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Kampf gegen die Erderwärmung Diese Maßnahmen helfen wirklich

In New York verhandeln rund 120 Regierungschefs über den Klimaschutz – ein radikales Umsteuern ist gefragt.

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Am morgigen Dienstag treffen sich in New York rund 120 Staats- und Regierungschefs auf Einladung der Vereinten Nationen, um über den Kampf gegen den Klimawandel zu beraten. Im Zentrum der Debatte steht die Frage, wie stark die einzelnen Länder ihren Ausstoß an Treibhausgasen in den nächsten Jahrzehnten verringern wollen und können. Ende kommenden Jahres sollen die Ziele und Zahlen dann auf dem Klimagipfel in Paris in ein international gültiges Vertragswerk gegossen werden.

Die Ausgangslage für die Verhandlungen ist eindeutig. Geht der Ausstoß an Treibhausgasen in unvermindertem Tempo weiter, hat die Menschheit ihr Klima-Budget schon in rund 30 Jahren überschritten. Dannach müsste der Ausstoß gegen Null gehen, damit sich die Erderwärmung bis 2100 auf vergleichsweise ungefährliche zwei Grad begrenzen lässt. Allein vergangenes Jahr stieg der Ausstoß von CO2 um knapp zwei Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr. Das zeigt: Noch nehmen viele Staaten den Kampf gegen den Klimawandel nicht ernst.

Wind- und Solaranlagen reichen nichtAber nicht nur die Zögerlichkeit der einzelnen Staaten stellt ein Problem dar, sondern auch die einzelnen Maßnahmen gegen die Erderwärmung selbst. Denn über die Frage, welche Maßnahmen am günstigsten und schnellsten den Ausstoß von Treibhausgasen verringern, streiten die Experten.

So bedeutet der Zubau von Wind- und Solaranlagen nicht automatisch einen Vorteil für den Klimaschutz. Das beste Beispiel dafür ist Deutschland: Wegen des unvermindert hohen Anteils der Kohlekraft im deutschen Strommix, ist dieser im Zuge der Energiewende und des Atomausstiegs keinen Deut klimafreundlicher geworden (fairerweise muss man sagen, dass der gesamte CO2-Ausstoß in Deutschland seit Jahren leicht sinkt).

Das zeigt: Nicht nur müssen Unternehmen, Staaten und Bürger grüne Technologien nutzen und einsetzen, sondern sie müssen auch weniger fossile Energieträger wie Kohle und Öl verwenden. Eine Million mit Grünstrom betriebene Elektroautos nützen wenig, wenn gleichzeitig die Zahl der Benzinschlucker auf den Straßen nicht sinkt. Nicht Zusatz zählt also, sondern Ersatz.

Wichtig ist bei der Frage nach geeigneten Maßnahmen für den Klimaschutz aber nicht nur der Energie- und Verkehrssektor; also die Frage wie wir unsere Häuser heizen, beleuchten und mit welchem Sprit unsere Autos fahren. Ein großer Teil der Treibhausgase kommt aus ganz anderen Quellen. Auch Unternehmen und Regierungen, die riesige Flächen an Urwald abholzen, tragen stark zur Erderwärmung bei (siehe Grafik oben). Einmal dadurch, dass in Pflanzen gebundenes CO2 in die Atmosphäre entkommt und dadurch, dass weniger Pflanzen CO2 aus der Atmosphäre ziehen können.

Weltweit verschwanden allein zwischen 2000 und 2010 pro Jahr 13 Millionen Hektar Wald . Das entspricht rund einem Drittel der Fläche Deutschlands. Vor allem in Brasilien, Kanada, Russland, China, Indonesien und im Kongo gehen große Waldstücke verloren, die Auswirkungen sind signifikant: Die Vegetation auf einem Hektar Regenwald im brasilianischen Amazonasgebiet bindet bis zu 400 Tonnen CO2, schätzen Biologen. Ein modernes Auto stößt rund eine Tonne CO2 auf 10.000 Kilometer Strecke aus.

Bis zu 15 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen geht außerdem auf die der Landwirtschaft und hier vor allem auf die Viehzucht zurück. Auch weniger Fleischkonsum ist also ein Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung.

Schutz der Ozonschicht hat die größte WirkungNur den Verkehr und die Energieerzeugung in den Kampf gegen den Klimawandel einzubeziehen, greift also zu kurz. Das zeigt auch eine aktuelle Auswertung des britischen Wochenmagazins The Economist. Die Redakteure dort haben sich angesehen, welche Maßnahmen in den vergangenen Jahren einen zusätzlichen Ausstoß von Treibhausgasen vermieden haben. Die Ergebnisse sind durchaus überraschend.

So hat der Schutz der Ozonschicht, den größten Anteil am Klimaschutz in den vergangenen 20 Jahren. Der Hintergund: Die Ozonschicht schädigende Gase sind auch starke Treibhausgase.

Weitere Top-Klimaschützer sind die Atom- und Wasserkraft und die Ein-Kind-Politik in China, die das Bevölkerungswachstum in dem Land gebremst hat. Die Idee hier: Weil dank der Politik weniger Menschen in China leben als ohne die Vorgaben, stößt das Land weniger Treibhausgase aus. Der Effekt ist gewaltig: Denn mittlerweile stößt jeder Chinese im Schnitt mehr CO2 aus als ein Europäer. Auch der Zusammenbruch der Sowjetunion hat laut dem Economist zum Klimaschutz beigetragen.

Bei diesen Rechenbeispielen stellt sich aber das gleiche Problem wie bei der deutschen Energiewende: All die Maßnahmen vermeiden zwar zusätzliche Emissionen, eine weltweite Reduzierung findet aber nicht statt. Ob sie diese mittelfristig erreicht, daran muss sich eine ernsthafte Klimapolitik in New York und im nächsten Jahr beim großen Klimagipfel in Paris aber messen lassen.

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