus London, Singapur und von den Philippinen hat der Initator Leibold schon erhalten. Auch München signaliserte Interesse. Die bayerische Hauptstadt hat einen Fonds von 30 Millionen Euro aufgelegt, über den vor allem das Gewerbe gefördert werden soll. Ein Bereich, für den auch der kleine Stromer ausgelegt ist. Wird die Rückbank umgeklappt, passt eine Europalette in das Auto. "Es ist ein Raumwunder", schwärmt Leibold.

Akkuwechsel überlastet das Stromnetz nicht

Dazu gehört auch eine geschickte Unterbringung der Akkus: Diese liegen unter dem Fahrzeug, der Fahrer kann sie mit ein paar Handgriffen leicht austauschen. Auf dem Betriebsgelände kann die Wechselsstation die Akkus nach Schichtende einfach laden. Aus Sicht von Leibold ist das ein großer Vorteil, wenn die Zahl der E-Autos zunimmt und das Stromnetz zunehmend überfordert.

Hinten im Wagen ist Platz für zwei Menschen - oder eine Europalette. (Bild: ACM)

Vor allem in Ländern, in denen die Stromversorgung längst nicht so stabil wie in Deutschland ist. "Die Wechselstation ist absolut notwendig, damit die Autos auch in Schwellenländern eingeführt werden können", so Leibold.

Es geht aber nicht nur um das Auto. Es geht um ein Gesamtsystem, bei dem die Fahrzeuge intelligent vernetzt sind. Über permanent gesendete Echtzeitdaten, weiß der Betreiber, wo sich welches in welchem Modus befindet. "Nur so wird ein Elektroauto optimal ausgelastet und reduziert das Verkehrsaufkommen", ist Leibold überzeugt. Kein Auto dürfe sinnlos herumstehen.

Statt es zu kaufen, können die Nutzer das eTaxi für verschiedene Anwendungen mieten - mal als Taxi und mal als Gewerbeauto. Das dahinterstehende Geschäftsmodell basiert auf verschiedenen Einnahmequellen wie Fahrtenvermittlung, Energieverkauf, digitaler Werbesteuerung und Batterieleasing.

Der Preis hängt von der Stückzahl ab. Bei 50.000 Autos im Jahr rechnet der Initiator mit etwa 10.000 Euro. Das Akkuleasing kommt noch hinzu. Produziert wird vermutlich in Asien – der deutsche Finanzmarkt gebe den Aufbau einer Produktionsstätte nur schwer her, so Leibold. Teilkomponenten und Software sollen aber auf jeden Fall aus Deutschland kommen.

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