In Deutschland Größter Speicher mit Alt-Akkus geht ans Netz

Der größte sogenannte 2nd-use Batteriespeicher der Welt ist in Lünen ans Netz gegangen. Er kann immerhin 13 Megawattstunden vorhalten.

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1000 Batteriesysteme sind in dem 2nd-use Batteriespeicher verbaut. (The Mobility House)

Ausgediente Batterien aus Elektroautos sind noch lange kein Schrott. Als Speicher können sie sinnvoll weiter genutzt werden. Wie das funktioniert, zeigt das Joint-Venture von Daimler, The Mobility House (TMH), GETEC und REMONDIS, das jetzt im westfälischen Lünen den größten 2nd-use Batteriespeicher der Welt ans Netz angeschlossen haben. 

Aus 1000 Batteriesystemen aus dem "smart fortwo electric drive" von Daimler wurde der 13-Megawattstunden-Batteriespeicher zusammengebaut, der jetzt für die Vermarktung von Primärregelleistung genutzt wird. Diese Leistung, auch Primärreserve genannt, soll das Stromnetz binnen Sekunden stabilisieren - etwa bei einer unvorhergesehenen Flaute oder einem Kraftwerks-Störfall. Das macht sie besonders wertvoll.

Batteriereichweite bei E-Autos schwindet nach zehn Jahren

Die Daimler AG sichert ihren E-Fahrzeugkunden je nach Modell eine Batterieleistung von bis zu zehn Jahren zu. Die Batteriesysteme sind jedoch auch danach noch voll einsatzfähig – nur für den Autofahrer sind sie aufgrund schwindender Reichweite unattraktiv.  Die Lithium-Ionen-Akkus landen auf dem Müll. Und damit gehen seltene und teure Rohstoffe verloren. Recycling ist noch keine wirtschaftliche Alternative.

Als Stromspeicher eignen sich die ausrangierten Akkus aber optimal. Nach Angaben von Thomas Raffeiner, CEO von TMH können die Batterien auf diese Weise zehn Jahre genutzt und zu aktuellen Marktpreisen rentabel betrieben werden. Durch das kontinuierliche Laden und Entladen werden die Batterien geschont, was ihre Lebensdauer verlängert. "Alles, was der Batterie schadet, findet dort nicht mehr statt", sagt Raffeiner.

So sieht der Batteriespeicher in der Modellansicht aus. (The Mobility House)

Die ersten Systemstränge sind bereits am Netz. Noch in diesem Jahr soll der Speicher seine volle Kapazität für die Primärregelleistung nutzen. Um die Frequenz von 50 Hertz im Stromnetz jederzeit halten zu können, müssen die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Schwankungen in Sekundenschnelle ausgleichen. Bislang sind es vor allem Gas- und Pumpspeicherkraftwerke, die das Netz schnell stabilisieren.

Die Idee, ausgediente Batterien als flexible Energiespeicher zu nutzen, hatten auch Bosch, die BMW Group und Vattenfall. In der Hafencity in Hamburg verschalteten sie 100 Batteriemodule zu einem stationären Speicher. Allerdings nur mit einer Leistung von zwei Megawatt (MW) und einer installierten Kapazität von 1,6 MWh. Der deutsche Bedarf an Primärreserve liegt derzeit bei 583 MW - die 13 MW sind demnach ein Anteil von gut zwei Prozent.

Mit  zunehmender Einspeisung von Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energien aus Windkraftanlagen oder Solarkraftwerken gelten leistungsfähige Batteriespeicher als ein Schlüssel zur Stabilisierung der Stromnetze. Nach einer neuen Studie von Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) und der Deutschen Messe AG können diese alten Lithium-Ionen-Akkus im Jahr 2025 mit 25 Gigawattstunden (GWh) etwa genauso viel Strom zur Verfügung stellen wie die Hälfte aller deutschen Pumpspeicher-Kraftwerke.

Aus Sicht von Raffeiner ist der Speicher erst der Anfang. In Zukunft werde Vernetzung eine größere Rolle spielen. Er ist davon überzeugt, dass der Akku eines Elektroautos künftig als Zwischenspeicher genutzt wird, während das Fahrzeug in der heimischen Garage oder am Arbeitsplatz am Stecker hängt.  

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