Meereskraftwerk Siemens baut Riesenturbinen

Unterwasser-Kraftwerke haben das Potenzial, Millionen Menschen mit Energie zu versorgen. Jetzt startet ein Großprojekt vor der walisischen Küste.

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Vor der walisischen Küste, bis zu 40 Meter unter Wasser, werden sich ab 2015 fünf riesige Mühlen drehen. Sie sind ein weiterer Versuch, sich die Kräfte des Meeres zu Nutze zu machen und damit Millionen Menschen mit Energie zu versorgen. Das Potenzial des Stroms aus Meeresströmungen schätzt der französische Energieversorger EDF europaweit auf 30 Terawattstunden pro Jahr – so viel, wie sechs bis acht Millionen Haushalte verbrauchen. Vier Fünftel dieses Potenzials teilen sich Frankreich und Großbritannien mit ihren strömungsreichen Küsten.

Das Unterwasser-Kraftwerk in Wales hat eine Leistung von insgesamt 10 Megawatt. Angetrieben werden die fünf Turbinen von der stetigen Unterwasserströmung, sind also, anders als Windgeneratoren, rund um die Uhr in Betrieb. Die walisische Regierung hat die Anlagen gerade bei Siemens bestellt. Eine weitere Anlage mit vier Generatoren ist in Schottland geplant.

SeaGen-S, wie die weiterentwickelte Anlage heißt, kann 2000 Haushalte mit Strom versorgen. Der Vorgänger SeaGen wurde von dem britischen Unternehmen Marine Current Turbines mit Sitz in Bristol entwickelt. Siemens übernahm es Anfang 2012 und verbesserte die Technik gemeinsam mit den britischen Ingenieuren weiter.

Auffallender Unterschied zur alten Turbine: Die Rotoren mit einem Durchmesser von 20 Meter haben drei statt früher zwei Flügel. Jeweils zwei davon sind an Armen befestigt, die von einem Turm gehalten werden. Zur Wartung und bei notwendigen Reparaturen wird der gesamte Generator hydraulisch angehoben, sodass er aus dem Wasser herausragt und leicht zugänglich ist.

Windanlagen sind faul im Vergleich

Das Vorgängermodell steht zwischen dem Naturhafen Strangford Lough und der Irischen See. Die Unterwasserströmung dort hat eine durchschnittliche Fließgeschwindigkeit von knapp neun Kilometer pro Stunde. Die Rotoren drehen sich damit bis zu 15 Mal pro Minute. Während Windgeneratoren auf dem Meer allenfalls 50 Prozent der Strommenge produzieren, die bei ständig optimalem Wind möglich wäre, schaffen die Unterwasserturbinen beinahe 80 Prozent.

Seit ihrer Inbetriebnahme im Jahr 2008 erzeugten die Turbinen in Strangford Lough insgesamt rund sechs Millionen Kilowattstunden Strom. Das ist etwa der Jahresbedarf von 1500 Haushalten. Mehr war nicht drin, weil es sich um einen Prototyp handelt, der häufig gewartet, repariert und verbessert werden musste.

Siemens, bereits einer der weltgrößten Hersteller von Windgeneratoren, hat das Potenzial der Meeresenergie erkannt und seit Beginn letzten Jahres den britischen Meeresströmungsturbinen-Entwickler Marine Current Turbines vollständig übernommen.

Etwa 3,5 Prozent des Weltstromverbrauchs könnten ohne Belastung des Klimas durch Kohlendioxidemissionen mit Strom aus dem Meer gedeckt werden, haben interne Berechnungen von Voith ergeben. Experten des Weltenergierats in London sprechen gar von zehn Prozent. Wie teuer Strom aus dem Meer ist, lässt sich noch nicht sagen. Er dürfte bei einer Massenproduktion der Anlagen jedoch nicht teurer sein als Offshore-Windstrom.

Das Video zeigt eine graphische Animation ersten SeaGen-Anlage:



Änderung: Siemens hat nicht, wie in einer früheren Version des Artikels beschrieben, Voith aus dem gemeinsamen Unternehmen Voith Siemens Hydro Power Generation gedrängt.

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