Seit Wochen landen Emails in den Postfächern der Green-WiWo-Redakteure, in denen Leser und Leserinnen fragen, warum denn eigentlich die globalen Temperaturen seit Jahren nicht mehr steigen. Klimaskeptiker wie der Ex-RWE Manager Fritz Vahrenholt, der vor einigen Monaten ein Buch mit dem Titel „Die kalte Sonne – Warum die Klimakatastrophe nicht stattfindet“ veröffentlichte, meint sogar, die Erwärmung stagniere seit 1998.
Wissenschaftler haben diese Behauptung lange mit dem Argument abgetan, dass das nur eine vorübergehende Pause sei und die Temperatur demnächst wieder steigen würde. Nun hat das britische MET Office, der nationale meteorologische Dienst des Vereinigten Königreichs, aber eine Prognose abgegeben, die für Aufsehen sorgt: Bis 2017 werde die Erdtemperatur nicht weiter steigen, so die Wetterfrösche. Zwar veröffentlichte das MET seine Vorhersage schon vor Weihnachten, aber im Festtagstrubel ging sie unter.
Hier das wörtliche MET-Zitat: Global average temperature is expected to remain between 0.28 °C and 0.59 °C (90% confidence range) above the long-term (1971-2000) average during the period 2013-2017, with values most likely to be about 0.43 °C higher than average.
Zu Deutsch: Da die Temperatur im Rekordhitzejahr 1998 0,4 Grad über dem Durchschnitt lag, erwärmt sich die Erde bis 2017 nicht oder nur insignifikant.
Die zentrale Frage, die sich damit stellt: Wenn nachweislich die Konzentration des Klimagases CO2 in der Atmosphäre weiter stark steigt, warum erwärmt sich dann die Erde nicht weiter? Ist der Zusammenhang von CO2 und der Erderwärmung doch schwächer, als die Klimaforscher jahrelang behaupteten?
Für die langjährige Pause haben die Wissenschaftler verschiedene Erklärungen:
Schmutzpartikel, unter anderem aus Fabriken und Kohlekraftwerken, sogenannte Aerosole, haben eine kühlende Wirkung auf das Klima, weil sie Sonnenstrahlen reflektieren. Mehr und mehr Luftverschmutzung könnte den Erwärmungseffekt des CO2 mittlerweile auffangen.
Eine zweite Erklärung verweist auf den „Gesamttemperaturhaushalt“ der Erde. Zwar werden beim Thema Klimawandel für gewöhnlich die Kurven der Temperatur an der Erdoberfläche herangezogen (wie die berühmte „
“), aber auch die Ozeane erwärmen sich und die Eismasse der Erde.
Erklärung Nummer 2 ist laut Klimaforschern wahrscheinlicher, denn wie viel Einfluss Schmutzpartikel genau auf das Klima haben, ist immer noch umstritten. Wissenschaftler haben nachgewiesen (zum Beispiel hier und hier), dass die Wärme aus der Atmosphäre in die Ozeane gelangt - in den vergangenen 50 Jahren, so der US-Meeresforscher Sydney Levitus, sogar zu 90 Prozent. Außerdem baut sich Wärmeenergie (genauer gesagt thermische Energie) im Schmelzen des Eises in Grönland und der Antarktis ab.
Die Erde - Atmosphäre, Ozeane, Eisschilde - erwärmen sich also ungleichmäßig. Insgesamt steigt die Temperatur auf der Erde weiter. Wie dieser Prozess genau funktioniert, also wann sich Ozeane stärker erwärmen und wann die Atmosphäre, wissen die Forscher bisher allerdings nicht. Zu behaupten, die Erwärmung der Erde pausiere, ist aber dennoch nur die halbe Wahrheit – und die ist bei Klimaskeptikern besonders beliebt.