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Güterzüge Neue Containerkräne machen die Bahn schneller

Güterzüge sind besonders umweltfreundlich - aber langsam. Das soll eine neue Technik für Rangierbahnhöfe ändern.

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Es ist schon merkwürdig: Im Jahr 1860 schaffte es die Reichsbahn, Güter pro Tag 150 Kilometer weit zu befördern. Die Deutsche Bahn schafft heute, gut 150 Jahre später, auch nicht mehr, sagt der Verkehrsexperte Bernd Kortschak, Professor im Bereich Verkehrs- und Transportwesen an der Fachhochschule Erfurt. Nur sogenannte Ganzzüge, die Fracht direkt von einem Punkt zum nächsten transportieren, legen mehr Strecke pro Tag zurück.

Schuld an der Langsamkeit der Güterzüge ist das Rangieren, ihr Zerlegen und deren Neubildung. Dieselloks schubsen einen Waggon nach dem anderen über den so genannten Ablaufberg. Einzeln gestellte Weichen sorgen dafür, dass jeder in das richtige Gleis rollt. Das, sagt Kortschak, dauere viel zu lange, sei zu teuer, verbrauche unnötig viel Energie und sei überhaupt überflüssig.

Der Verkehrsexperte hat eine neue Lösung für den Güterumschlag im Gleis entwickelt, die Güterzüge erheblich schneller machen soll. Das System namens Cargo Net besteht aus mehreren Kranbrücken, die sich über die Gleise spannen. Züge, die ent- und beladen werden sollen, fahren langsam unter den Kränen durch und halten, wenn Container umgeladen werden sollen. Dabei rollen mehrere Güterzüge, die Fracht für unterschiedliche Endbahnhöfe geladen haben, nebeneinander her. Auch LKW mit Containern können sich entlang der Strecke postieren.

Dann picken sich die Kranfahrer die Container heraus, die auf Züge mit anderen Zielen umgeladen werden müssen, und heben sie um. Oberleitungen gibt es in diesem Umladebereich natürlich nicht - trotzdem können auch Elektroloks einfahren, indem sie mit Schwung unter den Kränen wegfahren, bis sie eine ein paar Dutzend Meter entfernte Oberleitung erreicht haben, die ihnen neue Kraft gibt.

Züge werden so schnell wie LKW

Vertikales Rangieren nennen das Bahnexperten das neue Umladesystem. Der Vorteil der Methode: Die Bahn spart einen Großteil der Zeit ein, die beim klassischen Rangieren verplempert wird. Damit steigt die  Reisegeschwindigkeit der Güterzüge, die heute trotz Spitzengeschwindigkeiten von 120 Kilometer pro Stunde im Durchschnitt bei mageren 20 bis 40 Kilometer pro Stunde liegt, auf Tempo 65. Und das entspricht dem Durchschnittstempo von Lkw.

Bisher setzen die meisten Umschlagbahnhöfe noch auch das zeitaufwendige klassische Rangieren.Wenn sich daran nichts ändert wird der Bahngüterverkehr im Jahr 2016 „jeglichen nennenswerten Marktanteil verloren haben“, befürchtet der Erfurter Professor, vor allem, wenn der Einsatz der sogenannten Gigaliner forciert wird. Das sind Lkw mit einem Gesamtgewicht von 60 Tonnen und einer Länge von 25,5 Meter. Heute liegen die Grenzwerte bei 18,75 Meter und 44 Tonnen.

Ein Blick in die Hafenterminals von Hamburg und Rotterdam könnte der Logistikbranche Inspiration verschaffen: Dort wird bereits vertikal rangiert. Vorbild sind auch die Belgier: Im Hafenbahnhof Antwerpen wird die Fracht auf bis zu acht Zügen, die von den verschiedenen Kais kommen, bereits mit dieser Technik sortiert.

Mit durchschlagender Wirkung: Dank der schnellen Umladetechnik  kann die belgische Bahn ihren Kunden im eigenen Land eine Über-Nacht-Lieferung versprechen.

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