Die Zahlen sind gigantisch: Mehr als zwei Milliarden Menschen bewegen sich schon im Internet. Der Stromverbrauch, der dadurch weltweit entsteht, ist höher als der Deutschlands. Und mit immer mehr Menschen im Netz, immer mehr Streamingdiensten, sozialen Netzwerken und Fotodiensten, wird der Verbrauch weiter zunehmen – allein bei den Clouddiensten um rund sechzig Prozent bis 2020.
Das sind die Ergebnisse eines aktuellen Reports von Greenpeace-USA mit dem Titel "Clicking Green: How Companies are Creating the Green Internet" (Grün Klicken: Wie Unternehmen das grüne Internet schaffen, hier als PDF)
In der 84-Seiten langen Untersuchung vergleicht Greenpeace die Nachhaltigkeits-Anstrengungen der Tech-Giganten. Das Ergebnis: Google und Facebook sind dabei fast gleichauf mit Apple, dem grünen Branchenprimus. Interessant: Auch der deutsche Softwareriese SAP, obwohl in dem Report nicht erwähnt, will jetzt grüner werden. Aber dazu gleich mehr.
Hier ersteinmal die spannendsten Zahlen, die der Report bereithält:- 2017 wird die Hälfte der Weltbevölkerung Online sein (rund 3,6 Milliarden Menschen) und im Internet spielen, fernsehen und Musik hören. Ihre Daten lagern in riesigen Serverzentren, die Unmengen an Strom verbrauchen.
- Die Datenmenge, die im Internet unterwegs ist, wird sich bis 2017 verdreifachen, Audio- und Video-Streaming sind dabei die größten Treiber.
- In 2011 - aus diesem Jahr sind die letzten verfügbaren Schätzungen - haben Cloud-Dienstleistungen 684 Terawattstunden Energie verbraucht. Das ist rund zehn Prozent mehr Strom als Deutschland im vergangenen Jahr benötigte.
- Bis 2020 wird sich der Stromverbrauch für Internetaktivitäten verdreifachen.
- Eine wichtige Tendenz dabei: Die Nutzer speichern immer weniger Daten auf ihren heimischen Computern. Stattdessen verlegen sie diese in die Cloud, also zu Anbietern von Speicherplatz im Internet.
Apple, Facebook und Google sind grüne VorreiterDie gute Nachricht ist: Eine Reihe der größten Digitalunternehmen wie Apple, Facebook und Google will in den kommenden Jahren seine Datenzentren und Büros mit 100 Prozent grünem Strom betreiben. Die Greenpeace-Experten kritisieren dagegen Amazon und Twitter scharf, weil sie keinerlei Zahlen zu ihrem Stromverbrauch veröffentlichen.
Die Gründe, warum einige der Internetriesen jetzt grün werden, sind dabei vielfältig: Zum einen sparen sie mit Wind- und Sonnenstrom teilweise Geld und koppeln sich von steigenden Energiepreisen ab. Zum anderen kommt es bei ihren Kunden gut an. Und zwar nicht nur bei den privaten Nutzern, sondern auch bei Unternehmen, die sich die CO2-Ersparnis durch eine grüne Cloud auf die eigene Treibhausgas-Bilanz anrechnen können.
Dabei gibt es unterschiedliche Strategien, wie Datenzentren grüner werden können:
1. Die Unternehmen beziehen ihren Strom weiter aus dem öffentlichen Netz, kaufen aber für jede verbrauchte Kilowattstunde Zertifikate von Grünstromanlagen dazu. Wasserkraftwerke in Norwegen können diese Zertifikate ausgeben, aber auch Solar- und Windanlagen, die nicht von staatlich festgelegten Einspeisevergütungen profitieren.
Greenpeace kritisiert diesen Zertifikatehandel allerdings, weil er häufig keine Neuinvestitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen fördere.
2. Die Unternehmen können Grünstrom direkt von den Energieversorgern kaufen. Das wiederum macht es für letztere attraktiv, Geld in Solar- und Windparks zu stecken. Dadurch erzwingen sie auch ein Umdenken bei den Energieversorgern, die sich auf die neue Kundschaft einstellen müssen. So schon in einigen US-Bundesstaaten geschehen, wo durch die Nachfrage von Google und Co. erstmals größere Investitionen in Erneuerbare Energien getätigt wurden.
Google investiert eine Milliarde Dollar in ErneuerbareEine weitere Möglichkeit ist es, die Datenzentren in Länder mit einem sehr hohen Anteil von Wind-, Sonnen-, Wasserenergie oder Erdwärme (zum Beispiel Island, den Nordwesten der USA, Norwegen und Schweden) zu verlagern.
3. Die Unternehmen können schließlich selbst in Wind- und Solaranlagen investieren. Google zum Beispiel hat schon mehr als eine Milliarde Dollar in 15 Solarparks oder Windanlagen gesteckt, darunter ist auch eine der größten Solaranlagen der USA.
Wieder andere kaufen den Strom direkt von Windparks oder anderen Anlagen (mit sogenannten Power Purchase Agreements, PPAs). Im Gegensatz zum Kauf der Zertifikate, unterstützten die PPAs den Bau eines Projektes, die Zertifikate werden in aller Regel von schon aktiven Anlagen verkauft.
Besonders lobt Greenpeace die Anstrengungen von Apple mit seinen Datenzentren in North Carolina und Nevada, die mit Strom aus Solaranlagen versorgt werden. Wenn die Solarfarmen in der Nacht keinen Strom produzieren, kauft Apple Energie aus Geothermie-Anlagen dazu. Schon jetzt betreibt Apple seine vier Serverparks vollständig mit Grünstrom.
Aber nicht nur die Lagerstätten für Bytes sind bei Apple grün. Auch die Herstellung des Spezialglases für die Displays in den USA ist es. Konzernweit hat Apple beim Stromverbrauch mittlerweile einen Anteil von 75 Prozent Erneuerbaren Energien erreicht - das ist Rekord bei den Techgrößen.
Auch SAP springt auf den grünen Zug aufDie Entwicklung hin zu einem grüneren Netz will jetzt auch das deutsche Software-Unternehmen SAP unterstützen. Gerade hat der Konzern bekannt gegeben, bis Ende des Jahres weltweit nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen zu nutzen - allerdings über den Handel mit Zertifikaten. Aktuell hat das Unternehmen einen Grünstromanteil von 43 Prozent.
Der Hintergrund der Aktion: Vergangenes Jahr stieg der CO2-Ausstoß von SAP um satte zwölf Prozent, weil viele Kunden ihre Softwarelösungen in die Cloud des Unternehmens verlegten. Eigentlich will SAP aber seinen Ausstoß schon in den nächsten Jahren unter das Niveau des Jahres 2000 senken.
Daniel Schmid, Nachhaltigkeitschef von SAP in Deutschland, verteidigt derweil den Kauf von Zertifikaten, um diesem Ziel näher zu kommen. "Wir wollen nicht selbst in das Energiegeschäft einsteigen und investieren", sagt er. Deshalb seien die Zertifikate eine gute Wahl. Wegen der Zertifikate wird der Strompreis für SAP auch steigen. Aber das ist es dem Unternehmen wert, denn es will damit auch neue Kunden in seine "grüne Cloud" locken.
Nach Beratungen unter anderem mit Energie-Experten beim WWF kauft SAP aber keine Zertifikate von Anlagen, die älter als zehn Jahre sind (was die meisten Wasserkraftwerke ausschließt) und will vor allem regionale Projekte fördern. So kommen die Grünstromzertifikate in den USA auch von dort, in Europa ebenso.
Das Beispiel von SAP und vor allem das Engagement von Apple, Google und Facebook zeigen einen klaren Trend: Das Internet erlebt gerade seine Energiewende. Man kann hoffen, dass die Tech-Größen damit zum Vorbild für andere Branchen werden.