Kraftwerk unter der Erde Schweizer wollen Druckluftspeicher rentabel machen

Ein Schweizer Unternehmen testet ein neues Druckluftspeicherkraftwerk. Der verbesserte Wirkungsgrad im Vergleich zu früheren Versuchen der Konkurrenz könnte erstmals eine kommerziellen Nutzung möglich machen.

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Die Energie, die bei der Kompression der Luft entsteht, wird in einem Raum, der mit Steinen gefüllt ist, gespeichert. (Foto: Airlight Energy)

Vor gut einem Jahr beerdigte der Essener Energieversorger RWE sein Projekt Adele, ein so genanntes adiabatischen Druckluftspeicherkraftwerk.  Alstom Power Switzerland gab sein ähnlich gelagertes Projekt schon früher auf. Die Anlagen sollten überschüssigen Strom, wie er an wind- und sonnenreichen Tagen anfällt, in Form von Druckluft zwischenspeichern. Beiden Akteuren fehlte die wirtschaftliche Perspektive dieser Anlagen.

Jetzt hat ein junges Schweizer Unternehmen diese Technik aufgegriffen. Es baute mit Unterstützung von Forschern der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich in einem  Tunnel im Tessin, durch den einst Abraum aus dem Gotthard-Basistunnel abtransportiert wurde, eine solche Anlage auf. Allerdings verzichteten die Entwickler auf den Generator zur Stromerzeugung.

„Uns geht es darum, den Wärmespeicher und die Wechselwirkungen zwischen Wand und Druckluft zu testen“, sagt Giw Zanganeh, Chef des Unternehmens Alacaes, das aus Airlight Energy hervorgegangen ist, einem Spezialisten für die Nutzung erneuerbarer Energien im schweizerischen Biasca.

Abgeschlossener Raum mit 2500 Kubikmetern

Einen bedeutenden Kostenfaktor konnte Alacaes schon ausschalten: Es sparte sich den Aufschluss eines Hohlraums, in dem die Druckluft gelagert wird. Der Tunnel wurde einfach vorn und hinten durch Mauern ersetzt, die dem Druck von 30 bar mühelos standhalten. So entstand ein abgeschlossener Raum mit einem Volumen von 2500 Kubikmetern.

Er beherbergt nicht nur Druckluft, sondern auch einen Wärmespeicher, der mit einfachen Flusskieseln gefüllt ist – später sollen auch Metallstäbe als Speichermedium getestet werden. Dieser hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Kosten des Stroms, der in einer künftigen kommerziellen Anlage erzeugt wird, lediglich bei drei bis fünf Eurocent liegen, so Zanganeh.

Wärme entsteht beim Komprimieren der Luft

Beim Komprimieren der Luft entsteht Wärme, wie in einer Luftpumpe, deren Auslassöffnung man weitgehend verschließt. Bis zu 600 Grad Celsius werden erreicht. In den beiden weltweit ersten Anlagen dieser Art in Huntorf in Norddeutschland und im US-Bundesstaat Alabama wird die entstehende Wärme einfach an die Umwelt abgegeben. Da sie verloren geht, haben beide Anlagen einen miserablen Wirkungsgrad, denn sie wird eigentlich dringend gebraucht.

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von Wolfgang Kempkens

Ehe die Druckluft in den Turbogenerator geleitet wird, um Strom zu erzeugen, muss sie erwärmt werden – sie kühlt sich beim Entspannen auf eine Temperatur unter null Grad Celsius ab. Ohne Erwärmung würde der Turbogenerator gleich vereisen. In den beiden Anlagen in Deutschland und den USA wird dazu Erdgas verfeuert.

In adiabatischen Druckluftspeicherkraftwerken wird dazu die Wärme genutzt, die bei der Komprimierung der Luft entsteht und zwischengespeichert wird. „Weil wir den Speicher in den Druckluftspeicher integrieren, erhöhen wir noch einmal den Wirkungsgrad“, sagt Zanganeh.

Staat übernimmt Großteil der Kosten

Einen großen Teil der Kosten von vier Millionen Euro trug der Staat. Ende des Jahrzehnts, so die Planung, wird eine kommerzielle Anlage gebaut, die ebenso wie die vielen Wasserkraftwerke in der Schweiz die Stabilität des Stromnetzes in Mitteleuropa verbessern soll. Mit einem Wirkungsgrad von gut 70 Prozent wird diese Batterie unter der Erde, wenn man so will, nah an die Effektivität von Pumpspeicherkraftwerken herankommen, die etwa 80 Prozent erreichen. Druckluftspeicherkraftwerke haben den Vorteil, dass sie überall gebaut werden können. Berge sind nicht nötig.

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