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Dreist Wilderer posieren mit toten Störchen auf Facebook

Wilderer im Libanon metzeln nicht nur viele tausend Störche nieder. Seit Kurzem posten sie auf Facebook auch noch Bilder mit ihren illegalen Trophäen.

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Dem Weißstorch, der auf einem Dach in Norddeutschland balanciert, sieht man die Strapazen nicht an: Jäger, Wilderer und Tierhändler bedrohen europäische Zugvögel überall entlang ihrer Wanderrouten. Ähnlich wie beim industrialisierten Fischfang verwenden sie dabei immer erbarmungslosere Methoden, um ihre Erträge zu steigern.

Allein in Ägypten geraten jeden Herbst mehr als 60 Millionen Vögel in ihre Fang-Netze, wie Andrew Grieve, Vorsitzender der Ornithological Society of the Middle East schätzt.

In den Netzen verheddern sich auch bedrohte Greifvogel-Arten. Für die Häscher ein schönes Zubrot, erhalten sie doch zum Beispiel einige tausend US-Dollar für einen Falken. In ihren Jeeps mit Allradantrieb, modernen Schusswaffen und Sprengstoff gehen sie auf die Jagd. iPods, die Vogelstimmen abspielen, sind effektive Lockvögel.

Seit einiger Zeit schrecken Wilderer auch nicht davor zurück, Bilder mit ihrer Beute ins Netz zu stellen. Die Seite „Stop Hunting Crimes in Lebanon“ hat über 20.000 Fotos gesammelt, um das Ausmaß der Barbarei zu zeigen. Darunter sind makabre Aufnahmen, die einen toten Singvogel mit brennender Zigarette im Schnabel zeigen oder eine Wäscheleine, an der Störche wie Hemden zum Trocknen hängen.

Im Libanon ist die Jagd auf Störche und andere gefärdete Arten zwar offiziell verboten, doch es gibt keine Kontrollmechanismen, die die Einhaltung der Verbote überwachen, wie das Komitee gegen den Vogelmord e.V. (CABS) schreibt.

Also gehen weiter geschätzte 600.000 Wilderer im Libanon illegal auf die Jagd, wie Stop Hunting Crimes in Lebanon schätzt. Mehrere Millionen Zugvögel müssen das Land passieren, um in Afrika zu überwintern oder in Europa zu brüten.

Obwohl Libanon dem Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasisch wandernden Wasservögel (AEWA) beigetreten ist, bleibt die Jagd auf Störche besonders beliebt, weil ungeahndet. Denn vielen Libanesen gilt ihr Fleisch als Delikatesse. So werden laut CABS manchmal ganze Storchherden massakriert.

Das massenhafte Schießen von großen, hochfliegenden Vogelarten, darunter Störchen, sei besonders problematisch, warnt CABS. Denn sie erlangen erst spät die Geschlechtsreife und haben „niedrige jährliche Reproduktionsraten“, die die Verluste durch intensive Wilderei nicht kompensieren können.

Einige tausend mitteleuropäische Störche würden im Libanon geschossen, schätzt Alexander Heyd von CABS. „Wir wissen, dass auch deutsche Störche betroffen sind.“ Erst im April sei im Libanon ein Tier getötet worden, das in Nordrhein-Westfalen markiert worden sei.

Doch nicht nur im Nahen Osten macht man Jagd auf Störche. „Wir Europäer kriegen es selbst  nicht in den Griff“, sagt Heyd. Auf Malta, Zypern, in Spanien und Italien sei die Situation mindestens genau so schlimm. Auch in Deutschland würden zwei bis dreieinhalb Millionen Vögel im Jahr geschossen. Das sei zwar meist nicht illegal, nach Sicht von Heyd aber deshalb nicht weniger unmoralisch.

Viel könne man gegen die Vogelhatz, die man nun auch auf Facebook verfolgen kann, nicht tun, sagt Heyd. Wichtig sei es, politischen Druck aufzubauen. Es würde also helfen, wenn viele deutsche Bürger beim libanesischen Botschafter protestieren. Der sitzt bekanntlich in Berlin.

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