Luftfahrt Verformbare Flügelteile sollen Millionen Liter Kerosin sparen

Bisher sind Landeklappen und Winglets an Flugzeugflügeln starr. Elastische Bauteile sollen den Spritbedarf deutlich senken.

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Vögel passen die Stellung ihrer Flügel der aktuellen Flugsituation an. Das spart Energie und ermöglicht ihnen atemberaubende Manöver, von denen selbst Kampfpiloten nur träumen können. Flugzeuge haben starre Flügel. Sie lassen sich nur begrenzt an die aktuelle Flugsituation anpassen: Durch mehr oder weniger weites Heraus- und Hineinfahren der Landeklappen. Doch auch die sind starr.

Die Flugzeugbauer sind deshalb gezwungen, Kompromisse einzugehen. Die Flügel aktueller Jets sind so geformt, dass sie in der Reiseflughöhe optimalen Auftrieb und einen geringen Widerstand haben. Auf Langstrecken hilft das, den Kerosinverbrauch in Grenzen zu halten. Doch auf Mittel-, vor allem aber auf Kurzstrecken fallen Steig- und Sinkflüge stärker ins Gewicht.

Auch ans Ende der Flügel kommt BewegungDie Landeklappen der Zukunft sollen sich deshalb je nach Flugsituation verformen können, sodass sie in Kombination mit dem nach wie vor starren Flügel stets für eine optimale Aerodynamik sorgen. Sechs Prozent Treibstoff soll die Neuerung einsparen, die im Rahmen des EU-Projekts Saristu, kurz für Smart Intelligent Aircraft Structures, entwickelt wird. Allein die Lufthansa hat mit ihrer Flotte im Jahr 2012 rund neun Millionen Tonnen Kerosin verflogen, was rund 11 Milliarden Litern des Treibstoffs entspricht. Die Einsparungen wären also signifikant.

Das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme (ENAS) in Chemnitz ist für Mechanik und Elektronik zuständig, mit der die Landeklappen verformt werden. Die Mechanik ist bereits fertig, die Steuerungssoftware entwickeln derzeit ENAS-Wissenschaftler gemeinsam mit Forschern des italienischen Luftfahrtinstituts Cira und der Universität Neapel.

Mit der Landeklappe selbst befassen sich Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen. Sie haben ein Formteil aus Silikon entwickelt, einem hoch elastischen Material, das bekannt ist als Dichtmasse für die Fugen in Badezimmern und als Brustimplantat.

Die verformbare Landeklappe besteht aus fünf härteren und drei weicheren Bereichen, eingehüllt in eine Silikonhaut. Die sogenannten Aktuatoren – elektrische Motoren, die die Verformung auslösen – bewegen die weicheren Bereiche. Die Dehnelemente bestehen aus einem verformbaren Kunststoff-Schaum, der über den für Flugzeuge relevanten Temperaturbereich zwischen minus 55 Grad Celsius bis hin zu 80 Grad Celsius elastisch bleibt.

Vier Prototypen sind derzeit im Test. Zu sehen sind sie auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung vom 20. bis 25. Mai 2014 auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld.

Dort stellen die Saristu-Partner auch neue Flügelspitzen, so genannte Winglets vor. Das sind meist nach oben ausladende Bauteile am Ende der Flügel, die ebenfalls die Aerodynamik verbessern. Auch die lassen sich neuerdings verformen. Sie haben den gleichen Aufbau wie die Landeklappen. Wann die Technik im kommerziellen Flugverkehr zum Einsatz kommt, ist noch nicht abzusehen

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