Im Jahr 2022 wird das letzte Kernkraftwerk in Deutschland abgeschaltet. Im gleichen Jahr soll in den USA ein neues nukleares Zeitalter beginnen. Das Energieministerium (DOE) unterstützt die Entwicklung eines relativ kleinen neuartigen Leichtwasserreaktors mit 266 Millionen Dollar. Die restlichen rund 200 Millionen Dollar, die das Projekt benötigt, will die Industrie aufbringen, vor allem der Kraftwerksbauer Babcock & Wilcox (B&W), der bereits das Design eines solchen Reaktors präsentiert hat, und sein Partner Bechtel Power Corporation. Spätestens 2025 soll der erste Small Modular Nuclear Reactor (SMR), von B&W mPower genannt, ans Netz gehen.
Das Versorgungsunternehmen Tennessee Valley Authority will zunächst zwei SMR mit jeweils 180 Megawatt in Betrieb nehmen. Zum Vergleich: Der französische Kernkraftwerksbauer Areva errichtet derzeit in Finnland, Frankreich und China vier Blöcke mit einer Leistung von jeweils knapp 1800 Megawatt.
Das amerikanische Energieministerium ist offen für weitere Vorschläge. Beim Design des AKW legt das DOE auf folgende Punkte Wert:
1. Es soll nicht größer sein als 300 Megawatt
2. Es soll sicherer sein als heutige Nuklearanlagen und einen höheren Wirkungsgrad haben
3. Das Risiko einer Kernschmelze soll drastisch reduziert werden
4. Die Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung sollen verbessert werden, um Folgeschäden zu minimieren, wenn es doch mal zu einem schweren Stör- oder Unfall kommt.
Der Zwerg unter den AKWsB&W beteuert, dass ein Kraftwerk, das nach den Plänen des Unternehmens gebaut wird, nur halb so viel kosten wird wie eines mit heutigem Design. Das soll vor allem mit der Beschränkung auf ein einziges Reaktorgefäß gelingen, in das alle Komponenten integriert sind, vom Reaktorkern über Pumpen bis hin zum Dampferzeuger.
Mit einem Durchmesser von knapp vier Meter und einer Höhe von gut 25 Meter ist das AKW, verglichen mit heutigen Anlagen, beinahe zierlich. Was nicht fürs Gewicht gilt. Das beträgt stolze 628 Tonnen. Mit einer Dampftemperatur von 320 Grad Celsius und einem Druck von 140 bar entspricht mPower heutigen Druckwasser-Kernkraftwerken.
Während mPower aus einem einzigen Behälter besteht sind die Komponenten eines Kernkraftwerks heutiger Bauart in einer riesigen, oft halbkugelförmigen Hülle aus Stahlbeton verteilt, die Containment genannt wird. mPower dagegen soll in einer Fabrik komplett zusammengebaut und getestet werden.
Dann wird es zum Standort gebracht, aufgestellt und einfach ans Netz angeschlossen, so die Vorstellung der Entwickler – es wird ein Plug-and-play-Kraftwerk sein. Ein Containment ist aber auch hier nötig. Das kraftwerk ließe sich aber auch unterirdisch errichten.
Mit den kleinen modularen Anlagen sollen, so will es die Regierung von US-Präsident Barak Obama, die USA zum führenden Hersteller von Kernkraftwerken einer neuen Generation werden. Und zum ökologischen Musterknaben. Jede mPower-Anlage entlastet nach Berechnungen von B&W die Umwelt von 57 Millionen Tonnen Kohlendioxid, über die gesamte Lebensdauer gerechnet.
Was mit dem Atommüll aus der Anlage passieren soll, ist allerdings unklar. Auch die USA streiten über Endlager. Früher kippte der Staat den strahlenden Abfall einfach in den Pazifik, später verbuddelte man ihn. Jetzt lecken im Bundesstaat Washington Dutzende dieser Tanks mit Strahlensuppe und die Ratlosigkeit ist groß. Angeblich sicher, billig, klimafreundlich - bei der Kernenergie ist das eben nicht alles.