Andreas Zynga ist CEO des Innovationsdienstleisters NineSigma. Für WiWo Green erstellt er regelmäßig einen Innovationsmonitor, der die Trends und Neuheiten der Nachhaltigkeitsbranchen überblickt.
Von Kalium-tert-Butoxid könnte man in Zukunft – trotz des sperrigen Namens – mehr hören. Chemiker vom California Institute of Technology (kurz Caltech) haben die günstige, reichlich vorhandene Chemikalie als Katalysator entdeckt. Katalysatoren beschleunigen chemische Reaktionen – und bislang musste man dazu teure Edelmetalle einsetzen. Doch die Schlüsselzutat Kaliumsalz kann bei sehr anspruchsvollen chemischen Reaktionen durchaus wirksamer sein. Und nicht nur das.
"Umweltfreundlicher, effizienter, und außerdem viel kostengünstiger" sei das Kalium-tert-Butoxid, freut sich Caltech-Doktorand Anton Toutov: "Dies ist eine Technologie, welche die chemische Industrie ohne weiteres adaptieren könnte." Das ist auch nötig: Vor kurzem stiegen die Kosten für die Edelmetalle, die als Katalysatoren geeignet sind, deutlich an. Die Chemieunternehmen mussten sich nach Lösungen von außerhalb umschauen.
So entstehen neue Wege für Innovationen. Der sogenannte Open-Innovation-Ansatz fordert Unternehmen aber einiges ab. Sie müssen sich öffnen, Lösungen von außen suchen und diese implementieren. Das kann gerade am Anfang die Unternehmenskultur auf eine Probe stellen - es lohnt sich aber.
NineSigma veröffentlichte 2008 eine Technologierecherche, die ähnlich wie der oben genannte Fall aufgebaut war. Der Kunde, ein Automobilunternehmen mit Milliardenumsatz, suchte nach Entwicklungspartnern für Autoabgaskatalysatoren, die keine Edelmetalle benötigen – außerhalb der eigenen Forschungsabteilung.
Industrieunternehmen, Forschungseinrichtungen und sogar Regierungslaboratorien antworteten. Und zeigten ein breites Spektrum an technischer Reife. Aus den 25 erhaltenen Antworten hatte knapp ein Drittel potenzielle Lösungen angeboten, denen der Kunde gefolgt ist. Die Öffnung hat sich gelohnt.
Innovation von außen, Weiterentwicklung von innenInnovative Weiterentwicklungen dürften aber auch in Zukunft von innen kommen. Ein Beispiel ist CAMISMA. Das System soll Metalle im Auto reduzieren, entwickelt wurde es von Johnson Controls. Das Gewicht von Autos kann damit um 40 Prozent reduziert werden. Außerdem werden die Fertigungsschritte, die bei der Montage erforderlich sind, aufgrund der Anzahl der Anbauteile wesentlich reduziert, was gleichzeitig die Kosten senkt. 2019 sollen die ersten superleichten Sitze eingebaut werden.
Die Fokussierung auf die Gewichtsreduktion im Transportmittelbereich ist bereits seit einiger Zeit ein wichtiger Punkt in der Umweltdiskussion, da die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs sowie der Abgasemissionen unmittelbar mit ihr zusammenhängt.
Unternehmen nutzen bei der Entwicklung von wirtschaftlichen und konkurrenzfähigen Leichtbaulösungen sowohl geschlossene als auch offene Innovationsmethoden. So hat NineSigma zahlreiche Technologiesuchen nach beispielsweise Fiber Reinforced Plastic (FRP), Formtechnologie oder Gewichtsreduzierung von Hochleistungsverglasung umgesetzt.
Allen gemein ist: Die grünen Innovationen schonen nicht nur die Umwelt, mit ihnen lässt sich häufig auch sparen. Ein Harvard Business Review-Artikel mit dem Titel “Making Sustainability Profitable” erklärt: „Unternehmen fällt es schwer zu erkennen, dass eine nachhaltige Produktion kostengünstiger sein kann. Einer der Gründe für diese These ist die Notwendigkeit, die Denkweise über Kostensenkungen grundlegend zu verändern und darauf zu vertrauen, dass Anfangsinvestitionen in kostspieligere Materialien und Methoden auf lange Sicht zu Einsparungen führen werden.“
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