Energie Hamburg stimmt für den Rückkauf der Energienetze

Eine knappe Mehrheit der Hamburger stimmte am Wahlsonntag für den Rückkauf der Energienetze. Noch weiß aber keiner, ob auch klappt.

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Bei der Bundestagswahl steht Angela Merkel als klare Siegerin da. Die Volksabstimmung zum Rückkauf der Energienetze in Hamburg zeigt dagegen zwei Gegner auf Augenhöhe.

Mit einer hauchdünnen Mehrheit von einigen Tausend Stimmen setzt sich die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz" durch.  Damit ist Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz zu unliebsamen Entscheidungen gezwungen: Zur Rückabwicklung des Vertrags mit Vattenfall und – schlimmer noch – zu Investitionen von zwei bis drei Milliarden Euro.

Die SPD hatte sich dafür ausgesprochen, den bisherigen Staatsanteil von 25,1 Prozent beizubehalten und über diese Sperrminorität ihren Einfluss geltend zu machen. Bereits im Sommer letztens Jahres hatte Scholz gesagt, dass die Stadt so wenig wie möglich investieren und gleichzeitig so viel wie möglich mitreden wolle.

Eine Spekulation, die schiefgehen kann"Der Rückkauf wäre eine Spekulation, die schiefgehen kann", sagte der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz kürzlich in einem Interview mit der Welt am Sonntag. Nun wird er diese Spekulation eingehen müssen. Die Frage der Finanzierung ist bisher nicht abschließend geklärt. Genauso wenig, ob die Stadt in einem Ausschreibungsverfahren überhaupt den Zuschlag bekommen würde. Möglicherweise kann es sogar zu kartellrechtlichen Folgen kommen. Denn kommunale Interessen dürfen bei der Vergabe der Konzessionen keine Rolle spielen.

Ein anderes Themenfeld, über das Befürworter und Gegner des Netzrückkaufs heftig gestritten haben, waren Energiewende und Klimaschutz. Mit den Energieriesen E.On und Vattenfall waren bisher zwei Unternehmen für die Energienetze verantwortlich, dessen Klimabilanz Umweltorganisationen trotz aller Einsparungsbemühungen eine beliebte Angriffsfläche bietet.

Ohnehin standen die großen Energieversorger in der Klimadebatte immer wieder in der Kritik. In Hamburg hatte insbesondere die Moorburgtrasse für Ärger gesorgt. Der Betrieb von Stein- und Braunkohlekraftwerken, sowie der verbliebenen Atomkraftwerke ist Umweltorganisationen ein zusätzlicher Dorn im Auge.

Kooperationsverträge zu den AktenDie SPD-Regierung setzte auf Kooperation mit den Unternehmen. Mehr als eine Milliarde Euro sollten sie in die Energiewende investiert werden. Riesige Speicherkapazitäten sollten aufgebaut und das Kohlekraftwerk Wedel durch ein Gaskraftwerk ersetzt werden. Diese vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Stadt und den Energieversorgern E.On und Vattenfall müssen nun zurückgenommen werden.

Die Gegner des Rückkaufs bekräftigten zwar immer wieder, dass der Netzeigentümer nicht darüber entscheiden könne, welche Energie durch die Netze geleitet werde. Ob Atomstrom oder Erneuerbare Energien, dass sei letztlich vom Endverbraucher abhängig. Ein Bürgernetz könne keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Doch die Mehrheit der Hamburger Wählerschaft sah das anders - und hofft nun, dass die Gewinne aus dem Netzbetrieb statt den Konzernen der Hansestadt zugute kommen.

Und sie erhoffen sich durch das Netz in Bürgerhand nun auch stärkere Impulse für die Energiewende. Auf der Website der Initiative geißeln sie die Schwerfälligkeit von Atom- und Kohlekraftwerken und schwärmt von innovativen und flexiblen Netzlösungen.  Intelligente Netze sollen zwischen Verbrauchern, Kraftwerken und Speichern organisiert werden.

Vielleicht auch eine bittere NiederlageEin weiteres Argument: Nur durch den Rückkauf könnte man überhaupt die nötigen Daten ermitteln, um zu erfahren, welche Anstrengungen für die Energiewende unternommen werden müssen. Auch bei der Fernwärme erhofft man sich großes Potenzial für den Klimaschutz. Laut einem städtischen Gutachten könne es außerdem sinnvoll sein, das Netz in kleinere Einheiten zu gliedern. Dezentral und intelligent lautet also das Gebot der Stunde.

Das Kopf-an-Kopf Rennen haben die Befürworter eines Bürgernetzes für sich entschieden. Doch ein klarer Sieg ist es nicht. Ob sich die Entscheidung am Ende nicht als bittere Niederlage herausstellt, wird sich zeigen. Eine intelligente und kundenorientierte Energiewende ist wünschenswert. Dass ein Hamburger Bürgernetz dazu einen Beitrag leisten kann, muss sich noch beweisen.

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