Schweden, Litauen und Marokko sind einem Report zufolge die Spitzenreiter beim Klimaschutz. Deutschland liegt als „weltgrößter Braunkohlnutzer“ in dem Klimaschutzindex nur im Mittelfeld, noch hinter Indien. Den Index präsentierte die Organisation Germanwatch am Mittwoch auf der Klimakonferenz in Bonn.
Schweden habe einen für Industrieländer vergleichsweise niedrigen Treibhausgasausstoß, sagte Hauptautor Jan Burck von Germanwatch. Zudem pflanze Schweden gerade viele Bäume, was der Luft Kohlendioxid entzieht, so dass der Gesamtausstoß derzeit auf fast Null sinke. Auch das Ziel, bis 2045 komplett klimaneutral zu werden, habe bei der Bewertung eine Rolle gespielt.
Deutschland liegt im Mittelfeld der 56 bewerteten Länder auf Platz 22. Burck: „Es ist nicht nur der größte Braunkohleförderer und -nutzer, sondern hat zudem einen relativ hohen Pro-Kopf-Ausstoß an Treibhausgasen, weit höher als der EU-Schnitt.“ Etwa die Hälfte der Emissionen komme vom Strom. „Deswegen ist der Kohleausstieg so wichtig.“ Rund 20 Prozent stamme aus dem Verkehr.
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Im Wahlkampf hat die Ökopartei stark auf ihren Markenkern gesetzt. Nun muss sie liefern, sonst droht das Veto der Basis - oder die Quittung bei der nächsten Bundestagswahl. Das wissen die anderen Verhandlungspartner auch. Sie könnten es nutzen und den Preis etwa für einen Kohleausstieg möglichst hoch treiben, so dass die Grünen an anderer Stelle Zugeständnisse machen müssen. Klimaschutz werde „ganz besonders schwierig“, nahm Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt schon als ein Resultat aus der ersten großen Sondierungsrunde mit.
Damit sie mit ihren Forderungen nicht gegen eine Wand laufen, haben die Grünen sich eine Strategie ausgedacht: „Es kann keine Arbeitsteilung geben, die so aussieht: Die Grünen machen Vorschläge und die anderen arbeiten sich daran ab, aber machen keine eigenen Vorschläge“, hat Parteichef Cem Özdemir erklärt. Von allen müsse was kommen. Wer die besseren Ideen habe, darüber könne man dann streiten.
Angela Merkel hat - oder hatte - den Beinamen Klimakanzlerin. Sie hat das Pariser Klimaabkommen und einen Klimaschutzplan mit verabschiedet. Der sieht vor, dass Deutschland bis 2030 seinen Treibhausgas-Ausstoß um 55 Prozent mindert im Vergleich zu 1990. Dann ist da noch das 2020-Ziel - das fällt in diese Legislaturperiode. Bis dahin soll der Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent runter. Das Ziel ist von 2007, damals regierte Merkel mit der SPD. Schwarz-Gelb bekräftigte es im Koalitionsvertrag 2009. Aber erst vor zwei Wochen belegte das Umweltministerium (mal wieder), dass das Nahziel nur mit umfassenden zusätzlichen Maßnahmen noch zu halten ist.
International ist Klimaschutz ein großes Thema. 2015 bejubelten Klimaschützer weltweit das Abkommen von Paris, 2017 gingen sie mit US-Präsident Donald Trump ins Gericht, weil er es aufkündigen will. Von 6. November an werden in Bonn bis zu 25 000 Teilnehmer der nächsten Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen erwartet. Die Präsidentschaft hat Fidschi, aber Deutschland ist Gastgeberland - und damit noch stärker als sonst im Fokus der internationalen Klima-Diplomatie.
Zwar ist die Zahl derjenigen, die in der Braunkohleindustrie arbeiten, stark zurückgegangen. Nach Angaben der Bundesverbands Braunkohle und einem neuen Gutachten im Auftrag der Grünen-Fraktion sind es aber noch rund 20 000. Vor allem das Rheinland und die Lausitz trifft es, wenn die Jobs wegfallen.
Beim Klimaschutz geht es nicht nur um Kohle - allerdings ist schon das extrem kompliziert. Ökostrom-Ausbau, Stromnetze, EEG-Umlage, Einspeisevorrang für Erneuerbare, europäischer Emissionshandel sind nur ein paar Stichworte. Dazu kommen Gebäudesanierung, Heizungen, Benzin- und Dieselmotoren und die Kraftstoffsteuern, Industriesubventionen und die Landwirtschaft. Aus alldem ein Gesamtpaket zu schnüren, ist eine echte Mammut-Aufgabe.
„Die CO2-Emissionen wurden seit 2009 nicht mehr gesenkt“, betonte Burck. Im kommenden Koalitionsvertrag müssten daher ein Kohleausstiegsplan und eine echte Verkehrswende verankert werden. „Nur dann schafft es Deutschland vom Ankündigungs- und Braunkohle-Weltmeister zum echten Klimaschutz-Champion.“ Pluspunkte sammelte Deutschland mit seiner Rolle als internationaler Verhandler beim Klimaschutz, insbesondere beim G20-Gipfel.
Die ersten drei Plätze in der Liste sind traditionell nicht besetzt, weil nach Meinung der Autoren kein Land genug tut, um die Erderwärmung bei unter zwei Grad zu begrenzen. Bewertet wurden unter anderem der aktuelle Treibhausgasausstoß von 2010 bis 2015 und die Klimaschutzpläne.
Litauen schneidet im Report als zweitbestes Land (Platz 5) in fast allen Kategorien gut ab, sagte Burck. Es habe insbesondere erneuerbare Energien stark ausgebaut und auch in der internationalen Klimapolitik gepunktet. Marokko habe in den vergangenen Jahren viel Geld in Wind- und Solaranlagen gesteckt. „Das Land hat mit die niedrigsten Treibhausgas-Emissionen pro Kopf und zugleich wächst der Ausstoß für Entwicklungsländer gesehen relativ langsam“, sagte Burck.
Gut steht auch Großbritannien dar, dessen Energiewirtschaft von Kohle- auf das etwas klimafreundlichere Erdgas umgestiegen ist. Indien kommt auf Platz 14, obwohl seine Emissionen von 2010 bis 2015 stark angestiegen sind, weil es gute Pläne zum Ausbau der erneuerbaren Energien hat. China dagegen belegt mit relativ hohem Treibhausgasausstoß und wachsendem Energieverbrauch dagegen nur Platz 41.
Schlusslicht ist wie immer Saudi Arabien, das einen starken Zuwachs an Treibhausgasen habe und nicht in erneuerbare Energien investiere.
Weltweit seien positive Trends bei den Erneuerbaren Energien zu beobachten, sagte Mitautor Niklas Höhne vom NewClimate Institute in Köln. „Die Daten zeigen ermutigendes Wachstum und deutlich niedrigere Preise bei Wind- und Sonnenenergie.“ An dem Bericht von über 300 Energie- und Klimaexperten hatte auch der internationale Dachverband aus Klimaorganisationen Climate Action Network mitgewirkt.