Guerilla-Photovoltaik Deshalb lassen Solaranlagen für die Steckdose auf sich warten

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Entweder einfach - oder teuer

All diese Probleme zu lösen macht die Anlage am Ende aber leider deutlich unrentabler. Ein Beispiel: Eine Anlage mit 250 Wp (Watt peak, also Maximalleistung) erzeugt an einem sonnigen Ort in Deutschland über das Jahr gesehen fast 200 Kilowattstunden, die bei den aktuellen Preisen etwa 50 Euro wert sein dürften. Bei 600 Euro Kosten hat sich die Anlage also nach 12 Jahren amortisiert.

Kommen nun also für Blitzschutz, Sicherungsaustausch oder sogar Spezialsteckdoseneinbau beispielsweise Techniker- und Materialkosten von 150 Euro hinzu, verzögert sich die Amortisierung um drei Jahre – die Kosten steigen um 25 Prozent.

Viele der oben genannten Risiken seien verschwindend gering, wenn man nur eine oder zwei Anlagen betreibe, so Körner – und mehr seien ja auch nicht vorgesehen. Denn wer viel mehr Platz hat, fährt mit einer klassischen Solaranlage besser.

Warum der Solarheld beim Crowdfunding nicht überzeugen konnte, hatte ohnehin einen anderen Grund: "Was neben den VDE-Bedenken das größte Problem war, ist der fehlende Versicherungsschutz", sagt Körner. Den gibt es nämlich nur für Anlagen, die von einem Elektriker installiert worden sind. Die Versicherungen verweisen aber auf die VDE-Norm.

Neue Norm enttäuscht PV-Freunde

Soll die Energiewende auf dem Balkon funktionieren, braucht es am Ende wohl doch die regelnde Hand des Gesetzgebers - ein hilfreicher Anstoß könnte die neue Norm werden. Seit Kurzem ist der Entwurf dazu öffentlich. Wer sich diesen anschauen und Einsprüche anmelden möchte, kann das derzeit in der Normenbibliothek des VDE machen. Die fertige neue Norm kommt wohl im nächsten Jahr.

Darin könnten nun die Regeln stehen, die den Durchbruch bedeuten. Der VDE weiß: "Die Anwendung von Normen ist freiwillig. Jedoch wird auch vom Gesetzgeber auf die Einhaltung von Normen verwiesen", sagt Nied. Deshalb hatten Photovoltaik-Freunde gehofft, dass vielleicht doch eine Toleranzgrenze für 600-Watt-Anlagen diskutiert würde, statt einen eigenen Einspeisestromkreis vorzuschreiben. Das ist allerdings nicht passiert.

Marcus Vietzke von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie kritisierte im PV-Magazine deshalb die fehlende Möglichkeit, Geräte kostengünstig und einfach selbst in Betrieb zu nehmen. Der geforderte separate Einspeisestromkreis führe zu Mehrkosten. Seine Angst: "Wenn der Entwurf so in die Norm einfließt, werden auch die fortschrittlichen Netzbetreiber, die bisher die Installation mit SchuKo-Stecker geduldet haben, einen Einspeisestromkreis fordern."

Damit bliebe es bei "Guerilla-Photovoltaik" - also dem Betrieb in einer rechtlichen Grauzone. Aber bis Weihnachten bleibt noch Zeit, Einwände gegen die Norm vorzubringen. Ein gutes Argument haben die Fans der Kleinanlagen auf ihrer Seite: Bislang ist noch kein gefährlicher Zwischenfall bekannt. In Deutschland nicht, wo Plug-in-Anlagen bislang zugegebenermaßen auch nur von technisch Interessierten gekauft werden. Aber auch aus den Ländern mit Marginalgrenzen von 500 (Österreich) oder 600 (Schweiz) Watt nicht.

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