Von Alexander Holst. Er leitet den Bereich Sustainability Services beim Beratungsunternehmen Accenture in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Alle drei Jahre schließen sich Accenture und der United Nations Global Compact (UN GC) zusammen, um eine umfassende weltweite Studie durchzuführen. Das Thema: Nachhaltigkeit. Im Fokus: Unternehmen. Hier ein Vorabbericht über erste Ergebnisse der Ausgabe 2013.
Was denkt das Top-Management der Weltwirtschaft über das Thema Nachhaltigkeit? Dieser Frage gingen Accenture und der United Nations Global Compact erstmals in einer umfassenden Befragung von Führungskräften im Jahr 2010 nach. Die damaligen Ergebnisse zeigten einen eindeutigen Trend, den die Vorstände auf folgende Formel brachten: „Wir würden gerne mehr in Sachen Nachhaltigkeit unternehmen, aber unsere Investoren interessieren sich nicht dafür.“
Ein wichtiges Ziel der aktuellen Studie war deshalb herauszufinden, ob sich die Einstellung der Investoren in den vergangenen drei Jahren verändert hat und welchen Einfluss sie nehmen, wenn Unternehmen versuchen, wirtschaftlichen Ertrag mit ökologischer und sozialer Verantwortung auf einen Nenner zu bringen.
Mehr als 1000 Vorstände befragtWelche Rolle Investoren in Sachen Nachhaltigkeit zugeschrieben wird, zeigte sich bereits bei der Zusammenstellung des Fragenkatalogs. Hierfür wurden Nachhaltigkeitsexperten, Wissenschaftler und führende Köpfe der Zivilgesellschaft gebeten, die aus ihrer Sicht entscheidenden Fragen rund um das Thema Nachhaltigkeit zu stellen. Tatsächlich konzentrierten sich viele Vorschläge auf die Rolle der Investoren:
· Denken Sie, Ihr Aktienpreis enthält gegenwärtig einen Wert, der direkt mit Nachhaltigkeit verbunden ist?
· Wie oft haben Sie Analysten erklärt, wie Ihr Nachhaltigkeitsprogramm Wert schafft und wie haben Sie ihnen das vermittelt?
· Inwieweit beeinflussen Finanzmärkte eine Entscheidung zwischen Nachhaltigkeit und Profit?
· Wie muss das Finanzsystem verändert werden, um Unternehmen und Individuen zu einer Aufwertung der Nachhaltigkeit zu bewegen?
· Was benötigen Sie von Ihren Investoren, um Ihr Geschäft in Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln?
Um diesen Fragen auf den Grund zugehen, haben Accenture und der UN Global Compact für die neue Studie ausführliche Interviews mit 76 CEOs geführt und weltweit über 1.000 weitere Vorstandschefs befragt. Zusätzlich wurde die Haltung von Investoren und Verbrauchern zum Thema Nachhaltigkeit im Detail untersucht.
Die ausführlichen Interviews sowie die quantitativen Umfragedaten aus über 27 Industrien und mehr als 100 Ländern bringen nun die Dynamik zwischen Unternehmen und Investoren im Bereich Nachhaltigkeit ans Licht: Die Investoren beginnen in der Tat, dem Thema Nachhaltigkeit mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Wert von Nachhaltigkeit ist schwer zu beziffernEine Führungskraft aus der Wirtschaft erklärte aber: „Es ist für uns nach wie vor eine Herausforderung, Mainstream-Investoren zu vermitteln, warum und wie Nachhaltigkeit zur Wertsteigerung beitragen kann. Allerdings beginnen sie zu verstehen, welche Risiken ein nicht-nachhaltiges Geschäftsmodell birgt.“
Die Studie macht deutlich, dass sich der Wandel nur langsam vollzieht. Das liegt auch daran, dass es den CEOs selbst nach wie vor schwer zu fallen scheint, den Wert von Nachhaltigkeit für ihr Geschäft zu quantifizieren. So zeigt sich deutlich, vor welchen Herausforderungen die Wirtschaft in Sachen Nachhaltigkeit steht: wie Unternehmen ihre Aktivitäten besser kommunizieren können; wie Investoren an diese Thema anders herangehen können; wie Nachhaltigkeit in Zahlen gemessen und bewertet werden kann; und wie kollektive Marktanreize mit nachhaltigem Wirtschaften in Einklang gebracht werden können.
Die kompletten Studienergebnisse werden ab morgen auf dem Leaders' Summit des UN Global Compact in New York vorgestellt. Zu Beginn des nächsten Jahres wird sich Accenture zudem erneut mit dem UNGC sowie der UN-Initiative Principles for Responsible Investment zusammenschließen, um eine detaillierte Investorenbefragung unter deren Mitgliedern durchzuführen, die ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt über acht Billionen Dollar verwalten.
Dann werden wir Antworten auf die entscheidende Frage bekommen: Kann Nachhaltigkeit als zentrales Unternehmensziel der Ertragssteigerung dienen oder ist es schlicht schnödes Beiwerk?