Intelligente Fenster Startup sammelt 375 Millionen Dollar ein

Das kalifornische Startup View stellt Fensterglas her, das seine Farbe auf Knopfdruck verändern kann. Der größte Rivale kommt aus Plauen.

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Wenn die derzeit laufende Finanzierungrunde ein 100-prozentiger Erfolg wird, hat das kalifornische Unternehmen View in den acht Jahren seines Bestehens stolze 375 Millionen Dollar eingesammelt, schreibt das Internet-Portal Greentech Media.

View, ansässig im Städtchen Milpitas, hat Fensterscheiben entwickelt, die sich automatisch per Steuergerät oder Smartphone-App verdunkeln lassen, um die Wärmestrahlen der Sonne auszusperren. Elektrochromes Glas nennt sich das Material, das seine Licht- und Wärmedurchlässigkeit ändert, wenn es an eine schwache Stromquelle angeschlossen wird. Ist der gewünschte Verdunkelungsgrad erreicht, kann die Stromzufuhr gestoppt werden. Um mehr Transparenz zu erreichen, wird die Spannung umgekehrt.

Auch ein Unternehmen aus Plauen mischt mitUnter den Geldgebern für die intelligenten Fenster finden sich klangvolle Namen der Investoren-Szene wie Khosla Ventures, General Electric. Auch der US-Fensterhersteller Corning gehört dazu. View will mit den eingesammelten Millionen die Produktionskosten für das Chamäleon-Glas reduzieren.

Weit weniger kapitalhungrig war das Unternehmen eControl aus Plauen im Vogtland, das ebenfalls electrochromes Glas herstellt. 20 Millionen Euro investierte es in Anlagentechnik und Maschinen, sagt Geschäftsführer Hartmut Wittkopf. „Wir nutzen sehr viel in der Glasindustrie erprobte Standardtechniken und sind in Produktion, Produktdesign und Preisgestaltung wesentlich flexibler.“ Das Know-how stammt teilweise vom britischen Glashersteller Pilkington, der seinen Hauptsitz in Gelsenkirchen hat. Er konkurriert mit dem amerikanischen Glashersteller Corning, einem der View-Geldgeber.

Kaum einer wird je durch eine elektrochrome Fensterscheibe geschaut haben – doch die Entwicklung könnte den innovationsarmen Glasmarkt aufmischen. Jalousien oder Vorhänge sind eine Sache der Vergangenheit, wenn sich Fenster auf Knopfdruck per Smartphone oder selbstständig anhand der Lichtverhältnisse verdunkeln oder aufhellen.

Eine bessere Steuerung der Licht- und Wärmedurchlässigkeit könnte am Ende auch sehr viel Energie sparen. Die Kosten für Heizen und Klimatisieren reduzieren sich durch elektrochrome Fensterscheiben um wenigstens 20 Prozent, verspricht View.

Bald auch Wohnungen mit intelligenten Fenstern?Elektrochromes Glas besteht aus mindestens zwei Scheiben. Die Innenfläche einer dieser Scheiben ist mit einer hauchdünnen Schicht eines Materials bedampft, das seine Durchlässigkeit für sichtbares Licht und Wärmestrahlen verändert, wenn eine elektrische Spannung angelegt wird.

Die Kalifornier von View setzen Wolframoxid ein. Die Dicke der Schicht beträgt gerade mal ein tausendstel Millimeter. Die Technologie ist am renommierten Lawrence Berkeley National Laboratory in der kalifornischen Stadt Berkeley entwickelt worden. Die bisher größten Projekte von View waren eine Klinik in Toronto mit einer Fensterfläche von rund 2500 Quadratmetern und ein Technologiecenter im US-Bundesstaat Louisiana mit 3200 Quadratmetern.

Eine Nummer kleiner sind die Projekte von eControl. Die Fensterfläche im Freiburger ADAC-Turm etwa liegt bei 136 Quadratmetern, die eines Glasiären genannten Bürohauses des Göteborger Baukonzerns AF Bygg bei immerhin 900 Quadratmetern.

Spektakulärer ist ein Gebäude der Universität Lüneburg (siehe Aufmacherbild), das 2016 fertig werden soll. Entworfen hat es der polnischstämmige US-Stararchitekt Daniel Libeskind. Das Plauener Unternehmen wird insgesamt 850 Quadratmeter elektrochromes Glas einbauen. Fast 30 Gebäude in Europa hat eControl bisher mit dimmbarem Fensterglas ausgestattet.

Sollte View tatsächlich eine Möglichkeit finden, die Farbfenster günstig zu produzieren, könnten bald auch Wohnungen damit ausgestattet werden.

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