Grüner Airport So wollen Flughäfen umweltfreundlicher werden

An Flughäfen wird eine Menge CO2 ausgestoßen. Viele Betreiber wollen daher verstärkt auf E-Mobilität setzen. Das ist nicht ganz uneigennützig.

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Am Stuttgarter Airport sollen E-Fahrzeuge wie dieser Flugzeugschlepper helfen, die CO2-Emissionen zu verringern. (Foto: Flughafen Stuttgart GmbH)

Wer eine Flugreise macht, hinterlässt einen gewaltigen CO2-Fußabdruck: Für die Strecke von Berlin nach Frankfurt etwa werden pro Person 93 Kilogramm Kohlendioxid ausgestoßen, beim Rückflug sind es sogar 116 Kilogramm. Was jedoch oft vergessen wird: Die Klimasünde beginnt schon am Boden.

Hunderte Flugzeugschlepper, Gepäckwagen und Vorfeldbusse fahren täglich auf den Rollfeldern umher und transportieren Flieger, Koffer und Passagiere zur Startbahn - auch dabei wird eine Menge CO2 ausgestoßen. Das soll sich nun aber ändern: Viele Flughäfen wollen grüner werden und setzen dafür auf Elektromobilität.

In Stuttgart hat man sich ein besonders ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2017 soll der Passagier- und Gepäcktransport vollständig auf Elektroantriebe umgestellt werden. „Nach unserem Wissen ist dieser Schritt weltweit einmalig und auf unserem Weg zum fairport ein weiterer Meilenstein", sagt Professor Georg Fundel, Geschäftsführer der Flughafengesellschaft FSG.

Geladen wird nachts

Am Stuttgarter Flughafen war das erste Elektrofahrzeug bereits 2013 im Einsatz, als ein E-Bus als weltweit erster umweltfreundlicher Flughafen-Shuttle getestet wurde. Seitdem investierte der Landesflughafen über 4,4 Millionen Euro in 25 Passagierbusse, Vans, Pushback-, Gepäck- und Frachtschlepper mit Elektroantrieb sowie in 20 Ladestationen. Sieben Fahrzeuge sollen noch ersetzt werden. Im Vergleich zum Dieselantrieb spart jedes dieser Fahrzeuge über 22 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ein.

Auch in Frankfurt werden die Flughafen-Fahrzeuge teilweise elektrisch betrieben. (Foto: Deutsche Lufthansa AG)

Einfach den Dieselantrieb durch Akkus zu ersetzen, das funktioniert allerdings nicht, denn Akkus sind nicht gleich Akkus. Sie müssen möglichst viele Ladezyklen problemlos überstehen, wenig Bauraum verschwenden und genügend Leistung erbringen. Wie sich das am besten erreichen lässt, hat die FSG im Rahmen des Projekts „eFleet“ gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt e.V. (DLR) und der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie e-mobil BW GmbH untersucht.

Die Passagierbusse wurden mit Lithium-Titanat-Zellen ausgestattet, die Gepäckschlepper mit Blei-Säure-Batterien – die sind zwar etwas schwerer, aber auch günstiger. „Ein Reichweitenproblem gibt es nicht, da die Fahrzeuge täglich lediglich rund 80 Kilometer zurücklegen“, sagt Projektleiter Martin Hofmann. Geladen wird nachts. Das reicht.

Flughäfen wollen attraktiver Arbeitgeber werden

Die Mitarbeiter sind begeistert. Vor allem, weil Lärmpegel und Dieselgestank zurückgehen und es weniger warm wird. Trotz der Umstellungen läuft der Betrieb im Drei-Schichten-Rhythmus störungsfrei. Für Hofmann sind Flughäfen damit ein optimales Testfeld für den Einsatz von elektrischen angetriebenen Fahrzeugen.

Doch bei aller Euphorie: Im Vergleich zum Schadstoffausstoß der Flugzeuge, die täglich starten und landen, sind die Einsparungen verschwindend gering. Für die FSG ist es trotzdem ein wichtiger Schritt – auch, um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern. Der Wettbewerb um Fachkräfte ist in der Region groß. „Mit der Umstellung auf Elektroantriebe steigt die Attraktivität des Flughafens als Arbeitgeber“, sagt Martin Hofmann. Und sie hat noch einen Vorteil: Die Energieeinsparungen liegen zwischen 50 bis 80 Prozent.

Auf der nächsten Seite: Das Einsparpotenzial ist groß, die Politik soll helfen

Nicht nur der Flughafen Stuttgart setzt auf Elektromobilität. Auch in Frankfurt, einem der weltweit bedeutendsten Luftfahrtdrehkreuze, werden Elektrofahrtzeuge eingesetzt. In der Initiative E-PORT AN arbeiten die Betreibergesellschaft Fraport AG, die Lufthansa Group, das Land Hessen und die Modellregion Elektromobilität Rhein-Main gemeinsam daran. Für ihre Zusammenarbeit in der Initiative sind die Partner vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem 2014 mit dem GreenTech Award in der Kategorie Luftfahrt.

Weniger Kerosin, weniger CO2

Aktuell werden etwa zehn Prozent der Fahrzeuge am Flughafen elektrisch betrieben. Neben Förderband- und Plattenhubwagen gehört auch der hybridgetriebene Schlepper TaxiBot dazu, den die Lufthansa gemeinsam mit dem Hersteller Israel Aerospace Industries (IAI) entwickelt hat.

Mit seinen Elektromotoren zieht er eine Boeing 737 zur Startbahn. Normalerweise rollt der Flieger oft kilometerweit bis zu den Start- oder Parkpositionen. Dabei bewegt er sich mit Hilfe seiner Triebwerke fort oder wird von bis zu 1.360 PS starken Schleppfahrzeugen mit entsprechend großen Dieselmotoren gezogen. Mit dem TaxiBot ist das nicht mehr nötig – und die Lufthansa kann den Kerosinverbrauch und die CO2-Emissionen am Boden reduzieren.

Auch die Lufthansa will ihre Emissionen am Boden reduzieren – beispielsweise mit dem hybridgetriebenen Schlepper TaxiBot. (Foto: Deutsche Lufthansa AG)

Auch Langstreckenflugzeuge lassen sich so ziehen. Der weltweit erste Flugzeug-E-Schlepper kann Flieger bis zu einem Gewicht von 600 Tonnen rein elektrisch ziehen. Zum Einsatz kommt er, wenn das Flugzeug vom Abfertigungsbereich in den Wartungshangar positioniert wird. Noch sind nicht alle Tests abgeschlossen. Die Lufthansa erwartet aber eine Reduzierung der CO2-Emissionen von über 70 Prozent, 60 Prozent geringere Energiekosten und eine Halbierung des Wartungsaufwands. 

Ein Großteil der für die Umwelt schädlichen Emissionen wird jedoch nicht am Boden, sondern in der Luft ausgestoßen. Die Fluggesellschaft will deswegen auch hier den Verbrauch reduzieren. Seit Anfang des Jahres wird der A320neo eingesetzt, der 15 Prozent weniger Treibstoff als vergleichbare Modelle verbrauchen und den Lärm mit 85 Dezibel um rund 50 Prozent verringern soll.

Verband fordert politische Unterstützung

Das Einsparpotenzial ist groß – in der Luft genauso wie am Boden: Etwa zwölf Millionen Liter Benzin und Diesel braucht Flughafenbetreiber Fraport aktuell für seine 3.000 Fahrzeuge. Durch die Umstellung von rund zehn Prozent der Gefährte auf Stromantrieb seien 2015 bereits etwa 100 Tonnen CO2 vermieden worden, sagt ein Unternehmenssprecher. Bis 2020 sollen 50 weitere E-Fahrzeuge hinzukommen.

Mit einem effizienten Hybridantrieb können kleinere Flieger künftig deutlich effizienter und damit umweltfreundlicher abheben.
von Wolfgang Kempkens

Über 700 E-Fahrzeuge sind in Deutschland bereits an den 22 internationalen Verkehrsflughäfen im Einsatz. Nach aktuellen Zahlen des Flughafenverbandes ADV werden derzeit 19 Prozent aller am Flughafen genutzten Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (Erdgas, Hybrid, Elektro, H2) betrieben – es könnten allerdings noch mehr sein. Der ADV schätzt das Potential auf 10.000 Fahrzeuge.

Dafür sieht der Verband allerdings auch die Politik in der Pflicht: „Wir fordern die Bundesregierung auf, das nachhaltige Engagement der Flughafenbetreiber zu stärken“, sagt ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. „Förderprogramme für die Investitionen in neue Ladeinfrastruktur auf den Vorfeldern, Prämien sowie die Einführung einer Sonderabschreibungsmöglichkeit für die gewerbliche Nutzung von Fahrzeugen mit elektrifizierten Antrieben wären ein Schritt in die richtige Richtung.“

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