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Elektromobilität Sportwagen mit 600 Kilometern Reichweite vorgestellt

Der Liechtensteiner Autobauer Nanoflowcell und Bosch wollen der E-Mobilität einen Schub geben - mit neuer Akku-Technik.

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Mit den Daten des Super-Elektroautos Quant e kann nicht einmal Tesla mithalten. Die Sportlimousine, die auf dem Genfer Automobilsalon gleich neben dem Stand der kalifornischen Elektroauto-Schmiede zu bestaunen ist, hat eine Leistung von 928 PS.

Ihre vier Motoren brauchen gerade mal  2,8 Sekunden, um das Fahrzeug auf Tempo 100 zu beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 380 Kilometern pro Stunde. Wer die Fabelwerte nicht ausreizt, erlebt noch eine Überraschung: Erst nach 600 Kilometern ist die Batterie leer.

Und auch das ist noch nicht genug: Gerade erst hat Tesla den Bau einer Riesen-Batteriefabrik angekündigt – die braucht aber womöglich niemand mehr, wenn sich bald die Technik durchsetzt, die in dem Prototypen des Unternehmens Nanoflowcell aus Liechtenstein steckt.

Aber ersteinmal zu den technischen Details: Der Quant e ist als erstes Fahrzeug der Welt mit einer Flow-Zelle (auch als Redox-Flow-Batterie bekannt) ausgestattet – und die lässt die konkurrierenden Lithium-Ionen-Akkus ganz alt aussehen. Ihre Speicherdichte, also die Energiemenge pro Volumeneinheit, ist konkurrenzlos hoch, heißt es bei Nanoflowcell, die ihren Wagen allerdings nicht das erste Mal in der Schweiz zeigten.

Zweiter entscheidender Vorteil: Wenn die Batterie leer ist, werden einfach zwei Flüssigkeiten ausgetauscht. Das dauert kaum länger als zu Tanken. Die Flüssigkeiten werden extern mit neuer Energie versorgt.

Entwicklungschef Nunzio La Vecchia ist es gelungen, die normalerweise eher sperrige Redox-Flow-Batterie so zu verkleinern, dass sie in Autos Platz findet. Bisher wird dieser Speichertyp nur eingesetzt, um im größeren Stil überschüssigen Wind- und Solarstrom zwischenzulagern. „Es gibt fast keine bewegten Teile, wenig Abwärme und dadurch einen Wirkungsgrad von über 80 Prozent. Das gab es in dieser Form noch nie“, schwärmt La Vecchia. Er glaube, dass mit der neuen Technologie der Wechsel zu Elektroautos noch schneller gehe, als bislang prognostiziert.

Wichtiger VorsprungMit seiner Entwicklung hat der Ingenieur sich im Wettrennen mit der Konkurrenz einen wichtigen Vorsprung verschafft. General Motors arbeitet ebenfalls an einer Redox-Flow-Batterie für den mobilen Einsatz – die bisherigen Prototypen der Amerikaner sind aber so groß und schwer, dass sie allenfalls in LKW und Bussen Platz fänden.

Redox-Flow-Batterien sind die einzigen elektrochemischen Systeme, die Strom nicht durch chemisch-physikalische Veränderungen in der Batterie selbst speichern. Sie verändern vielmehr zwei sehr ähnliche Flüssigkeiten, in denen Salze gelöst sind. Beim Laden wird eine der Flüssigkeiten mit Elektronen angereichert, die der anderen Flüssigkeit fehlen. Beim Entladen wird dieser Prozess rückgängig gemacht. Es fließt nutzbarer Strom. Beide Salzlösungen befinden sich in Tanks außerhalb der eigentlichen Batterie. Deren Speicherkapazität hängt allein von der Größe der Tanks ab.

Bosch als neuer PartnerNanoflowcell setzt als Kurzzeitspeicher zusätzlich so genannte Supercaps ein. Das sind Hochleistungs-Kondensatoren, die ihren Energieinhalt beinahe schlagartig abgeben, etwa wenn ein ungeduldiger Fahrer maximal beschleunigen will. Bei Bergabfahrten werden die Fahrmotoren zu Generatoren, die die Supercaps aufladen, ebenso bei sanften Bremsmanövern. Zusätzlich verfügt der Quant e über ein konventionelles Bremssystem.

Klingt alles super? Noch nicht ganz. Denn die Super-Limousine ist von einer Serienproduktion weit entfernt. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich das Unternehmen aus Vaduz mit Bosch verbündet. Der deutsche Elektroriese soll das Zusammenspiel aller Komponenten des Elektrosystems optimieren und für eine leistungsstarke und ausfallsichere Datenkommunikation zwischen den Systemen und Komponenten des Fahrzeugs sorgen. Auch ein deutscher Autobauer könnte bald mit an Bord sein.

Aber um einen solchen Akku-Prototypen bis zur Serienreife zu entwickeln, vergehen meist Jahre. Sicherheit, Alltagstauglichkeit und Bezahlbarkeit bei einer Batterietechnik unter einen Hut zu bringen, ist alles andere als trivial. Denn bisher sind die in Redox-Flow-Batterien eingesetzten Chemikalien eine giftige Angelegenheit. Dafür eine entsprechende Tankinfrastruktur zu schaffen, dürfte auch nicht ganz einfach sein.

Hinzu kommt: Viele Akku-Technologien, die im Labor gute Werte aufweisen, halten im Alltag nicht, was sie versprechen. Was dennoch hoffnungsvoll stimmt: Die Bosch-Experten werden sich hoffentlich die Batterie genau angesehen haben, bevor sie ihren guten Namen für das Experiment hergaben.

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