Eine Reichweite von 300 Kilometer für ein Elektroauto ist für die Kreisel-Brüder aus Österreich kein Problem mehr. Aus dem Rennen um mehr und mehr Reichweite wollen sich die Bastler aber erst einmal verabschieden, um sich einem anderen Problem zu widmen: Die endlos lange Ladedauer. Dazu arbeiten sie derzeit an einer Gleichstrom-Ladesäule mit einer Leistung von 200 Kilowatt.
Das wäre ein Gigant unter den Ladesäulen. Herkömmliche Schnellladesäulen haben eine Ladeleistung von 50 Kilowatt, normale Ladesäulen nur zwischen elf und 22 Kilowatt. Statt Stunden zu warten, bis der Stromer wieder startklar ist, lädt die Kreisel-Innovation innerhalb von 18 Minuten Strom für 300 Kilometer. Teslas Supercharger braucht nach eigenen Angaben 30 Minuten für 270 Kilometer Reichweite.
Um das zu realisieren, kann die Ladesäule der Österreicher zwei Aufgaben gleichzeitig erledigen. Da das Stromnetz eine so hohe Ladeleistung nicht hergibt, statteten sie die Ladesäule mit einer Batterie aus, die den Strom aus dem Netz zieht und bei Bedarf im Highspeed-Modus an das Elektroauto abgibt. Der zweite Vorteil: "Der Speicher in der Ladesäule kann auch von Netzbetreibern zur Stabilisierung des Netzes genutzt werden", erklärt Markus Kreisel, der das Unternehmen Kreisel Electric mit seinen Brüdern Philipp und Johann jun. betreibt.
Das Prinzip funktioniert. Herstellen und vermarkten wollen die Kreisel-Brüder die Highspeed-Ladesäule aber nicht, sondern eine Kooperation mit einem Ladesäulen-Hersteller eingehen. Kreisel hofft, dass 2017 bereits die ersten Autos ihren Strom schneller als in einer halben Stunde laden können.
Ähnlich wie bei Tesla soll die Ladesäule nur dabei helfen, dass sich die Batterietechnik im Straßenverkehr durchsetzt. Denn die drei Brüder haben rund zehn Millionen Euro in den Aufbau einer vollautomatisierten Batteriefabrik gesteckt, die im März 2017 im österreichischen Rainbach eröffnet werden soll. Es ist die erste in Österreich.
Batteriefabrik mit ÖkostromDas Dach erhält eine Photovoltaikanlage (200 kWp). Ein stationärer Speicher mit Kreisel-Batterien (1000 Kilowattstunden) sichert die kontinuierliche Versorgung mit selbst produziertem PV-Strom. Und die Wärmeversorgung wird durch die Nutzung von Abwärme der Produktionsmaschinen sowie Wärmepumpen sichergestellt. Kreisel: "90 Prozent decken wir durch regenerative Energien."
Hergestellt werden keine Zellen, sondern Batteriepacks. 800.000 Kilowattstunden jährlich, so der Plan, mit dem die drei Österreicher Konkurrenten wie Tesla abhängen wollen. Die einzige Gemeinsamkeit mit dem Pionier aus Kalifornien ist die Verwendung von hochwertigen Rundzellen vom Typ "18650". Diese sind leichter als herkömmliche Zellen, haben keinen Memoryeffekt und eine etwa 50 Prozent höhere Energiedichte als die Akkus, die sonst in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Dadurch werden ein Drittel Material- und Herstellungskosten eingespart.
Kreisel verbindet die Zellen nicht durch Schweißen, sondern mit einer modernen Laser-Technik, die derzeit einzigartig auf dem Markt ist. Durch das Verfahren haben die Zellen rund zehn Prozent mehr nutzbare Kapazität. "Da ist zehn Prozent mehr Reichweite drin. Das sind zehn Prozent mehr Lebensdauer", schwärmt Kreisel. Auch die patentierte flüssige Kühlung macht die Akkus effizienter als ihre Konkurrenten.
Um das zu demonstrieren, haben die Kreisel-Brüder die Batterie des eGolfs von VW durch ihre eigene ersetzt. Die Hochvoltbatterie aus Wolfsburg hat eine Kapazität von 24,2 Kilowattstunden bei einem Gewicht von 330 Kilogramm. Die Kreisel-Batteriepacks erhöhten die Kapazität bei identischem Bauraum und identischem Gewicht auf 55,7 Kilowattstunden - statt 190 fuhr das E-Auto nun 350 Kilometer weit. Dabei soll die Batterie in der eigenen Fabrik künftig auch "kostengünstig" produziert werden: "Wir können heute schon nur bei Prototypen und Kleinserien bei den Herstellungskosten von Tesla mithalten", erklärt Kreisel.
Das Batteriesystem wird nicht für die Automobilindustrie hergestellt, da das Start-up dafür viel zu klein ist. An die Konzerne verkaufen sie ihr Know-how. Das Batteriesystem in Kleinserie von 500 oder 1000 Stück an Unternehmen aus der Landwirtschaft, dem Flugzeugbau und der Marinetechnik, die den elektrischen Antrieb auf diese Weise testen wollen. Die eigene Fabrik soll dann der nächste Schritt werden.