Dass Wind- und Solarkraftwerke das Klima schützen, ist unstrittig. Denn im Gegensatz zu ihren Pendants, die Kohle und Erdgas verbrennen, pusten sie kein Kohlendioxid in die Luft. Weniger einig waren sich Experten bisher über die generellen Folgen für die Umwelt, die eine globale Energiewende haben würde. Denn bei der Stromerzeugung geht es nicht nur um den Klimaschutz, sondern auch um Luftverschmutzung, Rohstoffverbrauch und Wassernutzung.
Am Ende steht also die Frage: Wie umweltfreundlich und nachhaltig ist eine globale Energiewende eigentlich?
An einer Antwort hat sich jetzt ein Wissenschaftlerteam um den norwegischen Forscher Edgar Hertwich von der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim versucht. Laut Hertwich ist die Modellrechnung, die er mit neun Kollegen anstellte, der erste Versuch, um eine Gesamtumweltbilanz für eine CO2-arme Stromversorgung aufzustellen (die Studie gibt es hier als PDF).
Die Forscher verglichen dabei zwei Entwicklungen, mit denen die Internationale Energieagentur (IEA) für die Zukunft rechnet. Das ist einmal ein Business-as-usual-Szenario, in dem sich die Energiewelt wie in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt. Auf der anderen Seite steht ein Szenario für eine Stromversorgung, die klimafreundlich ist und ihren Teil dazu beiträgt, dass die schlimmsten Folgen der Erderwärmung ausbleiben.
Im Business-as-usual-Szenario wird der Energieverbrauch sich bis 2050 mehr als verdoppeln und fossile Energieträger wie Erdgas, Kohle und Erdöl liefern knapp 70 Prozent des Stroms. Allein die besonders klimaschädliche Kohle hat in diesem Szenario einen Anteil von 44 Prozent. Trifft dieses Szenario ein, würde sich der Kohlendioxidausstoß der Stromversorgung verdoppeln.
Auch im Klimaschutz-Szenario wird sich der Stromverbrauch ungefähr verdoppeln. Aber Sonne, Wind und Wasserkraft liefern hier 40 Prozent des Stroms. Saubere Kohlekraftwerke, die CO2 filtern, Erdgas- und Atomkraftwerke tragen den Rest bei. Insgesamt sinkt der Anteil der Kohlekraft aber auf rund 17 Prozent an der Stromversorgung. Der CO2-Ausstoß würde dabei im Vergleich zur aktuellen Stromversorgung um 76 Prozent sinken.
Und das sind die wichtigsten Ergebnisse im Vergleich der beiden Energiesysteme:
– klimafreundliche Kraftwerke benötigen beim Bau sehr viel mehr Rohstoffe als fossile Kraftwerke. Im Vergleich wird in Solaranlagen pro Megawatt Leistung elf- bis vierzigmal mehr Kupfer verbaut, Windanlagen brauchen sechs- bis vierzehnmal mehr Eisen als Kraftwerke, die Kohle und Erdgas verbrennen.
– ordnet man diese Werte allerdings in den weltweiten Gesamtverbrauch dieser Rohstoffe ein, relativieren sich die Zahlen. So würde der Umbau hin zu einer klimafreundlichen Stromerzeugung nur so viel Kupfer verbrauchen, wie Bergbauunternehmen derzeit innerhalb von zwei Jahren fördern.
Die Nachfrage nach Eisen und Stahl würde bis 2050 um rund zehn Prozent zunehmen (was der Jahresmenge der aktuellen Produktion entspricht), die Nachfrage nach Aluminium würde allerdings fallen. Insgesamt, so schreiben die Forscher, sei der Rohstoffverbrauch für eine globale Energiewende "nicht zu vernachlässigen, aber auch nicht gravierend".
– insgesamt ist der Materialverbrauch im Klimaschutz-Szenario doppelt so hoch wie im Weiter-so-Szenario. Das ist allerdings nicht verwunderlich, müssen doch viele Solaranlagen und Windturbinen neu errichtet werden.
– insgesamt reduziert sich über den Betrachtungszeitraum die Luftverschmutzung durch Feinstaub im Klimaschutz-Szenario um 40 Prozent und die Wasserverschmutzung um rund 50 Prozent. Diese Werte sind deshalb wichtig, weil sie auf einen Nebeneffekt einer klimafreundlichen Stromversorgung hinweisen: Die Gesundheitskosten, die durch die aktuelle Stromversorgung mit einem hohen Anteil fossiler Energieträger entstehen, werden sinken.
– etwas überraschend ist, dass sich auch der Landverbrauch bei einer klimafreundlichen Energieversorgung verringert. Denn Wind- und Solarparks benötigen sehr viel größere Flächen als zum Beispiel Kohlekraftwerke. Allerdings ist hier der Landverbrauch für die Gewinnung und den Transport der Kohle enorm, was deren Vorteil wieder aufhebt.
– einen blinden Fleck hat die Studie allerdings, wie die Forscher zugeben. Die Umweltfolgen für die Atomkraft sind nicht in die Berechnungen eingeflossen. Die Datensätze, die dazu Werte lieferten, seien zu umstritten und gegensätzlich in den Ergebnissen, um sie für eine Analyse zu nutzen.
Das Fazit ist dennoch klar: Von einer weltweiten Energiewende und einem weitgehenden Ausstieg aus der Kohlekraft profitieren Klima, Luft und Wasser gleichermaßen.
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Eine Rohstoffbilanz der verschiedenen Energieträger haben wir bei WiWo Green an dieser Stelle vorgestellt.
Eine Energiebilanz der Windkraft gibt es hier, eine für die Solarenergie hier