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Ernährung Tiere sollen kein Genfutter mehr bekommen

Soja ist für die Tierzucht in Deutschland unverzichtbar. Doch Import-Bohnen sind zu 80 Prozent Gen-Pflanzen. Nun soll Soja auf einheimischen Äckern sprießen.

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Sie ist aus der heutigen industriellen Tiermast nicht wegzudenken: Soja liefert besonders hochwertiges Eiweiß, ein essentieller Nährstoff für das Wachstum. Daher steht die Futterpflanze als Schrot oder Bohnen stets auf dem Futterplan der rund 51 Millionen Schweine, 610 Millionen Masthähnchen und der 35 Millionen Legehennen in Deutschland. Aber auch Rinder bekommen Soja ins Futter gemischt. Denn die Regel lautet: Je mehr Ertrag ein Tier bringen soll, desto mehr hochwertige Proteine sind nötig.

Das Problem: Weil Soja in Deutschland bislang kaum angebaut wird, kommt der Großteil als Import aus Südamerika. Dort sind die Pflanzen meist gentechnisch verändert - rund 80 Prozent der Einfuhren sind GVO (gentechnisch veränderte Organismen). Warum davon nichts auf den Waren im Supermarkt steht? Eine Schwachstelle in der Verordnung zur Kennzeichnung solcher importierten Produkte macht's möglich. Demnach muss nur das Futtermittel als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden, die Produkte dieser Tiere aber nicht.

Für den deutschen Ökolandbau ist das ein striktes Tabu. Aber auch viele Verbraucher, die sich die teureren Bioprodukte nicht leisten wollen oder können, stehen hierzulande der Gentechnik im Essen ablehnend gegenüber. Noch dazu muss für den Sojaanbau beispielsweise in Argentinien Stück für Stück Regenwald weichen.

Forscher wollen deutschen Sojaanbau voranbringenIn Zahlen sieht das dann so aus: Pro Jahr werden bei uns rund 4,5 Millionen Tonnen Sojaschrot an Nutztiere verfüttert. Dagegen lag der Ertrag aus eigener Produktion 2012 bundesweit nur bei etwa 13.500 Tonnen. Die Folge ist eine enorme „Eiweißlücke“ – die es aber auch in anderen europäischen Ländern gibt. So kommen nur etwa drei Prozent der benötigten Sojamenge in der EU von eigenen Feldern. Am meisten bauen Italien, Frankreich und Österreich an.

Deutschland will das Problem anpacken und mehr heimische Landwirte zu Sojabauern machen. Darum testen Wissenschaftler am Forschungsinstitut für ökologischen Landbau (FiBL) aus Deutschland und der Schweiz zurzeit, welche Sorten und Anbaustrategien am besten in den hiesigen Breitengraden funktionieren. Normalerweise braucht die Sojapflanze ein eher warmes Klima. Trotzdem konnten die Forscher bereits nachweisen, dass einzelne Sorten sogar Spätfrost wegstecken.

„Es steht außer Frage, dass wir in Deutschland an den passenden Standorten Soja nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten anbauen können“, sagt Ann-Kathrin Spiegel, Mitarbeiterin des Sojaprojekts von FiBL. Das Projekt läuft nach drei Jahren Laufzeit Ende 2013 aus. Die Forschungsarbeit soll aber weitergehen. „Wir erwarten, dass wir die Bedingungen für den heimischen Sojaanabau über Züchtung und pflanzenbauliche Maßnahmen in den nächsten Jahren weiter verbessern können“, erläutert Spiegel.

Herausforderungen liegen vor allem darin, die Wachstumszeiten der Pflanzen zu verkürzen, sie resistent gegenüber Kälte und Trockenheit zu machen sowie vor Unkraut. Die Anbautechnik spielt dabei eine große Rolle. Zum Beispiel experimentieren die Forscher mit Fließabdeckungen, damit die Pflanzen unter diesem Wärmedach schneller wachsen.

Landwirte müssen überzeugt werdenEine Herausforderung sei aber auch, die Landwirte überhaupt vom Sojaanbau zu überzeugen. Momentan gibt es im Namen des FiBL-Projekts rund 37 Standorte in Deutschland mit einer Anbaufläche von rund 5000 Hektar. Der größte Flächenanteil mit etwa 3000 Hektar liegt dabei in Baden-Württemberg und Bayern. Um den gesamten deutschen Bedarf decken zu können, müssen schätzungsweise 2,6 Millionen Hektar Soja angebaut werden.

Ob sich ein Landwirt für den Sojaanbau entscheidet, hängt in der Regel vom möglichen Ertrag ab. Der bestimmt sich nach den Preisen auf dem Weltmarkt. Ist etwa der Getreide- oder Maispreis hoch, hat Soja kaum eine Chance. Der Preis für eine Tonne Sojaschrot schwankte innerhalb der letzten sechs Monate zwischen 350 und 550 Euro je Tonne. „Wir gehen davon aus, dass sich der Preis 2013 insgesamt auf hohem Niveau bewegen wird und der Anbau von Sojabohnen deshalb auch für unsere Landwirte attraktiver wird“, sagt Josef Groß, Projektleiter vom „Aktionsprogramm Heimische Eiweißfuttermittel“ der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.

Für ihn ist aber auch wichtig, dass die Landwirte auf Alternativen zu Soja setzen und generell Eiweiß als Futtermittel einsparen. Dafür müssten die Landwirte zum Beispiel genauer nach den empfohlenen Rationen je nach Wachstumsphase dosieren. Als Alternativen könnte in der Schweinemast zumindest ein Teil des Sojaschrots durch Rapsschrot oder andere heimische Eiweißfuttermittel wie Kleegras und Luzerne ersetzt werden. In der Rinderfütterung wäre sogar ein vollständiger Ersatz möglich.

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