Innovation Forscher entwickeln Stahlflügel für Windturbinen

Flügel für Windräder bestehen meist aus Fasern, Harz und Holz. Nun wollen Forscher mit Stahlblech die Kosten senken.

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Mit einer ungewöhnlichen Idee haben sich Chemnitzer Forscher zu Wort gemeldet. Während alle Hersteller von Windenergieanlagen Flügel aus möglichst leichten Verbundwerkstoffen herstellen, setzen Marco Pröhl vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz und sein Team auf Blätter aus Stahl.

Vorerst üben sie noch an einem 30 Zentimeter langen und 15 Zentimeter breiten Miniflügel, dessen Formgebung und Herstellungsprozess sie optimieren, ehe sie ein längeres Blatt in Angriff nehmen. Das könnte sich durchaus lohnen, denn die Wissenschaftler haben stichhaltige Argumente für den Einsatz von Stahl.

So lassen sich die Flügel zu fast 100 Prozent recyceln. Herkömmliche Rotoren, die aus Fasern, Harz, Holz und anderen Materialien bestehen, müssen verbrannt werden. Um ebenfalls 90 Prozent reduzieren sich die Herstellungskosten. Und die Zeitersparnis bei der Herstellung sinkt um mehr als 99 Prozent.

Automatisierte Produktion

Ein stählerner Flügel ist nach 30 Sekunden fertig. Die Flügel aus Faserverbundmaterial brauchen oft einen ganzen Tag, bis sie „fertiggebacken“ sind, wie Experten sagen. Sie entstehen in einer riesigen Form, in der das flüssige Harz, das die Fasern umhüllt, abbindet, also hart wird.

Bei Kleinwindanlagen bis 100 Kilowatt Leistung (die meisten Windturbinen haben ein oder zwei Megawatt) hat das höhere Gewicht der Stahlflügel keinen negativen Einfluss, sagt Schneider. Bei größeren Blättern könne man auf Leichtmetalle wie günstiges Aluminium oder das teurere Titan ausweichen. HyBlade nennen sie ihre Flügel, an deren Entwicklung Forscher der Freien Universität Brüssel mitarbeiten. Die Belgier sind für die Aerodynamik zuständig.

Während bei der konventionelle Herstellung von Flügeln für Windenergieanlagen eine Menge Handarbeit nötig ist, etwa für das Verlegen der Glas- oder Kohlenstofffaserbündel in der Form, lässt sich die Produktion von stählernen Flügeln automatisieren.

Ausgangsmaterial ist dünnes Stahlblech, aus dem die Rohform des Flügels ausgestanzt wird. Zwei davon schweißen die Forscher aufeinander, sodass ein Hohlraum entsteht. Dieses Blatt landet in einer Form, wo ein Wasser-Öl-Gemisch in den Hohlraum gepresst wird.

Tests im belgischen Windpark

Bei einem Druck von mehreren 1000 bar – ein  Autoreifen hat zwei bis drei bar – schmiegt sich das Blech an die Innenseite der Form. „Der Flügel wird quasi aufgeblasen und erhält so seine endgültige Form“, sagen die Forscher. Die Geometrie sei gleich beim ersten Produktionsschritt perfekt.

Die Flügel geben das ins Werkzeug gefräste Strömungsprofil auf 0,1 Millimeter genau wieder“, sagt Pöhl. So präzise ist kein herkömmlicher Flügel.

Jetzt will das Team die nächste Hürde nehmen und einen kompletten Rotor mit 2,8 Meter langen Flügeln bauen. Er soll, gekoppelt mit einem Generator, in einem belgischen Windpark getestet werden.

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