Welche Lebensmittel landen am häufigsten in deutschen Mülltonnen? Antworten auf diese Frage haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Institutes für Silicatforschung (ISC) in 5000 Kilogramm Restmüll gesucht – und gefunden. Das traurige Ergebnis: Besonders oft schmeißen die Deutschen Obst und Gemüse weg. Außerdem zeigte die Analyse des Müllberges, dass 50 Prozent der gefundenen Lebensmittel noch essbar gewesen wären.
Die Ergebnisse der Studie wollen die Forscher nun nutzen, um Ursachen für das Wegwerf-Verhalten zu finden und Lebensmittelverschwendung vorzubeugen. Ein Ansatzpunkt ist dabei eine bessere Aufklärung des Verbrauchers: „Häufig ist Unsicherheit ein Grund für Verschwendung“, sagt Jasmin Raslan von der Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS) des Fraunhofer-Instituts. „Wir müssen lernen, bei Nahrungsmitteln wieder auf unsere Sinne zu vertrauen.“
Oft würde beispielsweise das Mindesthaltbarkeitsdatum mit der Kennzeichnung „zu verwenden bis“ gleichgesetzt und gute Lebensmittel landeten im Müll, sagt Raslan.
In Einfamilienhäusern wird umweltbewusster entsorgtBei der Analyse der Lebensmittel im Müll unterschieden die Wissenschaftler zwischen Abfall aus Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und Wohnblocks. Sie stellten fest: Quer durch alle untersuchten Haushalte fanden sich auffällig viele noch geschlossene Produkte im Restmüll. Wer wie viel wegschmeißt, hängt jedoch auch von den Lebensumständen ab.
In den schwarzen Tonnen von Wohnblocks etwa fanden sich rund drei Mal so viele Lebensmittel wie in denen von Einfamilienhäusern: So entsorgt der Fraunhofer-Studie zufolge der Durchnschnitts-Bewohner eines Wohnblocks 10,1 Kilo unangebrochene und 5,2 Kilo angebrochene Lebensmittel im Jahr. Ein Einfamilienhaus-Bewohner hingegen nur 3,4 Kilo unangebrochene und 3,7 angebrochene Speisen.
Die großen Unterschiede führten die Wissenschaftler auf einen bewussteren Umgang der Einfamilienhaus-Bewohner mit Lebensmitteln zurück. Nicht nur dass weniger Lebensmittel entsorgt würden, dies geschehe auch umweltbewusster: Reste von Essbarem gehören nämlich, wenn überhaupt, in die Bio- und nicht in die schwarze Tonne. In der Anonymität des Wohnblocks lässt sich das jedoch leichter ignorieren. Vielfach fehlen die Biotonnen aber auch.
Reiche werfen eher teures Essen wegEs zeigte sich außerdem: Nicht nur wie viel, sondern auch was im Müll landet hängt von der Umgebung ab. Während in reichen Vierteln eher teure Fertigprodukte im Müll landen, schmeißen Anwohner in ärmeren Gegenden besonders oft Obst und Gemüse weg. Eine mögliche Erklärung der Forscher ist die schlechte Haltbarkeit. Auch in Sachen warengerechte Lagerung herrsche noch Aufklärungsbedarf.
Um Nahrung im Müll zu vermeiden, sollten Lebensmittel jedoch bereits bewusst eingekauft werden. „Eine unserer Umfrage hat gezeigt, dass Konsumenten, die mit Einkaufszettel in den Supermark gehen, weniger Essen wegschmeißen“, so Raslan. Einen Schritt in Sachen bewusster Konsum will die Fraunhofer-Projektgruppe ab dem 17. Januar auf der Lebensmittelmesse Grüne Woche in Berlin präsentiern. Dort stellen Wissenschaftler neben den Ergebnissen der Wegwerf-Studie ein neues Zertifikat der Projektgruppe vor.
Zertifikat für umweltbewusste HerstellerDie Auszeichnung können Lebensmittel-Hersteller bekommen, wenn sie zusammen mit dem Fraunhofer-Institut an nachhaltigen Produktionsmethoden arbeiten. Dabei nehmen die Forscher alle Aspekte von der Herstellung bis hin zur Entsorgung des Essens genau unter die Lupe.
Auf dem Programm stehen Fragen wie: Wo kann ein Unternehmen Wasser sparen, wo Emissionen reduzieren, wo weniger Abfall produzieren? „Mit den Firmen, die unser Zertifikat erhalten, werden wir auch an einer Verlängerung der Mindesthaltbarkeit arbeiten“, so Raslan.
Denn dass diese die Verbraucher nach wie vor beeinflusst, haben viele Kilo ungeöffneter Lebensmittel im analysierten Müll gezeigt. Wie sehr genau werden die Fraunhofer-Wissenschaftler mit einer Umfrage auf der Grünen Woche überprüfen.